Alpina versteht sich schon aufgrund der eigenen Markenphilosophie als Hersteller exklusiver Automobile. Gute Produkte noch besser zu machen, dass liegt ihnen in Buchloe im Blut. Doch mit der Ankündigung des Verkaufs der Alpina Markenrechte an die BMW Group wird dieses Kapitel ab 1. Januar 2026 der Geschichte angehören. Als letzte Neuentwicklungen gingen nun die hier erstmals gefahrenen Modelle BMW Alpina B4 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 10,1 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 229 g/km)² und D4 S Gran Coupé (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,9 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 182 g/km)² an den Start.
Freilich werden sie im Allgäu die anstehenden „Life Cycle Impulse“ (LCI) von BMW noch mitnehmen, doch nach der 4er-Reihe wird es keinen von Grund auf neuen Alpina mehr geben. Zumindest nicht unter der Führung von Burkard, Andreas und Florian Bovensiepen. Geplatzt sind also auch die Träume von einem neuen B7, dessen aktuelle Generation auf Basis des G12 gerade in den letzten Produktionswochen angelangt ist. Aber was sollen wir groß Trübsal blasen? Die Sonne am Bilster Berg lacht, vor uns steht ein 495 PS starkes Allrad-Coupé und wir haben sonst auch nichts anderes vor, als die aufgezogenen 20-Zöller zum Tanz zu bitten.
Optisch muss man allerdings auch den B4 zunächst auf sich wirken lassen. Das große Nierenpaar polarisiert, wurde durch das Alpina-Spoilerwerk aber zumindest ansatzweise eingefangen. LED-Scheinwerfer sind bei einem Basispreis von 91.800 Euro natürlich Serie. Genauso wie die vierflutige Edelstahl-Abgasanlage und die besagten 20 Zoll Alpina Classic Räder samt der eigens für die Allgäuer entwickelte Pirelli-Mischbereifung. Doch das eigentliche Herzstück des Edel-4ers schlummert unter seiner Motorhaube.
S58 lautet die BMW-Bezeichnung für den 3,0-Liter-TwinTurbo-Reihensechszylinder und Kenner werden wissen, dass das „S“ für einen waschechten M-Motor steht. Nicht etwa der Sechszylinder des M440i (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 8,2-7,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 185-172 g/km)² stand bei der Entwicklung Pate, sondern der mindestens 480 PS starke Antrieb des M4 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 10,1-9,9 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 230-226 g/km)², der im Detail aber nochmals verfeinert wurde.
Eine optimierte Rohluftansaugung, strömungsoptimierte Turbinen- und Verdichtergehäuse sowie zwei aus dem großen Bruder B5 entliehene Kühlmittelkühler samt 1.000 Watt E-Lüfter bilden die Grundlage für 495 PS und monumentale 730 Newtonmeter Drehmoment. So viel stemmt nicht einmal der neue M4 CSL (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 10,1-9,9 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 227-224 g/km)² in Richtung des Automatikgetriebes, was auch an dieser Stelle ein Umdenken nötig machte.
So wurde das ZF 8HP76 um einen für V8-Modelle ausgelegten Drehmomentwandler ergänzt, die Antriebswellen verstärkt und auch das serienmäßige Hinterachsdifferenzial wurde weiter optimiert. Ein eigens abgestimmtes Adaptivfahrwerk sowie üppig dimensionierte Bremsen, vorne mit 395 Millimeter und hinten mit 345 Millimeter Durchmesser, sorgen weiterhin für allerbeste „Schnellfahrvoraussetzungen“. Also eingestiegen in das B4 Gran Coupé und ab auf die Rennstrecke! Dass so ein Alpina ganz ordentlich für die Langstrecke taugt, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Wie sehr sich die neuen Modelle aber auch auf dem Rundkurs zuhause fühlen, sorgt jedes Mal erneut für Erstaunen.
Es gibt Leute, die fahren mit ihrem GT3 800 Kilometer zum Nürburgring, drehen fünf Runden, und fahren dann auf eigener Achse wieder heim. Kann man machen. Ist halt nicht bequem. Das gleiche schaffst du aber auch mit einem Alpina B4 Gran Coupé. Nicht, dass du die gleiche Rundenzeit in den Asphalt brennst. Aber wie fein austariert sich der immerhin doch zwei Tonnen schwere 8er im Kleinformat über die Piste dirigieren lässt, ist bemerkenswert. Die Lenkung ausgesprochen direkt, ohne ins Nervöse abzudriften, die Karosse steif und der Motor selbstredend bärenstark.
Wie der geht! Volles Drehmoment ab 2.500 Touren, doch schon darunter keine Anzeichen von Leistungsarmut. 495 PS und 730 Nm lassen kaum Wünsche übrig – genauso wie der Klang des Reihensechszylinders. Ja, er ist dank Ottopartikelfilter spürbar leiser geworden, kann aber stellenweise immer noch rotzig frech vor sich hin brabbeln. Wir drehen indes eine weitere Runde auf dem Bilster Berg, lösen ein wenig die Zügel der Elektronik und provozieren den B4 am Kurvenscheitel. Trotz Allrad lässt sich die Fuhre spielend querstellen und auch wieder ebenso leicht einfangen. So animiert das Allgäuer Gran Coupé gerade dazu, sein Dynamiklimit zu erkunden, ohne dabei je den Eindruck zu vermitteln, man könnte sich oder das Auto überfordern.
Gleiches gilt übrigens für den Sportdiesel im Angebot der Alpina 4er-Reihe. Bis auf den Motor setzt der Selbstzünder auf die gleiche umbauende Technik, was ihn mit einem Basispreis von knapp 80.000 Euro beinahe schon zu einem echten Schnäppchen im Vergleich zum B4 (oder M4) werden lässt. Dass der 355 PS und ebenfalls 730 Nm starke 3,0-Liter-Mildhybrid-Diesel weniger vehement nach vorne geht, dass braucht man bei einem Alpina nicht befürchten. Statt in 3,7 Sekunden (B4) marschiert der D4 S in 4,8 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h lässt er auch in dieser Disziplin viele Mitbewerber auf der rechten Spur zurück. Der Benziner indes läuft stolze 301 km/h und kann sich hier schon mit so manchem Supersportler messen.
In der Realität hingegen ist es vor allem der BMW Alpina D4 S, der von Vielfahrern geschätzt wird, soll der Normverbrauch laut Hersteller gerade einmal bei 6,9 Liter auf 100 Kilometer liegen. Testen konnten wir das auf dem Bilster Berg natürlich noch nicht. Wir werden es aber ganz gewiss nachholen!
Aus, Ende, vorbei? Von wegen! Bevor Familie Bovensiepen ab 2026 das Alpina-Zepter an die BMW Group weiterreicht, wird noch einmal kräftig aufgefahren. B4, aber auch D4 S stehen in bester Markentradition für den exklusiven und vor allem technisch aufwändigen Automobilbau ein. Im Innenraum haben es Kundin und Kunde derweil selbst in der Hand, ob sie ihr Gran Coupé, neben BMW Leder, auch mit nochmals hochwertigerem Lavalina beziehen lassen wollen. Optisch allerdings muss die neue Front gefallen – an ihr durften auch die Buchloer nichts verändern. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)
*Herstellerangaben