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Erster Test: Audi Q8 – Spät, aber wuchtig

Lange hat sich Audi Zeit gelassen, doch jetzt greifen die Ingolstädter umso wuchtiger an: Die Rede ist vom SUV-Coupé-Segment, das bislang von BMW und Mercedes mehr oder weniger allein abgegrast wurde.

Mit dem Q8 meldet sich nun auch Audi für ein Stück vom Kuchen an, und das Dickschiff auf Q7-Basis macht eins ganz anders als die Mitbewerber: Es wirkt deutlich gefälliger. Lockt das die Kundschaft? Oder muss so ein schräges SUV am Ende polarisieren? Zugegeben, der BMW X6 ist nicht jedermanns Sache, und das GLE Coupé ruft mitunter noch mehr Kopfschütteln hervor. Trotzdem, oder vielleicht genau deswegen, locken die beiden SUV-Coupés reichlich Kundschaft in die Schauräume. Ein Teil davon soll zukünftig allerdings schon beim Audi-Händler abbiegen, wo ab dem dritten Quartal der neue Q8 ausgestellt wird. „Die anderen SUV-Coupés kopieren wollten wir aber nicht“, erklärt Audi-Chef-Designer Marc Lichte. Das wäre zehn Jahre nach dem Start des X6 auch etwas einfallslos gewesen. Also haben sich die Ingolstädter dazu entschlossen, mit dem Q8 nicht zu provozieren, und setzen stattdessen auf jede Menge Dynamik.

Als Basis dient dem SUV-Coupé der Q7, von dem er sich aber optisch deutlich unterscheidet: Kommt der eine schwerfällig-wuchtig daher, wirkt der andere trotz knapp fünf Meter Länge und weit über zwei Tonnen auf den Rippen schon im Stand flott und agil. Vor allem aber ist das Heck deutlich sportlicher und gefälliger als bei BMW und Co. Das ist uns schon bei der Premiere des Q8 vor wenigen Wochen aufgefallen: Statt ab der B-Säule das Dach flach auslaufen zu lassen, gönnt Marc Lichte den Fondpassagieren reichlich Kopffreiheit und erst hinter deren Köpfen fällt die Heckscheibe schräg ab.

Zahlreiche Hingucker

In der Praxis heißt das: Auf der verschiebbaren Rückbank können problemlos auch Sitzriesen reisen, und das Kofferraumvolumen ist mit 605 bis 1.755 Litern zwar nicht ganz auf Q7-Niveau, aber groß genug für Urlaubsreisen und Ikea-Einkäufe. Einziges Manko, dass uns schon bei der ersten Sitzprobe aufgefallen ist: Die Lehnen der Rückbank lassen sich nicht vom Kofferraum aus umklappen. Warum, weiß keiner so genau – vermutlich weil der Q7 das auch nicht kann. Allerdings haben die Ingenieure so viele Bauteile angefasst, dass es darauf auch nicht mehr angekommen wäre. Man denke allein an die rahmenlosen Türen, die extra für den Q8 gestaltet wurden.

Die haben übrigens beim Audi den gleichen Nachteil wie bei allen Coupés: Die Geräuschdämmung ist nicht ganz so perfekt wie bei einer herkömmlichen Tür, und auf der Autobahn meint man, dass die Windgeräusche etwas lauter in den Q8 dringen. In Sachen Design und Eleganz aber sind sie zweifelsohne ein Hingucker. Wie auch die extrem flachen LED-Scheinwerfer, der neue, achteckige SUV-Kühlergrill, oder das durchgehende Leuchtenband am Heck, dass sich der Q8 bei A7 und A8 abgeschaut hat. Von den Oberklässlern hat er auch das Cockpit übernommen, das mit zwei großen Touchscreens in der Mittelkonsole, Head-up-Display und digitalem Kombiinstrument auf dem aktuellsten Stand der Technik ist.

Schwachstelle: Automatik

Das alles aber haben wir schon ausgiebig bestaunt, befühlt und begutachtet, jetzt wollen wir wissen: Wie dynamisch ist der Q8 auf der Straße? Die Motorenauswahl für die erste Ausfahrt fällt leicht, an den Start geht der Audi einzig und allein mit einem Dreiliter-V6-Diesel, der als Q8 50 TDI 286 PS entwickelt und 600 Newtonmeter Drehmoment entwickelt. Klingt nach viel, allerdings muss auch viel Masse bewegt werden. Und da die Kraft erst bei relativ hohen 2.250 Umdrehungen voll anliegt, hat die serienmäßige Achtgang-Automatik einiges zu tun.

Schade nur, dass sie – je nach Lust und Laune – mal etwas träg, mal etwas hektisch agiert. Manchmal dauert es eine Weile, bis der Marschbefehl umgesetzt wird, ein ander Mal wiederum schaltet der Wandler fast schon ruppig durch die Gänge. An der Kraft selbst scheitert es freilich nicht, es ist genügend Power da, um das 2,2-Tonnen-SUV in 6,3 Sekunden auf Tempo 100 zu wuppen und 240 km/h schnell zu machen.   

Beeindruckende Querdynamik

Beindruckender als die Sprint- und Dauerläufer-Qualitäten ist aber die Querdynamik des Q8: Der mit viel Fingerspitzengefühl abgestimmte und auf Wunsch luftgefederte Unterbau, die präzise arbeitende Allrad-Lenkung und der permanente Allradantrieb sorgen für eine Agilität, die wir in dieser Gewichtsklasse sonst nur vom Porsche Cayenne kennen. Unbeirrt wedelt der Q8 kurvige Landstraßen entlang, und wo Q7-Fahrer schon Schweißperlen auf der Stirn haben, zirkeln das SUV-Coupé noch gelassen um die Kurve. Nur: Wer’s übertreibt, spürt die Gesetze der Physik umso heftiger. Bei zu flotter Fahrt drängt die Masse nämlich unnachgiebig an den Kurvenrand.

Während sich der Fahrer auf der Landstraße lustvollem Selberfahren hingeben kann, nimmt ihm der Q8 im Alltag und auf der Autobahn so viele Aufgaben wie möglich ab: Spurhalten, Lenken, Bremsen, Gasgeben, Auffahrunfälle vermeiden, vor Querverkehr und Fußgängern warnen – alles was aktuell möglich (und erlaubt) ist, beherrscht der Q8. Sogar im Parkhaus passt er auf, dass es keine unschönen Berührungen mit Säulen oder anderen Autos gibt, und auch auf die mindestens 19 Zoll großen Felgen hat er beim Einparken ein Auge und tritt lieber in die Eisen anstatt Kratzer zu riskieren.

Mit 48-Volt-Netz

Was wir noch nicht wissen ist, wieviel der Q8 50 TDI verbraucht. Bis zum Bestellstart im Juli laufen noch die neuen WLTP-Verbrauchsmessungen auf Hochtouren; rund zehn Liter muss man aber wohl einkalkulieren. Beim Sparen unterstützt ihn ein 48-Volt-Netz mit Riemenstartergenerator, der mit bis zu 12 kW deutlich mehr Bremsenergie zurückgewinnen kann als herkömmliche Antriebe. Wer noch mehr sparen will, muss auf den Q8 45 TDI warten, eine 231 PS starke Ausbaustufe des V6-Diesels. Dass die viel weniger verbraucht. ist allerdings unwahrscheinlich, aber sie senkt den Einstiegspreis von jetzt rund 76.000 auf unter siebzigtausend.

Zusätzlich in Planung hat Audi mit dem Q8 55 TFSI eine 340-PS-Benzin-Version, und dass ein Plug-in-Hybrid kommt, gilt als gesetzt. Genauso wie die beiden Sportmodelle SQ8 und RS Q8. Während das S-Modell sich den 435-PS-V8-Diesel aus dem SQ7 schnappen wird, rechnen wir beim RS mit einem rund 600 PS starken Benziner. Der dürfte dann endgültig über jeden Zweifel erhaben sein. Der Q8 kommt spät, aber dafür umso wuchtiger. Technisch baut er auf dem Q7 auf, und ist doch ein ganz anderes Auto. Nicht nur, weil sich Marc Lichte Spielereien wie einen eigenen Kühlergrill, neue LED-Scheinwerfer oder die rahmenlosen Türen erlauben durfte, und das neue Cockpit aus der Oberklasse eingezogen hat. Sondern auch, weil er deutlich dynamischer auftritt als das Dickschiff. Die Fahrwerksingenieure haben beim Q8 alles gegeben, und einen erstaunlich agilen Fünf-Meter-Koloss auf die riesigen Räder gestellt. Einzig der Antrieb könnte noch etwas geschmeidiger sein. Dafür hat Audi aber ja noch ein paar Optionen in der Pipeline.

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