Zeiten ändern sich, in diesem Fall geht es aber nur bedingt um die derzeit vorherrschende Corona-Situation. Sie ist zumindest Auslöser für die Tatsache, dass in einem Großkonzern wie VW auch Vorstandssitzungen zur Entscheidung über das Design künftiger Modelle in Form von Videokonferenzen abgehalten werden.
Unter großer Geheimhaltung wird einige Jahre vor Marktstart das finale Aussehen eines neuen Autos von den Chefs abgesegnet, dann kann auch der Bau von Prototypen für die Erprobung und Entwicklung des Gesamtfahrzeugs beginnen.
Es gibt Mannschaften, deren Job die Tarnung der Autos ist. Andere sichern die Testgelände oder stehen im Norden Skandinaviens sowie im heißen Death Valley Schmiere, um die noch nicht präsentierten Autos vor den Kameralinsen neugieriger Fotografen fernzuhalten. Und es gibt soziale Medien.
Herbert Diess zeigt SUV-Design bei LinkedIn
Eine solche Plattform, nämlich das Business-Netzwerk LinkedIn, hat der VW-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess jetzt für einen Gruß aus der digitalen Welt genutzt.
„Heute haben wir zum ersten Mal Fahrzeugdesignrichtungen online entschieden“, schreibt der oberste Manager in Wolfsburg. „Normalerweise treffen wir uns dafür entweder in unserem Designzentrum Martorell oder in den jeweiligen Markendesigns. Heute haben wir die Entwürfe unserer Konzernmarken virtuell beurteilt. Für mich sehr überzeugend: Das Design des neuen Tiguan und seiner Schwestermodelle in aller Welt. Unser derzeit meistverkauftes Modell im Konzern bekommt einen attraktiven Nachfolger.“
Im Hintergrund ist die Computerdarstellung eines kompakten VW-SUV zu sehen. Der neue VW Tiguan?
2020 kommt das Facelift des Tiguan
Die aktuelle Generation des globalen Bestsellers der Marke ist seit 2016 auf dem Markt. Für dieses Jahr ist die Premiere eines Facelift-Modells mit neuer Front und einem aktualisierten Infotainmentsystem auf Basis des MIB 3 (Modularer Infotainmentbaukasten, 3. Generation) geplant. Auch die mit dem VW Golf 8 präsentierten Mild-Hybride sollen dann in den Tiguan einziehen, ebenso eine Variante als Plug-in-Hybrid. Ein neuentwickelter Nachfolger dürfte also noch gut drei Jahre auf sich warten lassen.
Das gefällig gestaltete SUV auf dem Monitor hinter Herbert Diess zeigt deutliche Ähnlichkeiten mit dem aktuellen VW Touareg. Das spricht aus Sicht der Markenfamilie für die Annahme, dass es sich hier um einen Entwurf zum neuen Tiguan handelt.
Gleichzeitig darf man aber auch die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass Bild und Text beim Beitrag von Herbert Diess gar nicht zusammengehören. Das abgebildete Modell könnte auch eines der vielen Kompakt-SUV für die Joint Venture – Unternehmen in China, für Südamerika oder den indischen Markt zeigen.
So ganz unbedarft wird Herbert Diess auch in den Zeiten von Home-Office und Videokonferenzen keine Geheimnisse ausplaudern. Auch jetzt dürfte Berater und Strategen an seiner Seite sein. Was bleibt ist die nicht überraschende Erkenntnis, dass der Nachfolger des VW Tiguan bereits in Arbeit ist (alles andere wäre auch verwunderlich) und dass sein Design dem Chef gefällt. Was wir auf dem wirklich Bild sehen können, wird gewiss (noch) nicht verraten. (Text: Bernd Conrad | Bilder: Hersteller)