Laut Ergebnis der ADAC-Auswertung des Euro NCAP-Crashtests 2021 ist der Subaru Outback am sichersten. Noch nie gehört? Das könnte daran liegen, dass der bodenständige Kombi der Mittelklasse in Deutschland eher wenig nachgefragt ist. Die robusten, allradgetriebenen Autos des japanischen Herstellers haben traditionell eher in den USA ihre Abnehmerschaft. Das könnte sich nun ändern, denn das Ergebnis im Euro NCAP-Crashtests ist für sicherheitsbewusste Käufer sicherlich ein Pfund: Im Gesamtergebnis verweist der Outback sogar Daimlers Technologieträger Mercedes EQS auf Platz zwei, gemeinsam mit dem Polestar 2 aus Schweden.
Ermittelt werden die Ergebnisse übervier Kriterien: Insassenschutz für Erwachsene, Kindersicherheit, Sicherheit für ungeschützte Verkehrsteilnehmer (Fußgänger und Radfahrer) und aktive Sicherheit durch Assistenzsysteme. Hieraus ergibt sich auch schon der Haken, denn einige Modelle erreichen ihre sehr gute Bewertung zum großen Teil durch Assistenzsysteme, nicht aber durch Sicherheit bei einem tatsächlichen Crash – darunter auch der Subaru Outback, der im Bereich Assistenzsysteme auf 95 Prozent der Punkte kommt, im Bereich Insassenschutz aber „nur“ auf – immer noch gute – 88 Prozent. Die Analyse ergab, dass der Outback bei einem Frontalaufprall ein mäßig guter Aufprallpartner wäre. Dennoch: Beim Seitenaufpralltest war der Schutz aller kritischen Körperbereiche gut, und das Fahrzeug erreichte in diesem Teil der Bewertung die maximale Punktzahl. Der Japaner verfügt außerdem über ein „Post-Collision Braking System“, das Sekundäraufpralle verhindern soll, sowie über ein eCall-System, das bei einem schweren Unfall automatisch die Rettungsdienste alarmiert.
Dass die Japaner sich in puncto Sicherheit nicht lumpen lassen, zeigt auch dieser Vertreter: nach Fahrzeugklassen aufgeschlüsselt, schafft es der Toyota Yaris als sicherster Kleinwagen aufs Treppchen. Im Insassenschutz nur 2 Prozentpunkte schlechter als der Gesamtsieger Subaru Outback, zeigt er über alle Sicherheitskategorien hin eine verlässliche Performance. Der Seitencrashtest ergab einen guten Schutz aller kritischen Körperbereiche.
Auch der Schutz beim schwereren Pfahlanprall ist laut Euro NCAP rundum gut. Tests an den Vordersitzen und Kopfstützen zeigten einen guten Schutz gegen Schleudertrauma, eine geometrische Bewertung der Rücksitze ergab ebenfalls einen guten Schleudertrauma-Schutz. Wie auch der Subaru Outback ist der Yaris serienmäßig mit einem Mehrkollisionsbremssystem ausgestattet, welches die Bremsen unmittelbar nach einem Aufprall betätigt und so verhindert, dass das Fahrzeug in einen Sekundäraufprall verwickelt wird. Auch er verfügt über ein e-Call-System, das im Falle eines Unfalls automatisch den Rettungsdienst alarmiert.
In der Fahrzeugklasse der SUV hat (Überraschung!) ein Japaner die Nase vorn: Der Nissan Qashqai katapultiert sich mit einem sehr guten Ergebnis im Bereich Insassenschutz Erwachsene (91 Prozent), Kinder (91 Prozent) und Assistenzsysteme (95 Prozent) auf den ersten Platz unter den Stadtgeländewagen. Einzig im Bereich „Ungeschützte Verkehrsteilnehmer“ wäre mit 70 Prozent noch deutlich Luft nach oben. Der Insassenschutz ist laut Euro NCAP sehr gut, das Verletzungsrisiko für Erwachsene überwiegend sehr gering bis gering, für Kinder ebenfalls sehr gering bis gering. Die Note im Bereich Fußgängerschutz, die sich unter anderem aus den Einzelkategorien Kopfaufprall, Beckenaufprall und Beinaufprall ergibt, zog den Quashqai in der Gesamtbewertung leider kräftig nach unten: Im simulierten Frontaufprall bei 40 km/h erreichte der Japaner nur 14,2 von 24 Punkten beim Kopfaufprallund 2,6 von 6 Punkten beim Beckenaufprall.
In der Kompaktklasse punktet zur Abwechslung ein deutscher Hersteller: Daimlers Mercedes A-Klasse holt sich mit den Traumwertungen 96, 91, 92, 75 den ersten Platz in dieser Fahrzeugklasse. Im Gegensatz zum Nissan Quashqai ist der Fußgängerschutz hier mit 92 Prozent aller möglichen Punkte ungewöhnlich hoch. Und auch Insassen dürfen sich in Sicherheit wähnen: Das Verletzungsrisiko ist für Erwachsene und Kinder durchgehend gering bis sehr gering. Ärgerlich: Die A-Klasse ist zwar mit umfangreichen Sicherheitssystemen ausgestattet, leider werden die im Praxistest aber nur mäßig bewertet: Der aktive Spurhalteassistent funktioniert nur ausreichend. Auch der Notfall-Spurhalteassistent reagiert nur grenzwertig. Der automatische Notbremsassistent funktioniert gut, hat aber bei um 50 Prozent versetzt vorausfahrenden Fahrzeugen Einschränkungen. Trotzdem gibt es auch ein technisches Schmankerl: Der intelligente persönliche Assistent, genannt MBUX, reagiert auf Stimm-Befehle und kümmert sich zum Beispiel um die Radiofrequenz oder die Innentemperatur. Dass die A-Klasse auch noch überdurchschnittlich pannensicher ist und beharrlicher Sieger im TÜV-Report, sei hier nur nebenbei erwähnt.
Den ersten Platz in dieser Kategorie streicht der BMW 3er ein. Die Limousine erreicht in der Gesamtwertung volle 5 Sterne und überschreitet die dafür erforderlichen Punktwerte deutlich. Auf allen Fahrgast-Plätzen besteht ein geringes bis sehr geringes Verletzungsrisiko, für die vorderen Sitze sind zusätzlich Seitenairbags verbaut, sogar an Knieairbags hat BMW gedacht. Somit landet der 3er in Sachen „Insassenschutz Erwachsene“ bei kaum zu übertreffenden 97 Prozent. Jeweils 87 Prozent beim Kinder- und Fußgängerschutz sprechen ebenfalls eine eindeutige Sprache. Lediglich im Frontalcrash besteht für die Halswirbelsäule eines Kindes ein geringes Verletzungsrisiko – für alle anderen Körperteile ein sehr geringes. Die Sicherheitsassistenten funktionierten im Test durchweg gut. Einzig ein beherzt eingreifender Notfall-Spurhalteassistent ist nicht verbaut.
Wer besonders hohen Wert auf das Sicherheitsniveau für Kinder legt, der landet bei einem anderen deutschen Hersteller: Gleich mit vier verschiedenen Modellen knackt Mercedes die 90 Prozent-Marke bei der Kindersicherheit: Der Elektro-SUV Mercedes EQC und das Mercedes E-Klasse T-Modell mit jeweils 90 Prozent sowie der CLA Plug-in Hybrid und die Mercedes A-Klasse mit jeweils 91 Prozent.
Jein. Nimmt man die Durchschnittswerte aller Prüf-Kategorien und vergleicht die Fahrzeugklassen, ergibt sich für schwere SUV tatsächlich ein kleiner Prozentvorsprung. Die Top 10 der schweren SUV liegen mit einem Durchschnittswert von 85,6 Prozent leicht vor den Familienautos mit 83,6 Prozent und deutlich vor den Kleinwagen mit 79,2 Prozent. Überraschend allerdings: Ihren Punkte-Vorteil gegenüber kleineren Wagen holen sich die Dickschiffe nicht etwa über die bessere Knautschzone und den damit verbundenen höheren Schutz der Insassen, sondern primär über bessere Assistenzsysteme und einen besseren Fußgängerschutz. So liegen die Top 10 der Familienautos im Schnitt mit 94,6 Prozent im Schutz für Erwachsene sogar minimal vor den zehn besten schweren SUV, die hier bei 93,2 Prozent liegen. Beim Schutz für Kinder haben dagegen die Kompaktwagen die Nase knapp vorn: Mit durchschnittlich 85,6 Prozent gegenüber 85,5 Prozent bei den schweren SUV.
Nimmt man den Wert für Erwachsenen- und Kinderschutz gemischt, liegen Modelle aus allen Fahrzeugkategorien vorne beinahe gleichauf: Der Volvo XC60 – in dieser Hinsicht der Beste unter den schweren SUV – liegt mit seinen 1.869 Kilo Startgewicht exakt gleichauf mit dem 1.103 Kilo leichten Fahranfängermodell Renault Clio: Beide schützen ihre Insassen mit durchschnittlich 92,5 Prozent ausgezeichnet. Den klassenübergreifend besten Wert im Bereich Insassenschutz für alle Fahrgäste bietet die 1.370 kg leichte Mercedes A-Klasse mit 93,5 Prozent.
Wenig erfreulich waren leider die Ergebnisse des Elektroflitzers Renault Zoe: Mit 0 von 5 Punkten fiel das meistverkaufte Elektroauto Europas im Euro NCAP-Test glatt durch. Der französische Autohersteller – in der Vergangenheit oft Vorreiter bei der Crashsicherheit – hat die seit 2020 gestiegenen Anforderungen von Euro NCAP scheinbar nicht ernst genug genommen. Beim Crashtest im Jahr 2013 hatte der Renault Zoe noch alle fünf Sterne bekommen. Jetzt bekommt er – trotz Facelift – keinen einzigen mehr. Grund dafür ist unter anderem die Aufpreis-Politik des Renault-Konzerns: Die aktuelle Basisversion wird serienmäßig komplett ohne Assistenzsysteme ausgeliefert. Einzig ein Gurtwarnsystem ist für alle Sitzplätze serienmäßig und bringt dem Zoe immerhin noch magere 14 Prozent im Bereich Sicherheitsassistenten ein. Auch die Kopfairbags werden seit dem Facelift nur noch gegen Aufpreis angeboten. Aber auch in den Disziplinen, die die Fahrzeugkonstruktion in den Vordergrund stellen, zeigt sich, dass der Renault Zoe technisch nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Der Insassenschutz ist gering, das Verletzungsrisiko für Erwachsene je nach Aufprallart gering bis hoch, für Kinder sehr gering bis sehr hoch.
Das sicherste Auto der Welt bringt nichts, wenn einige Grundregeln nicht beachtet werden:
Dazu gehört als allererstes: Ablenkung vermeiden. Gerade Telefonieren, Nachrichten schreiben und Surfen im Netz lenken vom Geschehen auf der Straße ab und gefährden Fahrer, Beifahrer und andere Verkehrsteilnehmer. Nicht umsonst sorgen Smartphones für mehr Verkehrstote als Alkohol am Steuer. Ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Risiko: Nicht fachgerecht gesicherte Ladung. Harmlose Gepäckstücke können bei einer Vollbremsung zum gefährlichen Geschoss werden, wenn sie nicht ausreichend gesichert sind. Zum eigenen Schutz sollte man darauf achten, Kleinteile möglichst im Handschuhfach zu verstauen und größere Gegenstände hinter den Vordersitzen oder im Kofferraum zu platzieren.
Die Euro NCAP Tests zeigen, dass es ein weitverbreiteter Mythos ist, dass große, schwere Autos automatisch auch mehr Schutz bieten. Vor allem im Bereich Insassenschutz erzielten minimalistische Kleinwagen und bodenständige Kompakte ebenso gute Ergebnisse wie Fahrzeuge aus dem SUV-Segment. Das sind gute Nachrichten für die Kunden.