Darf man schreiben, dass sich sowohl Fiat als auch deren Motorsport-Tochter Abarth beim Cinquecento über die Jahre so richtig ausgetobt haben? Ich denke, man darf. Wer bei der Modellvielfalt an verschiedenen 500ern noch den Überblick behält, bekommt von mir einen Orden im Geiste verliehen und selbst jetzt finden sich auf der Abarth-Homepage sage und schreibe sieben – mehr oder weniger – verfügbare Versionen. Wohlgemerkt zu ein und demselben Grundmodell.
In diesem Fahrbericht soll es dagegen nur um einen Fiat 500 gehen, genauer geschrieben um den mindestens 23.590 Euro teuren Abarth 595C Competizione des aktuellen Modelljahres 2021. Was bedeutet diese Nomenklatur? Der 595 ist der klassische Abarth-Sportler auf Cinquecento-Basis, das C steht für Cabriolet und Competizione unterstreicht den hohen sportlichen Anspruch des Italieners, wobei er ein Quäntchen alltagstauglicher sein soll als das Spitzenmodell 595 Esseesse (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,0 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 161 g/km²).
132 kW/180 PS sorgen im kaum 3,66 Meter langen Faltdach-595 für beinahe schon wahnwitzige Fahrleistungen. Die Beschleunigung des fahrbereit rund 1,2 Tonnen leichten Kleinwagens gelingt aus dem Stand auf Tempo 100 in glaubhaften 6,7 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei ebenso beachtlichen 225 Stundenkilometern. Natürlich übertrumpft diese Werte heute jedes zweitklassige SUV, doch habt Acht ihr Cupra-Piloten: In der Kurve gibt es nur wenige Autos, die den schwarzen Skorpion wirklich in Bedrängnis bringen können.
Das gilt auch für den Fahrer eines Porsche Boxsters, der während unserer Fotoaufnahmen auf einer italienischen Passstraße hinter dem 595 – trotz aufdringlicher Fahrweise – recht schnell „verloren“ ging. Der Ehrgeiz, mit dem sich der Abarth 595C Competizione in enge Serpentinen legt, ist bemerkenswert, das am Kurvenausgang folgende Turboloch ebenso. Der erste Gang des sonst sehr präzise arbeitenden Handschalters ist zu kurz, der zweite zu lang übersetzt, um den Garret GT 1446 Lader anständig bei Laune zu halten. Und so bedarf es einige Augenblicke, bis das Tal der Tränen am Kurvenausgang überwunden ist. Nach 3.000 Touren wird der 1,4-Liter-T-Jet-Vierzylinder wieder nachdrücklich beatmet und gleichzeitig schlagen die verfügbaren 250 Newtonmeter Drehmoment die Mundwinkel zurück in Richtung Ohrenunterkante.
Zur recht munteren Motor-Getriebekombi gesellen sich eine ausreichend präzise Lenkung sowie ein ordentlich federndes Stahlfahrwerk, das selbst für längere Autobahnetappen taugt. Einzig die Bremsanlage wirkt mit dem südländischen Temperament manches Mal überfordert. Ein Abarth wäre aber freilich kein Abarth, würde der kleine Fünfhunderter nicht klingen wie ein ganz Großer. Die vierflutige Abgasanlage verwandelt Benzin in puren Sound und sorgt selbst beim gemeinhin unlustigen deutschen Passanten am Wegesrand dafür, dass er das Leben für einen Moment nicht ganz so schwer nimmt. Einem 595 kannst du schließlich kaum böse sein, auch wenn er durchaus böse gefahren werden kann. So liegt das Überraschungsmoment stets auf deiner Seite, was du vor allem beim Lückenstechen im dichten Stadtverkehr merkst.
Erfreulich ist aber nicht nur wie sich der Abarth 595C Competizione fahren lässt, sondern auch, dass er im Zweifel mit echten Kleinwagentugenden aufzuwarten weiß. Vor allem beim Verbrauch hält sich der Vierzylinder – sorgsam gefahren – zurück und kann mit guten fünf bis sechs Litern bewegt werden. Ist zwischen dem Zuhause und dem nächsten Bäcker ein Bergpass, stehen dagegen auch dann kaum mehr als zehn Liter im digitalen Kombiinstrument.
Letzteres ist denkbar einfach aufgebaut, verfügt über zwei Anzeigeschemen und präsentiert seine Informationen leicht verständlich. Ein sonderliches Kommunikationstalent wird der seit 2007 auf dem Markt befindliche Fiat 500 dagegen nicht mehr werden, wenngleich man ihm zum Jahresanfang ein überarbeitetes Uconnect-System spendiert hat. Dessen Touchscreen ist eher von grobaufgelöster Natur, benötigt durchwegs festere Eingaben und auch das TomTom-Navi ist mehr ein Notersatz zur glücklicherweise vorhandenen Smartphone-Schnittstelle via Apple CarPlay oder Android Auto.
Kritikwürdig bleibt zudem die Sitzposition im 595, dürfte das Sportgestühl ruhig einige Zentimeter näher Richtung Asphalt aufgehängt sein. Zudem fehlt es den Seriensitzen spürbar an Seitenhalt, wobei im Konfigurator Abhilfe in Form von Sabelt-GT-Schalen vorhanden ist. Gefallen hat dagegen die mehr als passable Innenraumqualität, aufgehübscht durch Alcantara- und Lederapplikationen. Das griffige Sportlenkrad sowie der hochwertige Aluminiumschaltknauf runden den Innenraumauftritt des Italieners weiterhin ab.
Kleinwagenherz, was willst du mehr? Der Abarth 595C Competizione verbindet die Qualitäten eines fähigen Stadtautos mit denen eines reinrassigen Straßensportlers. Morgens gemütlich zur Arbeit tingeln und abends rasant die Hausstrecke bezwingen – für diesen Spagat scheint der 180-PS-Cinquecento wie gemacht. Im Innenraum gibt es im Vergleich zum normalen 500er etwas mehr Noblesse, die Sitzposition fällt allerdings zu hoch aus. Auch die Bremsleistung des Italieners konnte nicht immer überzeugen, Assistenten sind keine im Angebot. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)