Der Audi TT: Kultobjekt, Designikone und aufgrund seiner kleinen Fenster auch oft als "Spähwagen" geschmäht. Kaum ein Audi hat bei seinem Debüt so polarisiert wie der kugelrunde 2+2 Sitzer 1998. Ein Jahr nach dem Coupé folgte der Roadster, der als seriennahe Konzeptstudie noch TTS hieß. Einen solchen „Tourist Trophy Sport“ sollte es offiziell aber erst bei der Nachfolger-Generation 8J ab 2006 geben. Der Audi TT 8N derweil basiert noch auf bewährter Golf IV-Technik, teilt sich Elemente aus Bodengruppe, Antriebsstrang und Fahrwerk mit dem Wolfsburger-Kompaktwagen, setzt aber sonst betont eigene (Technik-)Akzente.
Runde Formen prägen die optische Erscheinung, auch im Innenraum. Kombiinstrument, Bedienelemente und nicht zuletzt zahlreicher Zierrat sind kreisförmig ausgeführt und so kann man dem Team um den ehemaligen Audi-Chefdesigner Peter Schreyer eine gewisse Konsequenz unterstellen, die sich selbst bei den massiven Überrollbügeln und dem Tankdeckel wiederkennen lässt. Das Interieur-Design übernahm unter Schreyers Führung übrigens Romulus Rost, wohingegen die Karosserie vom Amerikaner Freeman Thomas entworfen wurde.
Garniert wird die optische Erscheinung im Inneren des TT derweil von haptischer Wertigkeit, besonders durch den üppigen Einsatz von Aluminium. Dicke Lederpolster gehörten ebenfalls zum guten Ton - später dann als Option auch in der heute gesuchten Mokkasin- bzw. Baseballnahtoptik. So gesehen geht der erste Audi TT qualitativ als wahres Kind der 1990er-Jahre durch und musste sich Ende des letzten Jahrhunderts vor allem mit dem BMW Z3, dem Mercedes SLK, aber auch mit Exoten wie dem Chrysler Crossfire (eigentlich auch ein SLK) messen.
Der Audi TT 8N als Gebrauchtwagen
Das Gute vorweg: Der Audi TT 8N, gebaut von 1998 bis 2006, gilt bei ordentlicher Pflege als unkomplizierter Dauerläufer. Bei den jährlichen TÜV-Reports belegte die erste Generation stets sehr gute Platzierungen. Ausgefallene Kombiinstrumente, Pixelfehler und defekte Fensterheber zählen zu den häufigeren Übeln, Defekte an der Haldex-Kupplung bei Modellen mit Quattro-Antrieb oder dem Lenkgetriebe gehören zu den selteneren und kostspieligeren Problemen.
Gut 17 Jahre nach dem Baureihenende wird allerdings auch Rost immer mehr zum Thema. Lochfraß kann sich an Kotflügeln, Schwellern und insbesondere bei Modellen mit nachgerüstetem Spoiler an der Heckklappe zeigen. Doch auch die eigens für den TT entwickelten Leitungen für die Servolenkung sind übermäßig oft von der braunen Pest befallen. Bei Fahrzeugen die vor Januar 2000 gebaut wurden, sollte man besonders genau hinschauen. Unbedingt darauf achten, dass die Fahrzeuge die ESP-Nachrüstung erhalten haben.
Motorseitig entpuppt sich der über die Baujahre hinweg in sechs Leistungsstufen erhältliche 1.8 T als treuer Geselle, der später eingeführte 3.2 VR6 krankt vor allem im Bereich der Steuerkette und gilt als übermäßig kopflastig. Fahrbereite Audi TT ohne Allradantrieb starten bei rund 3.000 Euro, ein 224 PS Roadster mit Quattro kann in Richtung 12.000 Euro kosten. Besonders selten und mit knapp unter 30.000 Euro sehr teuer sind die Quattro Sport-Modelle, von denen nur sehr wenige als Linkslenker nach Deutschland kamen. Bei der Ausstattung besonders gesucht sind Modelle mit der seltenen Mokkasin-Lederausstattung samt "Baseballnaht".
In der aktuell dritten Generation (FV) zeigt der Audi TT dagegen betont mehr Kante. Konzeptionelle Highlights reduzieren sich maximal auf die runden Multifunktions-Lüftungsdüsen und das fehlende Mitteldisplay, das den Beifahrer wahrlich zum stillen Mäuschen degradiert. Radio, Navigation und selbst die zahlreichen Fahrzeugeinstellungen lassen sich einzig via dem sogenannten Virtual Cockpit hinter dem Lenkrad darstellen, was manches Mal nicht ganz so leicht von der Hand geht, wie man sich das bei Audi wohl einst gedacht hatte.
Sehr simpel gibt sich derweil die Infotainment-Landschaft der ersten Generation. Concert-Radio mit Kassettendeck und CD-Wechsler, dazu eine Bose-Soundanlage und wer noch Geld übrig hatte, leistete sich Anfang der 2000er ein Autotelefon. Ebenfalls verfügbar sowie umständlich zu bedienen war das BNS 4.1-Navigationssystem mit Darstellung einzig im Fahrerinformationssystem. Doch soll es in diesem Text nicht um solche Nebensächlichkeiten gehen, der TT wurde schließlich primär zum Fahren gebaut. Hier hatten die Audianer Ende der 1990er (optional) alles aufgefahren, was gut, teuer und sportlich war.
Und auch heute noch sorgt der damals leistungsstärkste Konzern-Vierzylinder mit 224 Turbo-PS in Verbindung mit einem knackig gestuften Sechsgang-Schaltgetriebe für große Fahrfreuden. Per Haldex-Allrad wird die Leistung primär an die Vorder- und erst bei Schlupf auch an die Hinterräder geleitet, besonders das Einlenkverhalten kann sich aber auch im Vergleich zu heutigen Fahrzeugen noch sehen lassen.
Das Sportfahrwerk ging damals als Extra durch, die Abstimmung ist aber nicht so gnadenlos geraten wie bei vielen neueren Sportmodellen. Dass ein Turbolader alter Schule an den 1,8-Liter-Motor angeflanscht ist merkt man ebenfalls ziemlich schnell. Unter 2.000 Touren passiert wenig, dann baut sich blitzartig das Drehmoment von immerhin 280 Newtonmeter auf und drückt den TT quattro in unter sieben Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 243 km/h erreicht.
Auch heute noch wird der TT 8N so zum Schreck für viele Porsche Boxster-Fahrer. Gänzlich ohne Tiefschläge ging der Aufstieg zum teilweisen Sportwagenwagenhersteller für Audi aber nicht vonstatten. Anfang der 2000er überschatteten einige, zum Teil tödliche Unfälle, die Glanzmomente des ersten TT. Aufgrund des rundlichen Heckdesigns kam es bei sehr schnell genommenen Kurvenpassagen an der Hinterachse zu ungünstigen Auftriebsverhältnissen, die zum plötzlichen Ausbrechen der Heckpartie führen konnten. Die Lösung für das Problem waren drei entscheidende Nachbesserungen, die man in Ingolstadt aber erst nach großem medialem sowie gesellschaftlichem Druck bereit war auszuführen.
Gegen 650 D-Mark Selbstbeteiligung konnte nachträglich das später in Serie verbaute elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) nachgerüstet werden, ohne Zusatzkosten wurde in Vertragswerkstätten Details am Fahrwerk verändert sowie eine passende Abrisskante montiert. Sie sorgt bei vielen heutigen TT-8N-Besitzern gleichzeitig für großen Verdruss, machte man sich vor gut 23 Jahren kaum über einen passenden Rostschutz Gedanken. Eher simpel verschraubt und geklebt sorgt der hastig angebaute Spoiler bei frühen Modellen vor Januar 2000 für mittlerweile blühende Landschaften am Heckdeckel – Garantieleistungen seitens Audi sind keine mehr zu erwarten.
Von jenen Problemen weiß der aktuelle Audi TT freilich noch nichts zu berichten. Er hat gerade eher damit zu kämpfen, dass er demnächst aufs Altenteil geschickt wird. Noch 2023 will Audi den TT ersatzlos aus dem Programm nehmen. Feierlich verabschiedet wurde er derweil durch die TT RS iconic edition, die aber natürlich streng limitiert und bereits ausverkauft ist. Unser Testwagen dagegen fährt mit einem 245 PS starken 2,0 Liter TFSI-Vierzylinder (Audi TT Roadster 45 TFSI quattro S tronic: Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,4 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 170-169 g/km)² vor, der immerzu an ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe gekoppelt ist.
Wenig erinnert beim Losrollen im aktuellen TT an die durchaus herausfordernden Fahrmomente des Debütanten. Er fährt, lenkt, bremst freilich auf einem ganz anderen Niveau, kommt streckenweise gar an den Audi R8 heran. Das Magnetfahrwerk bügelt wahlweise grobe Unebenheiten glatt, das Volant dreht sich beinahe ohne Kraftaufwendung und dank massiver Traktion und mindestens genau so viel Abtrieb braucht es schon sehr harte Fahrmanöver, bis der Zweisitzer seine Contenance verliert.
Auch der Turbo spricht jetzt früher, aber gleichzeitig weniger einschlagend an. 370 Newtonmeter zerren bei den Quattro-Modellen zunächst an den Vorderrädern, bei Schlupf wird wie schon bei der ersten Generation die Hinterachse in Bruchteilen von Sekunden zugeschaltet. In beachtlichen 5,4 Sekunden marschiert der aktuelle TT Roadster von null auf 100 km/h, Ende ist bei nunmehr bei abgeregelten 250 km/h.
Wenngleich die nackten Zahlen für die gegenwärtige Generation sprechen, so nehmen sich beide auf der gewundenen Landstraße kaum etwas. Vorausgesetzt es wird stets früh genug heruntergeschaltet, hält der Alte in aller Leichtigkeit den Anschluss. Letzteres ist auch nicht einfach so daher geschrieben, denn der TT 8N quattro wiegt kaum 1.450 Kilogramm (Audi TT FV circa 1.550 Kilogramm). Auch beim Verbrauch nehmen sich beide Boliden wenig. Gute 10 bis 11 Liter Superbenzin sollten bei zügiger Fahrweise je 100 Kilometer eingerechnet werden.
Bleibt zum Schluss noch ein kaum ernstgemeinter, aber dennoch erwähnenswerter Vergleich, bezogen auf die Verdeckautomatik. So braucht der aktuelle TT Roadster knapp 10 Sekunden für das Öffnen und Versenken der Stoffhaube, der TT von Anfang 2000 benötigt dafür rund 15 Sekunden. Zusätzlich gilt es zur optischen Vollendung ein zusätzliches „Persenning“ in Position zu bringen.
Zwei Generationen Audi TT, zwei Generationen Fahrspaß. Der erste und der letzte TT Roadster besitzen jeweils einen ganz eigenen Charakter. Dort die Designikone der frühen 2000er, die auch heute noch durch ihre Wertigkeit und ein sehr modernes Fahrverhalten überzeugt. Hier der beinahe perfekte Daily-Driver, der einer Open-Air-Lounge gleichkommt. Gemein haben beide, dass es sie nur noch als Gebrauchtwagen gibt. Denn Audi stellt zum 31. Dezember 2023 die Auslieferung des TT nach 25 Jahren ein. Neubestellungen werden keine mehr angenommen. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
*Herstellerangaben