Drei elektrische Asynchronmaschinen (zwei hinten, eine vorn), eine dauerhafte Systemleistung von 320 kW/435 PS sowie 808 Newtonmeter Drehmoment (kurzzeitig bis zu 370 kW/503 PS und 973 Nm) machen den Audi e-tron S Sportback auf dem Papier zu einer durchaus sportlichen Fuhre (Stromverbrauch kombiniert: 26,4–28,4 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²).
Doch gilt es bei performanten Elektroautos immer genauer hinzusehen. Denn auf der anderen Seite der Medaille steht ein Fahrzeuggewicht von 2.695 Kilogramm (!), wovon allein 700 Kilogramm auf die brutto rund 95 kWh große Batterie im Fahrzeugboden entfallen.
Natürlich schießt auch der e-tron S Sportback, typisch leistungsstarkes Elektroauto, von dannen als gäbe es kein Morgen mehr. 4,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h wirken im "Boost-Mode" mehr als standesgemäß, mit einer Höchstgeschwindigkeit von 210 Stundenkilometer darf die Sportversion immerhin zehn bis 20 km/h schneller rennen als die übrigen e-trons.
Ob einem das am Ende einen Mehrpreis von 10.850 Euro gegenüber dem e-tron Sportback 55 quattro (ebenfalls mit 95 kWh-Batterie ab 85.200 Euro) wert ist, bleibt aber eine Geschmacksfrage (Audi e-tron Sportback 55 quattro Stromverbrauch kombiniert: 24,0–21,6 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²).
Insgesamt billig ist das Vergnügen „e-tron“ ohnehin nicht zu haben. Qualifizieren sich die Basis-Versionen noch für einen Teil der Innovationsprämie, kostet unser sehr gut ausgestatteter Testwagen samt derzeitiger Höchstmotorisierung schlappe 126.525 Euro.
Für dieses Geld gibt es im Hause Audi auch einen bestens ausstaffierten SQ7 oder einen Audi S8 – beide mit altgedientem Achtzylinder-Triebwerk (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 12,1-10,7 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 278-245 g/km²). Die Überleitung mag unpassend erscheinen, erschließt sich aber spätestens an der nächsten E-Ladesäule.
Denn bei winterlichen Bedingungen hängt der Audi e-tron S Sportback deutlich früher am Stromkabel als seine Kollegen mit Benzinmotor zur Zapfsäule müssen. In Abhängigkeit von der Außentemperatur und wie weit die vorhandene Leistung während der letzten Fahrten abgerufen wurde, zeigte der Audi bei voller Batterie eine Reichweite um 250-290 Kilometer an. Ein kombinierter Stromverbrauch über zwei Testwochen (laut Bordcomputer) von 36 kWh auf 100 Kilometer ist ebenfalls kein Pappenstiel und deutlich entfernt von dem, was Audi offiziell zu Protokoll gibt.
Tröstlich ist da immerhin die theoretische Ladegeschwindigkeit von bis zu 150 kW, die man zum Beispiel an den Ladesäulen von Ionity erzielen kann. Weniger großartig: Je nach Ladestromanbieter werden 1,09 Euro pro Kilowattstunde fällig, was bei unserem Testverbrauch Stromkosten in Höhe von 39,24 Euro auf 100 Kilometer verursacht hätte. Audi-Kunden, die einen e-tron Tarif nutzen, zahlen bei Ionity hingegen 0,49 Cent pro Kilowattstunde, zuzüglich eines Monatsbeitrags von 17,95 Euro. Bei diesen Rechnungen nicht beachtet wurden die Kosten für den spezifischen Ladeverlust, den der Kunde ebenfalls bezahlen muss.
Ist preislich alles geklärt, kann der Ladevorgang starten. Unser bester Wert am Schnelllader lag bei 140 Kilometer Reichweite in gut 20 Minuten. Am deutlich langsameren 11 kW AC-Lader der heimischen Stadtwerke dauert ein kompletter Ladevorgang dagegen schon einmal 8,5 Stunden. An dieser Stelle erwähnenswert: Bei den allermeisten Ladetarifen wird mittlerweile nach der dritten oder vierten Stunde eine nicht unerhebliche und minutengenaue Blockiergebühr auf die Stromsäule fällig.
Für das urbane Laden zuträglich ist, dass der e-tron S Sportback beidseitig auf Höhe des vorderen Radhauses per AC-Anschluss mit Strom versorgt werden kann. Der 150 kW-Schnelllader ist nur auf der Fahrerseite zu finden. Gut funktioniert auch die Rekuperation, die entweder automatisch geschieht, oder sich manuell per Lenkradpaddels in drei Stufen dosieren lässt. Gänzlich zum Stehen kommt der Audi so allerdings nicht. Auf den letzten Metern vor der Ampel muss die reguläre und zugleich beherzt zupackende Bremse betätigt werden.
Der insgesamt begrenzte Einsatzradius des e-tron S Sportback erscheint angesichts des stetig wachsenden E-Auto-Angebots nur bedingt konkurrenzfähig, kann nicht alleinig durch Quickcharger ausgeglichen werden und stört aus einem weiteren Grund. So ist der vor Kraft strotzende Stromer per se ein herrlich abgestimmter Reisewagen geworden, mit dem man eigentlich gerne längere Strecken an einem Stück zurücklegen möchte. Durch das serienmäßige Luftfahrwerk werden Fahrbahnschäden sauber geschluckt, im Alltag gefällt die Lenkgewichtung und durch seine drei Antriebe werden auch Dynamiker angesprochen.
Wer nun aber meint dank der großen Leistungsreserven (zumindest kurzfristig) auf Porschejagt gehen zu müssen – gemach! Eine Trockenübung auf geübter Hausstrecke tut Not, um vor allem den Bremsweg des Allrad-Stromers kennenzulernen.
2,7 Tonnen Gewicht (plus Passagiere, Gepäck und weiterer Ausstattung) schieben im Zweifel erbarmungslos über die Vorderräder, was insbesondere auf Schnee für spannende Momente sorgt. Da das volle Drehmoment sofort nach Fahrzeugstart parat steht und der e-tron S Sportback über einen heckbetonten elektrischen quattro-Antrieb verfügt, lässt er sich mit etwas Übung aber auch mächtig zum Übersteuern animieren.
Auf trockenen und stark gewundenen Landstraßen überrascht dagegen das sehr hohe Grip-Niveau und das vergleichsweise agile Handling. Viele Bits und Bytes sowie ein elektronisches Torque-Vectoring-System halten den Fahrer bei Laune (und in der Spur), die Mitreisenden erfreuen sich dagegen an der aufpreispflichtigen Bang & Olufsen Soundanlage mit 16 Lautsprechern sowie dem optionalen TV-Empfang. Letzterer macht auch die Wartezeit an der Ladesäule spürbar erträglicher.
Gewohnt manufakturartig präsentiert sich das Innenleben des Audi e-tron S Sportback. Die Sportsitze passen wie ein Maßanzug, Leder und Alcantara zieren viele Oberflächen. Überzeugen kann wie gewohnt auch die Bedienung des MMI-Systems. Echte Knöpfe und große Touchflächen müssen sich nicht ausschließen und ergänzen sich im Audi auf bester Weise. Hervorzuheben ist das sehr natürliche haptische Feedback der Bildschirme, die zudem durch ihr hochauflösendes Bild bestechen.
Platz ist vorne wie hinten mehr als ausreichend vorhanden, selbst Großgewachsene müssen ob der Coupé-Silhouette in Sitzreihe zwei nicht den Kopf einziehen. Der Kofferraum misst derweil 615 bis 1.655 Liter mit umgelegter Rücksitzbank. Bescheiden fällt derweil die generelle Rundumsicht aus. Die 360-Grad-Kameras sind schnell verschmutzt, die beiden OLED-Displays der virtuellen Außenspiegel viel zu tief montiert. Wurden und werden sie von Audi als innovatives Gimmick angepriesen, bleiben die analogen Außenspiegel weiterhin die erste Wahl.
Der größte Kritikpunkt am Audi e-tron S Sportback bleibt die, auch in Anbetracht der saftigen Preisgestaltung, zu geringe elektrische Reichweite. Ansonsten ist der Ingolstädter ein komfortabel abgestimmter Reisewagen, der durch seine Performance und Innenraumqualität überzeugen kann. Mit ihm legt man gerne weitere Strecken zurück, auch wenn die Reise öfters durch den Zwangshalt an der Ladesäule unterbrochen wird. Unnötig sind die virtuellen Außenspiegel, das Fahrzeuggewicht ist für echte sportliche Ambitionen deutlich zu hoch. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)