Der Alfa Romeo Stelvio gehört bisweilen zu den SUV, über die man aufgrund ihrer Kontinuität nicht mehr besonders viel Neues schreiben kann. Das ist nichts Schlechtes, im Gegenteil: Über fünf Jahre nach seiner Markteinführung und gut zwei Jahre nach dem ersten sanften Facelifting (wir berichteten) wirkt der Stelvio immer noch frisch und zeigt im täglichen Straßenverkehr kaum sein Alter.
Einzig die mittlerweile antiquiert wirkenden Xenon-Scheinwerfer zeigen, dass der Italiener schon den einen oder anderen Winter erlebt hat, war jene Technik bereits beim Debüt 2017 nicht mehr völlig up-to-date. Voll-LED-Technik wird es wohl erst mit der nächsten Generation geben.
Doch auch im Übrigen blieb der Stelvio seiner schicken Linie treu und das war per se von Vorteil, ist er ja kein unansehnliches Automobil. Im getesteten Veloce-Trimm sind es vor allem schwarze Akzente, die für sportliche Unterscheidung sorgen und wer dazu noch die Außenfarbe "Blu Anodizzato" wählt, erhält mit Sicherheit ein sehr einzigartiges Fahrzeug.
Im Inneren besticht der Stelvio ebenfalls durch seine schöne optische Aufmachung und - an den meisten Stellen - durch hochwertige Materialien sowie eine gute Verarbeitung. Man sitzt gut auf den straffen Sportsitzen und auch Hinterbänkler haben ausreichend Platz - eine Urlaubsfahrt zu viert wirft allerdings Kapazitätsprobleme im Kofferraum (525 Liter) auf, die allenfalls mit einer Dachbox zu lösen wären.
Auffällig und überaus angenehm ist die vergleichsweise analoge Bedienung des Stelvio: neben herkömmlichen Rundinstrumenten verzichtet Alfa glücklicherweise auf Spielereien wie Touchflächen am Lenkrad oder andere Extravaganzen - dann wiederum wirkt das Display in der Mitte etwas arg klein und altbacken.
Zudem ist die Bedienung bisweilen fummelig und wenig intuitiv, Apple CarPlay leider unverändert nur per Kabel erreichbar. Dazu setzte aus unerfindlichen Gründen ab und zu die Musikwiedergabe aus, aber das kennt man auch von anderen Herstellern und war hier mit einer simplen Neuverbindung zu beheben.
Doch zurück zum Fahrerlebnis, denn im Grunde weiß man als alter Alfa-Hase, dass es im Vergleich zu einigen Mitbewerbern in aller Regel kleinere Nachteile gibt, die man zugunsten dessen gerne in Kauf nimmt. Unser Testwagen war mit dem bekannten 2,2 Liter großen Vierzylinderdiesel und 210 PS sowie 450 Newtonmetern ausgerüstet (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 164 g/km)².
Er ist ein kräftiger Geselle (Testverbrauch: circa 7,0 Liter auf 100 Kilometer) - der daraus allerdings auch zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Hehl macht. Soll heißen: Das Motorgeräusch ist ab Start stets präsent, zu Beginn denkt man an einen Ducato (der auf die mutmaßlich gleiche Motorenbasis setzt), die Start-Stopp-Automatik geht an der Ampel relativ rüpelhaft zu Werke und wenn man im Anschluss in einen Fiat 500 Elektro einsteigt, meint man nicht, dass sich ein und dieselbe Dachmarke (Stellantis) für diese Autos verantwortlich zeichnet.
Sein Durchzug ist dafür über jeden Zweifel erhaben, Geschwindigkeiten bis 180 km/h werden mühelos erreicht und erst darüber wird es etwas zäh. Die Straßenlage ist klasse, die Lenkung mitteilsam, das gesamte Auto wirkt handlich, aber nicht nervös. Man hat den Eindruck, dass die Entwickler dem Stelvio - im Vergleich zur ersten Serie - sein spitzes Einlenkverhalten um die entscheidenden wenigen Prozente abtrainiert haben, um mehr Ruhe ins Auto zu bringen. Das ist ihnen jedenfalls gelungen. Der Federungskomfort bleibt dabei über jeden Zweifel erhaben, solange man nicht im holprigen Dynamic-Modus unterwegs ist.
Der ist ebenso überflüssig wie die Schaltwippen am Lenkrad für die fantastische Achtgangautomatik. Die hat in so gut wie jeder Situation den passenden Gang parat und geht eine nahezu perfekte Symbiose mit dem eingangs beschriebenen Motor ein.
Haben wir noch Zeit zum Herummäkeln? Da wäre einmal die teils unberechenbare Klimaanlage und ein Abstandsradar, dass eher zu den sportlicheren Systemen zählt. Einmal aktiviert, spurtet der Tempomat mit Vollgas in jede noch so kleine Lücke, um auf den nächstlangsameren Vordermann wieder heranzukommen und hart abzubremsen: Das können andere Systeme mittlerweile vorausschauender. Aber vielleicht spielt da auch ein wenig das italienische Temperament eine Rolle, von dem wir doch in unserem Alltag gerne etwas mitnehmen. Oder etwa nicht? (Text: Maximilian Planker | Bilder: Hersteller)