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Erster Test: Audi E-Tron – Jetzt geht’s los!

Gefühlt seit einer halben Ewigkeit spricht Audi vom E-Tron, hat Studien gezeigt, erste Fotos veröffentlicht, immer wieder mal ein Informationshäppchen preisgegeben und mit getarnten Prototypen erste Erprobungen auf dem Pikes Peak in den Rocky Mountains und in der Wüste gedreht.

Jetzt aber geht es endlich richtig los: Der lang ersehnte Tesla-Fighter ist fertig, und wir haben auf Einladung von Audi die ersten Testrunden mit dem E-Tron gedreht. Zwar musste Audi den geplanten Marktstart von Ende 2018 auf Anfang kommendes Jahr verschieben. Doch damit sind die Ingolstädter immer noch deutlich vor Mercedes dran, die den EQC erst im Sommer in die Schauräume rollen werden. Und bis BMW in die Gänge kommt, dauert es ohnehin noch ein wenig. Momentan also teilt sich der Premium-Stromer-Markt nur zwischen Tesla, dem Jaguar i-Pace und eben dem mindestens 79.900 Euro teuren Audi auf – und die Bayern wollen nicht weniger als ein riesengroßes Stück vom Kuchen abhaben.

Gute Chancen für Audi

Die Chancen stehen gut: Tesla war zwar Pionier auf dem Elektro-Markt, bei den klassischen Autobauer-Fähigkeiten aber können sie nicht mit der Konkurrenz mithalten; vor allem die Verarbeitungsqualität ist – salopp gesagt – sehr amerikanisch. Das kann man dem Jaguar i-Pace nicht vorwerfen. Allerdings trifft der kantig gestaltete Brite sicher nicht jedermanns Geschmack. Designer Ian Callum hat die neu gewonnen Freiheiten einer Elektro-Plattform genutzt und auf Maximierung des Innenraums gesetzt.

Diese Möglichkeiten hatte der Audi-Kreative Marc Lichte nicht. Unter dem E-Tron-Blechkleid steckt noch nicht die neue, mit Porsche zusammen entwickelte Premium-Elektro-Basis; sie debütiert erst mit dem Taycan aus Zuffenhausen. Stattdessen nutzt der E-Tron einen modifizierten Q5-Unterbau – und sieht dementsprechend auch aus wie ein normales SUV. Inklusive großer Motorhaube, die so eigentlich gar nicht mehr nötig wäre. Eng geht’s im Inneren dennoch nicht zu: Sowohl für die fünf Passagiere als auch fürs Gepäck steht genügend Raum zur Verfügung.

Klassisches Cockpit

Ein Indiz auf den E-Antrieb findet sich im Innenraum: Da das klassische Getriebe wegfällt, konnten die Designer die Mittelkonsole viel größer und offener gestalten. Ansonsten wird, wer auf ein futuristisches Cockpit spekuliert, enttäuscht: Im E-Tron kommt die schöne, neue Audi-Welt zum Einsatz, mit digitalen Instrumenten und zwei Touch-Displays auf der Mittelkonsole. Wer Zukunftsluft schnuppern will, muss schon für anderthalb Tausend Euro die Außenspiegel durch Kameras ersetzen, die an kleinen Ärmchen befestigt sind und ihr Bild auf Displays in den Türen wiedergeben. Das sieht cool aus, ist aber gewöhnungsbedürftig: Zum einen geht der Blick immer erst nach außen, zum anderen sind Abstände auf den Bildschirmen nicht so leicht einzuschätzen.

Zurück zum Getriebe: Statt sich mühsam durch mehrere Gänge schalten zu müssen, übernimmt ein Ein-Gang-Getriebe die Kraftübersetzung. Die kommt von zwei Motoren, an jeder Achse einem, wobei in der Regel vor allem die hintere E-Maschine für den Vortrieb sorgt. Die stellt 140 kW und 314 Newtonmeter Drehmoment bereit, und erst wenn das nicht reicht, oder Allradantrieb gefordert ist, muss auch der E-Motor an der Vorderachse eingreifen, der nochmal 125 kW und 247 Newtonmeter beisteuert. Arbeiten beide zusammen, sprintet der Audi in 6,6 Sekunden auf Tempo 100.

Mehr Leistung im Boost-Modus

Ein Vorteil der Elektro-Motoren gegenüber herkömmlichen Verbrennern: Man kann sie kurzzeitig überlasten. Im sogenannten Boost-Modus entwickeln beide zusammen für acht Sekunden bis zu 300 kW, die den Standardsprint um fast eine Sekunde verkürzen. Die Vmax dagegen ist immer auf 200 km/h beschränkt, alles andere würde zu sehr am Stromvorrat zehren.

Die Energie wird in einem 94-kWh-Akku gespeichert, laden lässt sich der Akku – abgesehen von der Rekuperation beim Bremsen, die für mehr als 90 Prozent aller Verzögerungen ausreicht, so den Akku füllt und die mechanischen Stopper schont – an der Haushaltssteckdose mit 2,3 kW Leistung oder mit einer 11-kW-Starkstromleitung. Mit letzterer dauert es gut 8,5 Stunden, bis der Akku voll ist; Audi will aber schon bald mit einem zweiten Onboard-Lader auch 22-kW-Ladeleistung ermöglichen. Und: Schon jetzt kann der E-Tron an öffentlichen Ladesäulen dank CCS-Anschluss mit bis zu 150 kW betankt werden. Dann dauert einmal Volladen nur rund 30 Minuten. Das Problem: Aktuell gibt es nur wenige Schnelllade-Stationen. Bis 2020 aber soll in Europa ein flächendeckendes Netz entlang der Autobahnen installiert sein. Dann rücken vielleicht auch die eine Million E-Autos in greifbare Nähe.

Leichtfüßig, aber nur auf der Geraden

Reichen soll der Strom-Vorrat für bis zu 400 Kilometer im WLTP-Zyklus; bei unserer Testfahrt lag der Verbrauch bei rund 28 kWh pro 100 Kilometer, was gut 300 Kilometern Reichweite in der Praxis entspricht. Wie weit man wirklich kommt, hängt natürlich stark vom rechten Fuß des Fahrers ab – und den in Zaum zu halten, ist nicht leicht. Schließlich stellen die beiden Antriebe so viel Kraft bereit, dass sie selbst mit den 2,5 (!) Tonnen Leergewicht des Audis sprichwörtlich leichtes Spiel haben. Zumindest auf der Gerade pfeilt der E-Tron davon, als wüsste er nicht, was er auf die Waage bringt.

Anders sieht es aus, wenn es ums Eck geht: Trotz des elektrischen Quattro-Antriebs wird der E-Tron nicht zum Kurvenräuber. Zwar sorgt die zwischen den Achsen verbaute, 700 Kilogramm wiegende Batterie für einen tiefen Schwerpunkt und damit für ordentlich Stabilität. Allerdings lässt sich die Masse nicht wegdiskutieren, wenn es ums Eck geht. Trotz hervorragender Beschleunigungswerte fühlt sich der E-Tron alles andere als Leichtfüßig an. Hier liegt der Jaguar i-Pace vorne, der wegen des kleineren Stromspeichers ein paar hundert Kilogramm weniger mit sich rumschleppt. Dafür müssen Jag-Fahrer aber häufiger an die Ladesäule. Tesla muss sich warm anziehen: Erst bekamen die Amis Gegenwind vom Jaguar i-Pace, und jetzt will auch Audi seinen Teil vom Premium-Elektro-Kuchen abgreifen. Der E-Tron dürfte dabei viele Kunden überzeugen: Er sieht (fast) aus wie ein normales Auto, bietet eine ordentliche Reichweite, ein Cockpit auf dem neuesten Stand der Technik und vor allem die gewohnt perfekte Audi-Verarbeitungsqualität. Freilich: Mit 80.000 Euro ist er kein Schnäppchen, aber verglichen mit den Mitbewerbern auf jeden Fall auch preislich attraktiv.

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