Vor ziemlich genau einem Jahr sind wir das letzte Mal auf den 1er BMW getroffen. Damals noch mit Hinterradantrieb und im Falle des M140i sogar mit Reihensechszylinder (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,1-7,8 l/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 163-179 g/km²). Und so ist es auch kein Zufall, dass wir diesen Text mit Zitaten von damals unterfüttern, wollen wir doch sehen, ob unsere einstigen Befürchtungen nun wahrgeworden sind. Allen voran treibt uns die Frage um, wie gut das neue Frontantriebskonzept funktioniert. Schließlich hat BMW erhobenen Hauptes angekündigt den Vorderradantrieb, wie wir ihn kennen, zu revolutionieren.
Wie gut ist der neue Frontantrieb?
Und in der Tat, die Münchner haben kaum zu viel versprochen. Die Untersteuerungsneigung fällt erstaunlich gering aus, in der Lenkung sind nur wenige Antriebsmomente zu spüren und zumindest der 118d bekommt seine 150 Diesel-PS gut auf den Asphalt (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 4,1-4,4 l/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 108-117 g/km²). Wir können gar vermelden, dass das Heck in der allzu forsch angegangenen Hauskurve derart leicht wird, dass ein deutliches Eindrehen mit eben diesem möglich ist. Heckantrieb-Feeling? Jein. Zum einen kann auch die „aktornahe Radschlupfbegrenzung“ (zu verstehen als zehnmal schneller arbeitende Traktionskontrolle mit kürzeren Signalwegen innerhalb des Motorsteuergerätes) beim starken Beschleunigen nicht vollends den Effekt des gezogenen, statt geschobenen Antriebs ausgleichen.
Digitales Fahrerlebnis
Zum anderen wäre da die elektrische Lenkung, die insgesamt nicht schlecht, für dauerhaft ernstgemeinte Kurvenfahrten aber zu leichtgängig abgestimmt ist. In hart angebremsten Kehren entsteht so schnell ein sehr entkoppeltes, ein sehr digitales Fahrerlebnis. Doch wird jene Feinkritik bei den allermeisten Käufern ohnehin nicht von Relevanz sein, dient doch gerade der 118d eher als braves Stadtauto mit dem Potential ab und zu längere Strecken abzuspulen. Und hier schlägt sie dann eben doch, die Stunde der UKL2-Plattform. Ruhig und satt liegt der neue Einser auf der Straße und selbst bei hohen Autobahngeschwindigkeiten vernehmen wir kein unruhiges Zappeln mehr. Erwähnenswert ist hier auch das optionale Adaptivfahrwerk, welches per Tastendruck eine große Spreizung zwischen Dynamik und Komfort erlaubt.
Der junge Wilde wurde gezähmt
Der junge Wilde von einst scheint fahrdynamisch gezähmt, ist nun vor allem auf schwierigen Untergründen leichter zu beherrschen und soll auch im Innenraum neue Wege einschlagen. Wo man als langbeiniger Fahrer im Vorgänger noch um die richtige Sitzposition kämpfte, empfängt einen heute mehr Platz denn je in einem 1er BMW. Doch weiterhin gilt: Golf und A3 wirken von innen spürbar größer, die hintere Sitzreihe dient nur für Kinder oder (sehr) kurze Fahrten mit Erwachsenen. Etwas geräumiger fällt dagegen das gut zu beladene Gepäckabteil aus. Es fasst im Vergleich zum alten Einser um 20 Liter mehr auf nunmehr 380 Liter. Maximal lässt sich das Kofferraumvolumen auf bis zu 1.200 Liter erweitern, wobei die Ladefläche nahezu eben ausgebaut werden kann.
1er BMW im Inneren spürbar wertiger
Materialauswahl und Verarbeitung waren im kompakten Münchner bisher immer Kritikpunkte, derer man sich bei BMW nachdrücklich angenommen hat. So wirkt der Materialmix wertiger, die Haptik stimmt und mit der neuen Modellgeneration haben auch endlich allerhand moderne Assistenz- und Komfortfeatures Einzug in den Einser gehalten. Neben einem echten Head-Up Display gibt es die neueste Generation BMW iDrive und optional auch das weiterhin umstrittene BMW Live Cockpit zu bestaunen. Wer bereit ist ordentlich Geld in den Einser zu investieren, der hat ferner Zugriff auf eine gut funktionierende Gestensteuerung. Im Allgemeinen gilt: Auch der neue 1er ist ein sehr gutes Beispiel für eine gelungene und leicht zu bedienende Infotainment-Integration.
Automatik top, Verbrauch naja
Ebenso gelungen ist die Abstimmung der 8-Gang-Automatik. Sie stammt mit dem Generationswechsel nicht mehr von ZF, sondern von Aisin. Treffsicher und blitzschnell sortiert die Elektronik die Fahrstufen, die im manuell gefahrenen Sport-Modus sogar dauerhaft bis in den Begrenzer gehalten werden. Im Alltag hingegen ist vom Automaten nichts zu spüren – was zugleich als größtes Lob zu verstehen ist. Also alles eitel Sonnenschein im 118d? Nicht ganz. Denn gerade das Herzstück, der zwei Liter große B47-Dieselmotor, patzt in einer entscheidenden Disziplin: dem Verbrauch. Sechs bis sieben Liter Diesel auf 100 Kilometer sind keine Spitzenwerte und das trotz vermehrter Segeleinlagen des Automatikgetriebes. Auf der anderen Seite wird der Fahrer immerhin mit einem sehr spontanen Ansprechverhalten und einem guten Durchzugsvermögen entschädigt.
Fazit
Im Gegensatz zum alten 1er will der Neue auf jeden Fall „Everybody’s Darling“ sein. Insbesondere als 118d gelingt ihm das auch ziemlich gut. Der Frontantrieb ist im Alltag kaum spürbar und so lässt sich der kompakte Bayer auch weiterhin sehr neutral durch enge Biegungen treiben. Mehr Platz in der ersten Sitzreihe sorgt für Langstreckenkomfort, das Infotainment ist top und auch die eingesetzten Materialien wirken endlich dem teuren Preisgebaren angemessen. Doch mit dem bauartbedingten Wechsel zum stereotypischen Kompaktwagen ist der 1er eben auch zu einer gewissen Beliebigkeit verdammt. Der Alltagsverbrauch des 118d fällt mit sechs bis sieben Liter Diesel auf 100 Kilometer derweil vergleichsweise hoch aus. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten*
- Modell: BMW 118d Modell Sport Line
- Motor: Vierzylinder-Diesel, 1.995 ccm
- Leistung: 150 PS (110 kW) bei 4.000 U/min
- Drehmoment: 350 Nm bei 1.750 U/min
- Antrieb: Frontantrieb, 8-Gang-Automatik
- Verbrauch kombiniert: 4,1-4,4 l/100 km²
- CO2-Emissionen kombiniert: 108-117 g/km²
- Beschleunigung (0 – 100 km/h): 8,4 s
- Höchstgeschwindigkeit: 216 km/h
- Abmessungen (L/B/H): 4,32 m/1,80 m/1,44 m
- Gewicht ca: 1.400 kg
- Tankvolumen: ca. 42 l
- Grundpreis 118d AT: ab 32.900 Euro
*Herstellerangaben