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Test: BMW 320d Touring – Bessermacher

Bei VW ist der Fall klar: Bis zu 80 Prozent aller Passat-Käufer entscheiden sich in Deutschland für den Kombi, die Limousine fristet ein Nischendasein. Ähnlich hohe Werte erzielt auch der A4 Avant von Audi.

Beim 3er BMW dagegen entscheidet sich bislang „nur“ gut die Hälfte der Kunden für den Touring. Mit der aktuellen Generation könnte sich das ändern, sie setzt neue Maßstäbe in ihrem Segment. Leider auch preislich. Dass Stauraum nicht das oberste Ziel bei der Entwicklung des neuen 3er Tourings war, zeigt schon ein Blick von außen aufs Heck. Der schicke Designer-Hintern mit schräger Scheibe ließe sich nicht mit der Maxime der Raumoptimierung vereinbaren. Das überlässt BMW lieber dem Wolfsburger Mitbewerber: Der Passat ist zwar schlicht gezeichnet und sicher kein Hingucker, schluckt dafür aber über 600 Liter Gepäck.  

Dagegen wirkt der Laderaum des 3ers mit seinen 495 Litern auf dem Papier recht überschaubar; zwar schluckt er etwas mehr als Audi A4 und Mercedes-Benz C-Klasse, doch sogar der Golf Variant, eine Klasse tiefer angesiedelt, übertrifft den Bayern um zehn Liter. In der Praxis aber ist das kein Grund, der gegen den 3er spricht - außer für diejenigen, denen es auf den letzten Kubikzentimeter ankommt.

Öffnen per Fußtritt

Denn das BMW-Gepäckabteil bietet im Alltag zum einen sicherlich ausreichend Platz und zum anderen ein paar Annehmlichkeiten serienmäßig. So öffnet die große Heckklappe immer elektrisch und auch die Scheibe lässt sich separat nach oben klappen - praktisch, wenn man nur Kleinigkeiten ein- oder ausladen will. Bestellt man das schlüssellose Zugangssystem, lässt sich die Heckklappe übrigens auch per Fußtritt öffnen. Außerdem gibt es eine Gepäckabdeckung, die beim Öffnen der Klappe automatisch nach oben fährt. Leider aber nicht zurück, so dass viele Fahrer wieder aussteigen müssen, wenn sie beim Blick in den Rückspiegel merken, dass sie vergessen haben, das Rollo wieder runter zu ziehen. Der große Bruder 5er macht sogar das von alleine.

Ebenfalls serienmäßig ist dafür ein Trennnetz, das nicht nur Hunde im Kofferraum davor bewahrt, zum gefährlichen Geschoss zu werden.

Auch Teil der Basisausstattung ist dreifach geteilte Rückbank. So lassen sich in der Mitte, wo ohnehin niemand Platz nehmen will, längere Gegenstände einladen und links und rechts kann trotzdem noch jemand sitzen. Das Umklappen geschieht übrigens mit nur einem Handgriff und führt zu einer ebenen Ladefläche und das Sitzen im Fond ist auf den bequemen Außenplätzen auch größeren Mitfahrern zuzutrauen. Die Kopffreiheit ist gut und wie viel Platz für die Beine bleibt, hängt schließlich vom Vordermann ab.

Wohnlich und schön

Vorne sitzt man auf straffen Leder-Sportsitzen (2.370 Euro) wie in der Limousine: bequem, aber nicht zu geräumig. Die breite Mittelkonsole ist schließlich raumgreifend. Doch auch große Fahrer finden problemlos Platz und eine passende Sitzposition. Das weit in der Länge verstellbare Lenkrad trägt seinen Teil dazu bei. Auch das Cockpit selbst stammt aus der Limousine und wartet mit den BMW-typischen Bauteilen auf: Blackpanel-Display im unteren Teil des Kombiinstruments, acht frei belegbare Speichertasten für Radio und Adressen, ein großer Bildschirm auf dem per iDrive-Knubbel navigiert wird und ein Head-up-Display (980 Euro), das seinesgleichen sucht.

Das alles ist eingepackt in eine wohnliche Landschaft aus Holz und Metall, Leder und Kunststoff; vielleicht sind nicht alle Materialien von allererster Güte und die Verarbeitung stellenweise nicht auf dem Perfektions-Niveau von Audi, in Summe ist der 3er aber behaglich, angenehm anzufassen und schön anzusehen. Und vor allem: Alles ist griffgünstig positioniert, intuitiv zu bedienen und durchdacht. Zum Beispiel die Schale, die, auf die Cupholder gesetzt, selbige zur Ablage macht. Will man lieber seine Becher abstellen, verschwindet das Schälchen an einem eigens dafür vorgesehenen Platz im Handschuhfach.

Perfekte Kombination

Überzeugendstes Argument des Dreiers ist allerdings nach wie vor sein Antrieb. Unser Testwagen rollte als 320d (ab 37.100 Euro) mit Achtgang-Automatik auf den Hof, einer häufig georderten Kombination, die hervorragend zusammenspielt. Der Vierzylinder-Diesel, der bis zu 184 PS aus seinen zwei Litern Hubraum holt, klingt zwar recht kernig, wird aber nie aufdringlich und auch das selbstschaltende Getriebe (2.350 Euro) verrichtet seine Arbeit äußerst sanft und unauffällig; die bei der Sportautomatik serienmäßigen Schaltpaddel werden die meisten wohl nur beim Putzen berühren, zumal sich über einen Sportmodus die ohnehin schon kurzweiligen automatischen Gangwechsel zusätzlich beschleunigen lassen.

Neben dem Schalthebel befindet sich der inzwischen schon obligatorische Fahrerlebnischalter, mit dem der Fahrer je nach Ausstattung ebenfalls Einfluss auf das Getriebe, die Lenkung, die Gasannahme, die adaptiven Dämpfer (1.100 Euro) und Verbraucher wie Klimaanlage und Sitzheizung nehmen kann. Letztgenannte werden im Eco-Pro-Modus gedrosselt, außerdem reagiert der BMW dann etwas träger auf Gasbefehle. Das spart Sprit, dämpft aber auch die Fahrfreude ein wenig.  

Hoher Komfort, geringer Verbrauch

Am direktesten spricht der 3er im Sport-Betrieb an, dann macht der 1.490 Kilogramm schwere Kombi richtig Spaß und lässt seiner Kurvenlust - und der des Fahrers - freien Lauf. Die gestrafften Dämpfer erlauben eine noch präzisere Linie, die variable Sportlenkung (450 Euro) gibt höchstpräzise Rückmeldung und der Heckantrieb trägt sein Übriges zum Fahrspaß bei. Unkomfortabel wirkt der Dreier trotz 18-Zoll-Rädern (Serie sind 16-Zöller) nicht, doch wer es noch etwas sanfter will, wählt Comfort und gleitet über fast alle Unebenheiten geschmeidig hinweg. Was die Passagiere dann vom Asphalt mitbekommen, sind lediglich ein paar Querrillen.  

Trotz der üppigen Leistung und seines starken Durchzugs (380 Newtonmeter) nimmt sich der 320d auf dem Prüfstand nur 4,7 Liter. Ein Wert, der in der Praxis zwar selten genau zu treffen ist, doch eine fünf vor dem Komma dürfte für keinen Fahrer ein Problem darstellen - und das ohne Verzicht. Und selbst wer der Freude am Fahren ungezügelt nachgibt und ausprobiert, ob der 3er wirklich in 7,6 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt und 226 km/h läuft, wird selten mehr als sieben Liter verbrauchen.  

Teurer Spaß

Wer angesichts des moderaten Konsums meint, bei der Anschaffung noch ein wenig mehr Geld investieren zu wollen, wird in der Preisliste auf jeden Fall fündig. Dort finden sich zahlreiche der inzwischen obligatorischen Assistenzsysteme wie Abstandstempomat (1.100 Euro), Parkassistent (420 Euro), Verkehrszeichenerkennung (320 Euro) oder der Spurverlassenswarner (520 Euro). Nicht verpassen anzukreuzen sollte man das Surround-View-System, eine Kameraarmada, die den BMW auf dem großen Bildschirm aus der Vogelperspektive zeigt und so das Rangieren deutlich erleichtert. Mit dabei sind dann auch zwei Kameras an der Front, die nach links und rechts lugen, was bei engen Ausfahrten eine große Hilfe sein kann.

Und das sind freilich längst nicht alle Schmankerl, die die Preisliste bereithält. Glaspanoramadach gefällig? Macht 1.500 Euro. Das große Navigationssystem mit Internetanschluss steht mit 3.100 Euro auf der Rechnung, das Harman Kardon Soundsystem kostet 1.200 Euro und die elektrische Sitzverstellung vorne 1.100 Euro. Dazu die Standards wie Sitzheizung (790 Euro inklusive Lenkradwärmer), Regensensor (130 Euro) und Xenonlicht (980 Euro) und für die Umwelt das BluePerformance-Paket (1.190 Euro) – dank NOx-Katalysator erfüllt der Diesel damit bereits heute die Euro-6-Norm – und schon kostet der 320d Touring keine 37.400 Euro mehr, sondern kratzt verdächtig nahe an der 60.000-Euro-Marke. Der neue BMW 3er Touring setzt zweifelsohne neue Maßstäbe in seinem Segment. Dass ihm VW Passat und auch der Golf in Sachen Laderaum davoneilen, trübt diesen Eindruck nicht. Immerhin schlägt er seine direkten Konkurrenten, die Mercedes-Benz C-Klasse und den Audi A4, und glänzt mit praktischen Extras wie der per Fußschwenk aufgehenden Heckklappe oder der separat öffnenden Scheibe. Dass er sich optisch an seinem großen Bruder 5er orientiert, ist ebenfalls kein Nachteil.

Allerdings ist er auch einer der teuersten Vertreter seiner Gattung. Wer bereit ist, reichlich Geld in die Hand zu nehmen und an BMW weiter zu geben, kann sich den 3er sehr schick einrichten und mit allerlei Annehmlichkeiten ausstatten. Allerdings landet dann selbst der mittlere Diesel 320d schnell bei 60.000 Euro; die Top-Motorisierungen fangen gar erst bei 50.000 Euro an. Wirklich brauchen tut man die stärksten Motoren aber nicht. Der 320d bietet mit kraftvollem Durchzug, guter Ausdauer und günstigem Verbrauch einen optimalen Kompromiss aus Fahrdynamik und Wirtschaftlichkeit und ist sicher keine Notlösung.

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