Im Zeitalter von MirrorLink und Apple Car Play ist selbst das Fahrzeug ständig mit dem Smartphone verbunden. Und was Apple kann, kann Audi schon lange. Das damals unter Audi 80, jetzt als A4 betitelte Fahrzeug der Ingolstädter ist bis heute 12 Millionen Mal verkauft worden. Und darum: Vorhang auf für die neunte Generation des Audi A4. Wir machen uns auf den Weg mit einem der beliebtesten Mittelklasse-Wagen der Deutschen. Doch eins kann der neue Ingolstädter nicht – dem Mittelklasse-Segment gerecht werden. Zumindest der Innenraum ist alles andere als Mittelklasse. Die Verarbeitung mit höchster Präzision und eine wohl bedachte Materialauswahl verschaffen nicht nur auf den ersten Blick ein erhabenes Gefühl, wie wir es sonst nur aus dem Luxussegment gewohnt sind. Um 25 Millimeter ist der neue A4 gestreckt worden, was ihn auf eine Länge von 4,73 Meter bringt. Das ist kein großes Plus, doch etwas mehr Luft nach oben auf Fahrer- und Beifahrersitz und 23 Millimeter mehr Beinfreiheit im Fond konnten dadurch gewonnen werden – und diese tragen ihren Teil dazu bei, auf allen Plätzen komfortabel untergebracht zu sein.
Schön unauffällig
Über das Design wurde schon beim Erscheinen der ersten Bilder vor einigen Wochen heftig diskutiert. Zugegeben, viel passiert ist im Vergleich zum Vorgänger nicht, man hat die wesentlichen Merkmale beibehalten. Der Kühlergrill wurde etwas vergrößert und nach unten gesetzt, sodass der neue A4 nicht zuletzt aufgrund der neuen, zackigen LED-Scheinwerfer etwas böser dreinblickt. Das macht ihn zum kleinen Rebell in diesem Segment.
Das aus dem TT und Q7 bekannte Virtuelle Cockpit hält auch Einzug im neuen A4. Dieses lässt sich individuell je nach Belieben anpassen. Unter anderem kann man sich dort die Navigationskarte anzeigen lassen und muss nicht immer zur Seite auf das Display blicken. Ein zusätzliches Head-Up-Display ist für 980 Euro Aufpreis zu erstehen.
In der Mittelarmlehne findet das Smartphone seinen Platz, wo es über USB oder die induktive Schleife geladen werden kann. Im Fondbereich stehen ab sofort neue Audi-Tablets zur Verfügung, um den Nachwuchs während der Fahrt mit Film, Musik und Internet zu bespaßen. Neben solchen technischen Spielereien lieg das Hauptaugenmerk auf dem Thema Sicherheit im Straßenverkehr. Nicht weniger als 30 Assistenten stehen im neuen A4 zur Verfügung. Ganz neu ist der „Prädiktive Effizienzassistent“, der die Geschwindigkeit mit Hilfe von Navigationsdaten und Verkehrszeichen eigenständig reguliert und vor Kurven sowie Tempobegrenzungen eigenständig das Gas wegnimmt und später auch selbst wieder beschleunigt.
Flüster-leise
Vorerst werden für den neuen Audi A4 drei Benzinmotorisierungen und vier Dieselaggregate zur Verfügung stehen. Die Bandbreite reicht bei den Ottos von 150 PS bis 252 PS und bei den Selbstzündern von ebenfalls 150 Pferdestärken bis 272 PS. Ein Einsteigerdiesel mit 122 PS sowie ein CNG-Modell werden später folgen. Zwar muss noch einige Zeit ins Land ziehen, aber dann soll, weil gerade der amerikanische Markt es fordert, auch ein Plug-In-Hybrid zur Verfügung stehen – wie man uns im Gespräch mit den Entwicklern in Aussicht stellt.
Bei unserer ersten Ausfahrt mit dem neuen A4 haben wir drei Motoren für Sie getestet: Der 2.0 TFSI ultra schöpft, anders als der Name es vermuten lässt, seine Kraft aus 1,9 Litern Hubraum und stellt ordentliche 190 PS zur Verfügung. Sein Drehmoment von 320 Newtonmetern liegt, dank Turbo, schon bei niedrigen 1.450 Umdrehungen an und lässt ihn an der Ampel flink lossprinten. Tempo 100 ist nach 7,2 Sekunden erreicht, die Vmax lieg bei 210 km/h. Genauso schnell läuft auch der 1.4 TFSI mit 150 PS, nur braucht er für den Standardsprint anderthalb Sekunden länger. In der Praxis fällt der Unterschied allerdings kaum auf, und auch in Sachen Laufruhe nehmen sich beide Aggregate nichts.
Preislich liegen mit 35.050 beziehungsweise 30.650 allerdings über viereinhalb Tausend Euro zwischen ihnen. Da kann man getrost zum kleineren Motor greifen und hat etwas mehr Budget für die reichlich angebotene Sonderausstattung übrig. Zum Beispiel für das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe; Not tut das allerdings nicht, denn das knackige Sechsgang-Schaltgetriebe hat uns in unserem Test vollends überzeugt. Allerdings senkt die Automatik den Verbrauch; als Handschalter schluckt der 1.4er 5,1 Liter, der Zweiliter nimmt 0,3 Liter mehr.
Dieselseitig haben wir uns den 3.0 TDI näher angesehen. Von seinem Brennverfahren ist im Innenraum nicht viel zu spüren, so gut ist das Aggregat gedämmt; dank seiner sechs Zylinder läuft er aber ohnehin äußert kultiviert. Und die Fahrleistungen sind in Anbetracht von 272 PS und bärtigen 600 Newtonmetern Drehmoment ohnehin tadellos: Begleitet von sonorem Klang beschleunigt der Selbstzünder in nur 5,3 Sekunden auf Landstraßentempo; bei 250 km/h wird ihm der elektronische Riegel vorgeschoben. Serienmäßig kommt der große Diesel mit Audis formidabler Achtgang-Automatik und Allradantrieb.
Dass der Audi mit Vierrad-Antrieb auf der Straße zu kleben scheint, war zu erwarten. Aber auch die Fronttriebler weichen in schnellen Kurven nicht von der vorgegebenen Linie ab; allerdings war uns die Lenkung etwas zu leichtgängig; selbst im Sportmodus, der unter anderem auch Dämpfer, Gaspedal und Getriebe schärft. Vorbildlich: In allen Fahrmodi schluckt der A4 Unebenheiten bestens weg und verschont seine Insassen vor harten Schlägen. Und auch die Ohren werden geschont: Die verbesserte Akustik-Verglasung schirmt die Insassen nahezu komplett von der Außenwelt ab; weder Motor-, noch Abroll- oder Windgeräusche stören den Komfort. Die Kehrseite: Es dringt auch kein kerniger Klang aus den Endrohren an des Fahrers Ohr. Das muss dann wohl irgendwann der RS4 übernehmen. Pro: Der 1.4-Liter-TFSI ist mit seinen 150 PS auf jeden Fall ausreichend und sein Sechs-Gang-Schaltgetriebe macht Spaß. Er ist mit seinem Einstiegspreis von 30.650 Euro der kleinste und günstigste Audi A4. Kontra: Werfen wir einen Blick in die Preisliste, stellen wir fest: Für Assistenzsysteme und Innenausstattung können schnell an die 10.000 Euro für die Extras zusammenkommen. Auch wenn man in Ingolstadt den neuen Audi A4 äußerlich nicht allzu sehr angegangen ist, im Innenraum hat sich dafür umso mehr getan. Der weiterentwickelte A4 ist eine würdige Alternative zu: Mercedes C-Klasse, 3er BMW, Cadillac ATS.
Im zweiten Teil unseres Testberichts stellen wir demnächst die zahlreichen Assistenzsysteme vor: 30 an der Zahl hält Audi für seinen neuen A4 bereit - teils serienmäßig, teils optional. Für die Käufer heißt das: Sie müssen beim Bestellen zum einen zwischen wichtig, sinnvoll und entbehrlich abwägen und zum anderen die finanziellen Folgen ihrer Auswahl berücksichtigen.
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