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Die neue Klasse: Fahrbericht BMW 330i

Baureihen wachsen immer weiter. Der 3er überragt die einst neue Klasse von BMW mittlerweile mehr als deutlich und erreicht sogar die Dimensionen des 5ers E34. Braucht man überhaupt mehr Auto und kann ein 4-Zylinder im 30i dem verwurzelten 6-Zylinder-Image gerecht werden?

Was der Neunelfer für Porsche, ist der Dreier für BMW. Man möge nun Äpfel mit Birnen anführen, aber beide Modelle gelten bei ihren Fans als Gratmesser dafür, ob die geliebte Marke noch Autos bauen kann. Bei Porsche wissen wir mittlerweile, dass der neue Elfer vieles anders macht, im Kern aber die alten Tugenden beherrscht. Und der 3er? Er verfügt im Falle des von uns gefahren 330i schon einmal über einen Heckantrieb. Die Basis der großen Fahrfreude ist also gegeben, was wir vom Motorabteil nicht immer behaupten können. So ist in zweiter Generation beim 330i kein Sechszylinder mehr an Bord, sondern ausschließlich ein Vierzylinder-Turbo. Der emotionale Funke, er springt hierbei nicht zur Gänze über. Die Klangfarbe bleibt meist blass und die Erinnerung an das freie Radikal namens Reihensechszylinder-Sauger ist noch zu sehr präsent.

BMW-330i-Engine

Angenehmer Autobahngleiter

Selbst wer im Sport Modus zu hören vermag, wie sich irgendeine Klappe gen Auspuff öffnet – mehr als ein dumpfer Ton mit einem eingespielt wirkenden Brabbeln ist aus dem Antrieb nicht zu vernehmen. Vielleicht ist das aber auch gut so. Denn als schneller Autobahngleiter hält sich der 330i im Normalfall (auch dank der serienmäßigen Akustikfrontscheibe) vornehm zurück, bringt seine 258 PS dennoch sehr ordentlich zur Geltung und zieht sauber in Richtung der Maximalgeschwindigkeit von 250 km/h. Mehr braucht es für den Alltag eigentlich nicht und so auch in Sachen Platzangebot im Innenraum. Das Mehr an Länge, der vergrößerte Radstand zum Vorgänger – man merkt ihn vor allem wenn man hinten sitzen darf. Vor ein paar Jahren wäre hier noch ein muss gestanden und so entwickelt sich der kleine 3er zum ernsten 5er Schreck.

BMW-330i-Interior

Mehr Platz im Fond

Er kann beinahe alles, was sein Bruder in der oberen Mittelklasse kann, federt mit Adaptivfahrwerk manchmal sanft, öfters straff. Liegt in Kurven wie eine Eins und überzeugt in der ersten Reihe mit vielen gut nutzbaren Ablagefächern, toller Bewegungsfreiheit und enganliegenden Sportsesseln. Damit nun nicht zu viele Manager dem 5er abspenstig werden gibt es allerdings weder eine Massagefunktion, noch Sitzkühlung und das urbequeme Komfortgestühl schon gleich gar nicht. Dafür darf aber das Handy auch im 3er induktiv geladen werden, das optionale Navigationssystem ist gleichermaßen fesch und BMW liefert selbstredend auch die neueste Generation seines digitalen Instrumentenkombis – nun im immerwährenden Verbund BMW Live Cockpit genannt.

BMW-330i-Front

3er G20: Lenkung überkorrekt

Gut, auf den gänzlich analogbefreiten Tacho hätten wir verzichten können, fehlt uns doch irgendwie das Runde im beinahe Eckigen, wenngleich so manche Anzeige sehr innovativ und gut gelöst daherkommt. Nun bietet die Integration der Navigationskarte im Live Cockpit hinter dem Lenkrad an sich wenig Details, liefert aber die wichtigsten Informationen über die nächste Baustelle oder die aktuelle Kreuzung. Was im 5er aber wirklich besser ist, und damit kommen wir zurück zum Fahrkapitel: die Lenkung. Oft wurde jene im Dreier ob ihrer Präzision gelobt; uns war sie gerade am Anfang zu überkorrekt, zu aufgesetzt und etwas losgelöst vom sonst so nahbaren 3er Fahrgerät. Aber ja, sie wird ein Stück weit besser, je länger man sie bedienen darf.

BMW-330i-Gear

Tolle Bedienbarkeit

Dagegen in Fleisch und Blut übergangen ist bereits nach kurzer Zeit die generelle Bedienung und speziell jene der weitreichenden Assistenz an Bord. Die Systeme lieferten zudem kein einziges Mal eine Fehlwarnung, der Stauassistent arbeitete passabel und auch bei höheren Geschwindigkeiten wird einem nicht flau, wenn man für ein paar Sekunden an den Computer abgibt. Ok, mit gelben Fahrbahnmarkierungen hat es der Dreier eher weniger und die zahlreichen Kameraansichten nerven beim Einparken – wohl abermals eine Frage der Gewöhnung. Weiter als manch Mitbewerber sind die Münchner mit ihrer Fahrerunterstützung aber auf jeden Fall.

BMW-330i-Rear

Es fehlt an Detailliebe

Ob man allerdings bereit ist für die ganzen Features gutes Geld während des Bestellprozesses zu investieren, das steht auf einem anderen Blatt. Viele werden sich wohl auch überlegen, ob sie denn elektrische Sitze, eine Instrumententafel in Leder bezogen oder ziemlich viel, mit M Logos bestücktes Zeugsel wirklich brauchen. Wir hätten uns ab Werk dagegen über mehr Detailliebe gefreut, über einen wertigeren Gangwahlhebel oder über andere Türpappen, die etwa so kühl wirken wie in einem Tesla Model 3.

BMW-330i-AdBlue

Viele Optionen für viel Geld

Zudem stellt man sich die Frage, ob es BMW so viel Geld gekostet hätte, beim 330i einen anderen Tankverschluss zu verwenden als beim 330d (Tankklappe übrigens aus Plastik). Denn so ein blinder AdBlue-Einfüllstutzen sieht irgendwie komisch aus – vor allem bei einem Auto, das schnell über 70.000 Euro kosten kann. Auf der anderen Seite besticht der 3er BMW G20 mit Türen, die so passend einfallen, wie wir das lange nicht mehr gesehen haben. Gegen Aufpreis kann man die vorderen Seitenscheiben zusätzlich mit Akustikglas für noch mehr Ruhe im Innenraum versehen lassen. Das Außendesign ist – wählt man das richtige Ausstattungspaket – ebenfalls sehr ansehnlich und am Ende gibt es auch Lob in Richtung der verbesserten und intuitiven Gestensteuerung.

BMW-330i-Tacho

Fazit

BMW liefert insbesondere beim Infotainmentsystem eine astreine Vorstellung ab. Das BMW iDrive System überzeugt in Bedienung und Ansicht (Mitteldisplay), wenngleich die Anzeige hinterm Lenkrad in der Darstellung etwas individueller und aufgeräumter sein könnte. Hey BMW ist das Gegenstück zu Alexa und Siri, gefällt mit einer guten Erkennungsrate und einer schnellen Anfragenbearbeitung. Damit qualifiziert sich der 3er zunächst als Businesslimousine, doch auch als Fahrmaschine? Der 330i gefiel uns vor allem durch seinen ordentlichen Testverbrauch von errechneten 7,6 Liter Superbenzin, den hohen Fahrkomfort, aber weniger durch sein kühles Temperament. Freude am Fahren definieren wir bei BMW weiterhin auch durch den Motor. Der Vierzylinder-Turbo wird diesem emotionalen Erbe leider nicht immer gerecht. Doch am Ende gilt: Der neue Dreier ist eine runde Sache, macht viele Dinge richtig und kann auch für jene interessant sein, die zunächst mit einem 5er geliebäugelt haben. Wer mehr Emotion will greift besser zum Top-Modell M340i xDrive. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten*

  • Modell: BMW 330i
  • Motor 1: Sechszylinder-Turbobenziner, 2.998 ccm
  • Leistung: 286 PS (210 kW) zwischen 5.000 und 6.000 U/min
  • Motor 2: Synchron-Elektromotor
  • Leistung: 113 PS (83 kW) bei 3.170 U/min
  • Systemleistung: 394 PS (290 kW)
  • Drehmoment: 600 Nm zwischen 1.500 und 2.700 U/min
  • Antrieb: Heckantrieb, 8-Gang-Steptronic
  • Verbrauch: 5,8 - 6,1 l S /100 km
  • Beschleunigung (0 – 100 km/h): 5,8 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 4,71 m/1,83 m/1,44 m
  • Gewicht ca: 1.650 Kg
  • Tankvolumen: 59 l
  • Grundpreis Österreich: 46.826,40 Euro

*Herstellerangaben

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