Frage: „Ich will dieses Jahr mit Dachbox und Fahrradträger in den Urlaub fahren. Mein Nachbar meint, ich könnte damit mein Auto überladen. Worauf muss ich denn achten?“
Antwort von Dipl.-Ing. Stefan Ehl, Prüfingenieur bei der Sachverständigenorganisation KÜS: „Wer mit dem eigenen Pkw sowie Kind und Kegel in den Urlaub fahren will, hat schnell die legalen Grenzen der Beladung überschritten. Die Reise mit der kompletten Familie und Fahrradfuhrpark wird oft zum Balanceakt, der ein genaues und vor allem kritisches Hinterfragen aller Lasten erfordert. Mehrere Gewichtsfaktoren müssen dabei jeweils für sich sowie in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden.
Die Dachlast im Auge behalten
Reicht der im Fahrzeug vorhandene Gepäckraum nicht, wird als Ergänzung gerne eine praktische Box aufs Dach geschnallt. Oft reichen dafür wenige Handgriffe, um das Stauraumvolumen um einige hundert Liter zu erhöhen. Grundsätzlich empfiehlt sich diese Lösung eher für den Transport leichter Gegenstände, denn der limitierende Faktor ist die Dachlast, die bei gängigen Fahrzeugtypen meist zwischen 50 und 100 Kilogramm liegt.
Wer die Dachlast nicht kennt, kann diesen Wert in der Bedienungsanleitung nachlesen. Wichtig: Das Gewicht der Dachbox selbst sowie dem Träger muss von der Dachlast abgezogen werden. Meist wiegt beides zusammen zwischen 20 und 30 Kilogramm. Erst nach der Subtraktion dieses Werts weiß man, wie schwer das Dachgepäck sein darf. Viel Spielraum hat man also nicht. Zudem haben hohe Lasten auf dem Dach Einfluss auf den Fahrzeugschwerpunkt und damit auf das Fahrverhalten. Die Ladung in der Box sollte deshalb möglichst leicht sein und sich außerdem gleichmäßig verteilen sowie mit Spanngurten gesichert werden.
Stützlasten prüfen
Auch beim Heckträger, der zumeist für den Transport von Fahrrädern genutzt und auf eine Anhängerkupplung montiert wird, ist der Spielraum für die Beladung überschaubar. Die limitierende Größe ist in diesem Fall die Stützlast, die bei einem Pkw in der Regel zwischen 70 und 90 Kilogramm liegt. Auch hier muss bei der Berechnung der maximalen Belastung durch Gepäck das Eigengewicht des Trägers ins Kalkül einbezogen werden. Wiegt der Träger 20 Kilogramm und zwei Pedelecs zusammen 50 Kilo, könnte ein weiteres Kinderfahrrad das Limit bereits sprengen. Die für das jeweilige Fahrzeug geltende Anhängelast wird übrigens in der Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) im Feld 0.2 aufgeführt.
Wer die Lasten von Heckträger, den Fahrrädern sowie der Dachbox samt Inhalt kennt, kann ziemlich genau berechnen, wie viel die Passagiere und das Gepäck im Kofferraum wiegen dürfen. Hierzu muss man lediglich die Zuladung berechnen, die sich aus der Differenz von Leergewicht und dem zulässigen Gesamtgewicht ergibt. Das Leergewicht ist das Gewicht eines fahrbereiten Pkw mit zu 90 Prozent gefülltem Tank und einem 75 Kilogramm schweren Fahrer. Die entsprechenden Werte findet man in der Zulassungsbescheinigung Teil I unter G und F. Stehen hier zum Beispiel die Zahlen 1.500 und 2.000, dürften Reisegepäck und Fahrgäste nicht mehr als 500 Kilogramm schwer sein.
Das zulässige Gesamtgewicht darf nicht überschritten werden
Wenn die vier Fahrgäste 300 Kilogramm wiegen und außerdem noch 150 Kilogramm von Dachbox und Heckträger hinzukommen, wird der Spielraum für zusätzliches Gepäck bereits eng. Doch muss man nicht nur auf das zulässige Gesamtgewicht achten, sondern außerdem noch auf die Maximallast für Vorder- und Hinterachse. Diese Werte stehen in der Zulassungsbescheinigung Teil unter 8.1 und 8.2. Das Problem hierbei: Die Lasten können sich ungleichmäßig verteilen.
Ein Heckträger mit Fahrrädern belastet zum Beispiel auch aufgrund einer Hebelwirkung ungleich mehr die Hinter- als die Vorderachse. Dieser Effekt einer einseitigen Überlastung der Hinterachse kann man häufiger beobachten, wenn bei schwer beladenen Fahrzeugen die Hinterräder tief in die Radhäuser eintauchen und die Vorderräder stark ausgefedert sind.
Im Zweifel ab auf die Fahrzeugwaage
Deuten die Berechnungen oder Ihr Bauchgefühl auf eine Überladung hin, empfiehlt es sich, vor der großen Urlaubsfahrt eine öffentliche Fahrzeugwaage anzusteuern. Ist das Urlaubsauto überladen, hat das negative Auswirkungen aufs Fahrverhalten. Das Fahrzeug wird deutlich instabiler, hat längere Bremswege und ist schwer beherrschbar bei Lenk- und Ausweichmanövern.
Aufgrund des hohen Gefahrenpotenzials sieht der Gesetzgeber bei Überlast entsprechend empfindliche Strafen vor. Derzeit liegt das Bußgeld in Deutschland bei 235 Euro, außerdem ist ein Punkt in Flensburg drin. Im Ausland können Bußgelder sogar noch höher ausfallen.“ (Text: mh/sp-x | Bild: Porsche)