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Audi A6 Allroad 55 TDI quattro im Test: Der bessere S6?

Still und eher heimlich hat Audi dem A6 Allroad den stärksten V6-Selbstzünder aus dem S6 TDI verpasst. Dabei ist der flotte Avant nicht nur was für die Autobahn, sondern taugt auch für Schlechtwegepisten. Ist er dadurch der bessere S6? Fahrbericht!

Geländekombi mit Tradition

Wie, wo, was? Zugegeben: In unserer Überschrift wirbeln wir viele Begriffe durcheinander. Der Audi A6 Allroad ist seit nunmehr 20 Jahren in vierter Generation auf dem Markt, fährt weiterhin serienmäßig im robusten Offroad-Look und immer mit Luftfederung vor. Doch wie passt nun der Audi S6 ins Bild? Ganz einfach: Seit der aktuellen Modellgeneration des Audi A6 (C8) darf beim kleinen Bruder des RS 6 (hier im Test) nur noch gedieselt werden. Zumindest gilt das für Europa. 257 kW/349 PS (ab Anfang 2021 mit Euro 6d-ISC-FCM 253 kW/344 PS) leistet der V6-Turbodiesel im S6 TDI und auch der hier gefahrene A6 Allroad 55 TDI quattro verfügt über jenes, zusätzlich mit einem elektrischen Verdichter ausgerüstete, 3,0-Liter-Aggregat (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,5 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 171 g/km²).

Audi-A6-Allroad-55-TDI-quattro-Side-Rear

Audi A6 Allroad ist günstiger als S6 TDI

In 5,2 Sekunden spurtet der etwas über zwei Tonnen schwere und permanent allradgetriebene Ingolstädter auf 100 Stundenkilometer, Ende im Gelände ist bei Tempo 250. Auf den S6 TDI verliert der stärkste Allroad nur Zehntelsekunden, beim Preis allerdings hat der Offroad-A6 spürbar die Nase vorn. Mindestens 68.907,90 Euro (inkl. 16% MwSt.) verlangt Audi für den 55 TDI im Allroad, stolze 78.558,32 Euro (inkl. 16% MwSt.) sind es für den S6 Avant TDI. Legt man nur Wert auf schiere Motorleistung, so fährt man im Grunde mit dem Allroad günstiger. Die knapp 8.700 Euro Unterschied können anschließend zum Ausstaffieren des Kombis genutzt werden – die ellenlange Preisliste bietet dafür ausreichend Potential.

Audi-A6-Allroad-55-TDI-quattro-Interieur

Ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen?

Der eine oder andere mag nun anführen, dass es sich hierbei um einen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen handelt. Doch ist das wirklich so? Klar fährt so ein S6 TDI unter anderem mit adaptiven Sportfahrwerk vor, wird vielleicht auf dem Rundkurs etwas schneller sein, auf der Autobahn hingegen gibt es keinen Unterschied. Es verhält sich wie einst vor 20 Jahren beim A6 der Generation C5. Es gab den 340 PS starken S6 zu ordern, gleichzeitig offerierten die Ingolstädter einen 300-PS-V8 im Allroad. Auf dem Papier lag der S6 vorn, im Alltag nahmen sich beide kaum etwas. Mit der Gleichschaltung der Aggregate, nicht nur was Zylinderanzahl, sondern auch was die Normleistung angeht, werden die Unterschiede noch geringer, gleichen sich aber auch die negativen Aspekte an.

Audi-A6-Allroad-55-TDI-quattro-Backseats

Die Gedenksekunde des V6 TDI nervt

Verzeiht man dem Audi A6 Allroad 55 TDI quattro noch eher die enorme Gedenksekunde beim Tritt aufs Gaspedal, dürften Fahrer des S6 TDI von derartigen Allüren nur noch genervt sein. 700 Newtonmeter will der V6 TDI über die gut gestufte 8-Gang-Tiptronic an alle vier Räder leiten, bis 2.000 Umdrehungen pro Minute passiert derweil sehr wenig. Erst ab gut 2.500 Touren erwacht der Selbstzünder richtig zum Leben und schießt vehement nach vorne. Die Dosierbarkeit bleibt dabei auf der Strecke, ebenso der Fahrspaß. Minimale Abhilfe kann hier die manuelle Gasse des Automaten leisten, die auch bei höheren Autobahngeschwindigkeiten das ständige Hin- und Hergeschalte zwischen Fahrstufe sieben und acht unterbindet.

Audi-A6-Allroad-55-TDI-quattro-Side

A6 fürs Grobe mit 2.500 Kilo Anhängelast

Ist die Fuhre erst einmal in Bewegung, überwiegt allerdings das positive Gefühl in einem gut gedämmten, sehr gut federnden und sicheren Auto zu sitzen. Grobe Unebenheiten bügelt der Allroad einfach glatt und so verlieren insbesondere schlecht geteerte oder gar nicht asphaltierte Nebenstraßen ihren Schrecken. Findet man in Deutschland kaum? Ein Blick über den Tellerrand kann sich lohnen. So sieht die Straßensituation im Süden Europas schon ganz anders aus. Kein Wunder also, dass wir auf einer Ausfahrt nach Südtirol zahlreiche Hochbeinkombis zu Gesicht bekommen haben. Nicht immer, aber überwiegend aus Ingolstadt. Viele waren gezeichnet von einem harten Arbeitsleben, die Anhängerkupplung immer zugbereit. Im aktuellen Allroad dürfen maximal 2.500 Kilogramm an den Haken genommen werden – ausreichend für Pferdehänger, Baumaschinen oder andere schwere Güter. Chic, aber nützlich ist der A6 Allroad dabei nicht nur wenn es um das Ziehen von Anhängern geht. Gewisse Offroad-Qualitäten sind ihm ebenfalls nicht abzusprechen.

Audi-A6-Allroad-55-TDI-quattro-Side-Offroad

Auch auf Schlechtwegepisten daheim

Matschige Baustellen, grobe Feldwege, kleinere Böschungen oder steilere Anstiege packt der Allroad mit seiner Bodenfreiheit von maximal 184 Millimeter ohne Murren; hinter einem Nissan Patrol würden wir im Gelände aber nicht folgen wollen. Eine Bergabfahrhilfe ist Serie, ebenso die Offroad-Anzeige im weiterhin gut zu bedienenden MMI-Infotainmentsystem. Im Innenraum bleibt der Allroad dabei klar als A6 erkennbar. Speziell bezogene Sportsitze (mit eher magerem Seitenhalt), enthalten im Paket „Interieur allroad“, samt einiger Designspielereien wie Pedale aus Edelstahl, Allroad-Einstiegsleisten oder Einstiegs-LEDs unterscheiden den Geländegänger vom Business-Kombi.

Audi-A6-Allroad-55-TDI-quattro-Seats

Wertiger Innenraum, brummiger Fake-Sound

Qualitativ gibt es meist nichts zu bemängeln, doch wirkt insbesondere der Kunstlederbezug auf dem Armaturenbrett und den Türtafeln dem hohen Fahrzeugpreis nicht angemessen. Hier kann in Echtleder nachgeordert werden, was auf jeden Fall sinnvoller ist, als die Investition in die wählbare Sportabgasanlage. Der hieraus resultierende brummige Fake-Sound passt nicht zum Auto, wenngleich Audi der Versuchung widerstand, ebenfalls gefakte Auspuffblenden zu montieren. Ein weiterer Vorteil gegenüber dem S6 TDI mit seinen vier Zierendrohren.

Audi-A6-Allroad-55-TDI-quattro-Giau


Fazit


Ist der Audi A6 Allroad 55 TDI quattro nun der bessere S6 TDI? Wer nur auf schiere Motorleistung (350 Diesel-PS) aus ist, gerne viel Autobahn fährt und noch dazu schwere Lasten an den Haken nehmen möchte, erhält mit dem Allroad eine sehr interessante und (auf hohem Niveau) günstigere Alternative zum S6 TDI. Beim Verbrauch hält er sich durchwegs zurück. Rund acht Liter Diesel auf 100 Kilometer gehen für die Leistung bei gleichzeitig beherzter Gangart mehr als in Ordnung. Sparfüchse kitzeln auf langen Autobahnpassagen gar eine Sechs vor dem Komma heraus. Bedingt durch immer neue Abgasvorschriften wurde der V6 TDI allerdings um sein Temperament gebracht – ein Umstand, dessen man sich bewusst sein sollte. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten*

  • Modell: Audi A6 Allroad 55 TDI quattro
  • Motor: V6-Diesel, 2.967 ccm
  • Leistung: 349 PS (257 kW) bei 3.850 U/min
  • Drehmoment: 700 Nm bei 2.500 – 3.100 U/min
  • Antrieb: Allrad, 8-Gang-Automatikgetriebe
  • Verbrauch kombiniert: 6,5 l/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 171 g/km²
  • Beschleunigung (0 – 100 km/h): 5,2 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 5,00 m/1,46 m/1,89 m
  • Gewicht: ca. 2.085 kg
  • Grundpreis: ab 68.907,90 EUR Euro (inkl. 16% MwSt.)

*Herstellerangaben

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