Damit die frisch gebackenen Autofahrer nicht nach wenigen Wochen das Fahrschulwissen über Bord werfen und damit ganz allgemein die Verkehrssicherheit erhöht werden kann, haben sich vor einigen Jahren findige Köpfe den Mehrphasen-Führerschein ausgedacht. Dabei kannst du nach deiner bestandenen Praxisprüfung der Klassen A und B im echten Verkehrsleben erste Erfahrungen sammeln. Mit etwas Abstand feilst du dann mit deinem Fahrlehrer und beim Fahrsicherheitstraining noch einmal an deinen Fähigkeiten und holst dir wertvolle Tipps. Doch, wie läuft diese Ausbildung ab?
Überblick: Die Mehrphasenausbildung
Wie der Name schon verrät, teilt sich diese Ausbildungsform in mehrere Phasen auf. Die erste Phase ist die ganz normale Ausbildung in deiner Fahrschule. Sie dauert also von der ersten Theorie-Einheit bis zur bestandenen Praxisprüfung. Danach beginnt die Uhr der zweiten Phase zu ticken.
Klasse B: Autoführerschein
Wenn du den Schein für die Klasse B im Rahmen der L17-Ausbildung erworben hast, sieht der Ablauf wie folgt aus: - 3 bis 9 Monate nach Führerscheinerwerb: Fahrsicherheitstraining - 6 bis 12 Monate nach Führerscheinerwerb: Perfektionsfahrt mit deinem Fahrlehrer
Beim klassischen Führerschein nach dem 18. Geburtstag kommt eine erste Perfektionsfahrt dazu. Damit erwartet dich folgender Zeitplan: - 2 bis 4 Monate nach Führerscheinerwerb: Perfektionsfahrt mit deinem Fahrlehrer - 3 bis 9 Monate nach Führerscheinerwerb: Fahrsicherheitstraining - 6 bis 12 Monate nach Führerscheinerwerb: Perfektionsfahrt mit deinem Fahrlehrer
Klasse A: Motorradführerschein
Wenn du den Führerschein der Klasse A gemacht hast, erwartet dich dieses Programm: - 2 bis 12 Monate nach Führerscheinerwerb: Fahrsicherheitstraining - 4 bis 14 Monate nach Führerscheinerwerb: Perfektionsfahrt mit deinem Fahrlehrer
Solltest du die Lenkberechtigungen für beide Klassen erworben haben, musst du dennoch alle Module für beide Klasse absolvieren. Hier gibt es also keinerlei Abkürzungen.
Wer muss die Mehrphasenausbildung machen?
Für manche mag die Mehrphasenausbildung nach einer freiwilligen Zusatzübung klingen. Das ist sie allerdings nicht – ganz im Gegenteil. Jeder EU-Bürger, der in Österreich einen Führerschein für die Klasse A oder die Klasse B erwerben will, muss die volle Mehrphasenausbildung absolvieren. Dein Alter spielt dabei übrigens keine Rolle.
Wie viel kostet die Mehrphasenausbildung?
Vorsicht, die vollen Kosten für die Mehrphasenausbildung sind bei den Führerscheinpreisen in den verschiedenen Fahrschulen oft noch nicht enthalten. Darauf solltest du bei der Auswahl deiner Fahrschule unbedingt achten, um später keine kostspieligen Überraschungen zu erleben.
Eine Perfektionsfahrt dauert üblicherweise zwei Unterrichtseinheiten. Je nach Fahrschule liegt der Preis für eine Einheit zwischen EUR 35,00 und EUR 50,00. Pro Perfektionsfahrt könnten also schon zwischen EUR 70,00 und EUR 100,00 fällig werden.
Die meisten Fahranfänger machen das Fahrsicherheitstraining bei den Automobilclubs ÖAMTC oder ARBÖ. Dort kostet das zwischen EUR 200,00 und EUR 250,00. Manche Fahrschulen haben jedoch eigene Fahrsicherheitstrainings im Angebot. Da könnten die Preise etwas niedriger ausfallen.
Die Perfektionsfahrten
Auch bei den Perfektionsfahrten gilt: Nomen est Omen. Es geht also darum deinen Fahrstil zu perfektionieren. Das grundsätzliche Fahren wird zu diesem Zeitpunkt (hoffentlich) kein Problem mehr sein. Du konntest einige Wochen lang jede Menge Erfahrung im echten Straßenverkehr sammeln und nun geht es an den Feinschliff.
Dafür verbringst du noch einmal zwei Stunden mit deinem Fahrlehrer in Form eines praktischen Teils und eines Nachgesprächs. Im praktischen Teil seid ihr noch einmal gemeinsam im Auto unterwegs. Dabei achtet der Fahrlehrer auf verschiedene Dinge, wie: - Deine Blicktechnik (Schulterblick & Co) - Eine unfallvermeidende Fahrweise - Eine defensive Fahrweise - Eine Treibstoffsparende Fahrweise - Soziales Verhalten, anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber
Nach dieser Fahrt gibt dir der Fahrlehrer professionelles Feedback. Manche Fahrschulen nutzen dafür sogar Kameras in den Fahrschulautos. Damit könnt ihr einzelne Situationen noch besser analysieren. In beiden Perfektionsfahrten wird auf alle oben genannten Punkte geachtet. Dennoch liegt der Fokus der zweiten Perfektionsfahrt etwas mehr auf dem Faktor Umwelt.
Zu diesem Zweck steht eine besondere Übung auf dem Programm: - Eine mindestens 15 Minuten lange Fahrt, bei der Treibstoffverbrauch und Fahrtdauer gemessen werden - Kurze Besprechung mit möglichen Tipps und Hinweisen zu einer sparsameren Fahrweise - Erneute Fahrt mit Messung von Treibstoffverbrauch und Fahrtdauer - Vergleich und Analyse der beiden Fahrten
Wo mache ich die Perfektionsfahrten?
Beim B-Schein machst du die Perfektionsfahrten üblicherweise in deiner Fahrschule und im besten Fall direkt mit deinem Fahrlehrer aus den Fahrstunden der Praxisausbildung. Es besteht allerdings eine völlig freie Wahl der Fahrschule. Als Wiener könntest du also auch in Bregenz die Perfektionsfahrten machen. Die Fahrt an sich passiert jedenfalls im Fahrschulauto.
Beim Motorradführerschein sieht das etwas anders aus. Dort absolvierst du die Perfektionsfahrt mit dem eigenen Motorrad bei ARBÖ oder ÖAMTC.
Kann man bei der Perfektionsfahrt durchfallen?
Keine Sorge, bei der Perfektionsfahrt kannst du nicht durchfallen. Es ist nur eine reine Trainingsfahrt ohne Prüfung. Dennoch bist du gesetzlich dazu verpflichtet, ordentlich mitzumachen.
Das Fahrsicherheitstraining
Das Fahrsicherheitstraining dauert deutlich länger als eine Perfektionsfahrt. Es dauert sechs Unterrichtseinheiten lang. Fünf davon sind Praxis und eine Theorie. Zwei weitere Einheiten kommen für das verkehrspsychologische Gespräch dazu. Du solltest also einen ganzen Tag dafür einplanen.
Dort geht es gezielt um Strategien zur Gefahr Bewältigung. Du lernst also, wie du in echten Gefahrensituationen reagieren solltest. Das besprecht ihr dabei nicht nur theoretisch im Kursraum, sondern ihr erlebt es auch praktisch auf einem großen Übungsgelände mit einigen aufregenden Stationen.
Das verkehrspsychologische Gespräch findet gemeinsam mit allen anderen Teilnehmern des Trainings statt. Dort sprecht ihr mit einem Psychologen über die häufigsten Unfallsituationen, bekommt Tipps, wie ihr richtig reagieren könnt und ihr sprecht über mögliche schon vorhandene Erfahrungen.
Danach folgt der theoretische Teil des Fahrsicherheitstrainings. Der Trainer erklärt euch, was auf euch zukommt, warum ihr das macht und wie ihr richtig damit umgehen könnt.
Auf dem Gelände fährst du alleine mit deinem Auto eine Übung nach der anderen ab. Über ein Funkgerät bekommst du dabei Anweisungen vom Trainer. Konkret geht es um verschiedene Brems- und Ausweichübungen in unterschiedlichen, gefährlichen Situationen, insbesondere bei Regen. Hier erlebst du Dinge wie Schleudern und Schieben am eigenen Leib bzw. Auto. Da kann es schon einmal rund gehen und du gerätst ins Schleudern. Auf dem großen Gelände bleibt das jedoch ohne Konsequenzen.
Kann man beim Fahrsicherheitstraining durchfallen?
Apropos Konsequenzen: Auch beim Fahrsicherheitstraining kannst du nicht durchfallen. Es dient rein als Training für deine eigene Sicherheit und sollte in den meisten Fällen ganz einfach Spaß machen.
Konsequenzen
Auch wenn du bei Perfektionsfahrten und Fahrsicherheitstraining keine Konsequenzen zu erwarten hast, gibt es sehr wohl welche, wenn es darum geht, dass du die Fahrten und das Training nicht (rechtzeitig) absolvierst. In diesem Fall kommen mehrere Stufen zum Einsatz: - Stufe 1: Wenn du bei der Klasse B nach 12 Monaten oder bei der Klasse A nach 14 Monaten nicht alles absolviert hast, meldet sich die Behörde schriftlich bei dir. Da erinnern sie dich an die fehlenden Ausbildungsschritt und erklären, was dich erwartet, wenn du weiterhin nicht mitspielst. Zudem erhältst du eine 4 Monate lange Nachfrist. - Stufe 2: Die erste Nachfrist hat sonst noch keine Folgen. Solltest du in diesen vier Monaten erneut nicht fertig werden, folgt eine weitere viermonatige Nachfrist und eine Verlängerung deiner Probezeit um ein Jahr. - Stufe 3: Solltest du auch die zweite Nachfrist verstreichen lassen, folgt der Führerscheinentzug.
Erst, wenn du die fehlenden Ausbildungsteile absolviert hast, bekommst du deine Lenkberechtigung wieder.