Während Automobilmessen für viele Hersteller scheinbar ihren Reiz verloren haben und die meisten Neuheiten peu à peu nach Salamitaktik serviert, enthüllt und in die Welt getragen werden, setzen die Stuttgarter auf ein klassisches Premieren-Event am Vorabend der Los Angeles Show. Im hauseigenen Experience Center, wo sich Markenfans an der US-Westküste vom Porsche-Charme einlullen lassen können, hat Firmen-Chef Oliver Blume höchstpersönlich das Geheimnis um die nunmehr achte Generation des Sportwagens gelüftet. Dass es dabei keine großen Überraschungen gab, war zu erwarten. Der 911 ist ein zeitloser Klassiker, der nie aus der Mode kommen wird – und den man nur behutsam anfassen darf. Auch der neue Elfer bleibt der Design-DNA treu, obwohl die Kreativen in Zuffenhausen noch mal ordentlich Hand angelegt haben. Vor allem die Radhäuser hat man noch mal deutlich verbreitert; was ihn von vorne noch muskulöser macht, wirkt in der Rückansicht allerdings leicht pummelig. Dem wahrscheinlich im kommenden Jahr folgenden Targa aber könnte der kräftige Hintern dafür umso besser stehen.
Störende Endrohre
Was hinten aber am meisten stört, sind die Endrohre. Fast hat es den Anschein, als seien sie den Designern am Schluss noch in die Quere gekommen und man hatte sie an eine beliebige Stelle gesetzt. Immerhin: Der ausfahrbare, breitere Heckspoiler und das durchgehende Leuchtenband können davon ablenken. Doch wozu überhaupt noch Endrohre? Schließlich ist die achte Generation mit nur wenigen Handgriffen elektrifizierbar. Bis es soweit ist, dass ein Elfer lautlos sportelt, muss die Batterieentwicklung noch deutliche Fortschritte machen – gegenwärtig sind die Energieträger für Porsche-typischen Fahrspaß noch zu schwer. Zur Mitte der Bauzeit sind aber schon in dieser Generation Hybrid-Antriebe realisierbar.
Dass ein Klassiker nicht in allen Punkten traditionell sein muss, zeigen übrigens neue Details wie die bündigen Türgriffe, die elektrisch ausgefahren werden. Und noch moderner geht es im Innenraum zu: Hier dominiert ein neues 10,9 Zoll großes Touchscreen-Infotainmentsystem die Mittelkonsole, das dem Fahrer dank Schwarmdaten-basierter Online-Navigation den richtigen Weg weist. Darunter gibt es noch eine fünftastige Schaltereinheit, über die sich die wichtigsten Fahrzeugfunktionen steuern lassen; der Rest ist ordentlich aufgeräumt und übersichtlich. Ganz porschetypisch blickt der Fahrer auf einem mittig positionierten Drehzahlmesser, der geschmeidig von zwei rahmenlosen Freiform-Displays eingeschlossen wird.
Wieder mehr Leistung
Was sich von selbst versteht: Natürlich wird ein neuer Elfer nicht ohne mehr Leistung auf die Räder gestellt. Der klassische Sechszylinder-Boxermotor im 911 Carrera S und 911 Carrera 4S leistet nun 450 PS, das sind 30 PS mehr als beim Vorgänger. Beide Modelle sind in unter vier Sekunden auf Landstraßentempo gebracht, der Hinterradler in 3,7, der Allradler in 3,6. Mit dem optionalen Sport-Chrono-Paket verkürzt sich die Zeit wie üblich um weitere 0,2 Sekunden. Die Maximalgeschwindigkeit beträgt knapp über 300 km/h und beide Modelle begnügen sich laut offizieller Messung wie bisher mit rund neun Liter Sprit.
Wer es auf der Straße allerdings richtig krachen lässt, der wird den Durst schnell in den zweistelligen Bereich treiben. Noch ein paar Stellen mehr gibt’s dagegen beim Preis: Das neue Modell startet in Deutschland ab 120.125 Euro für den 911 Carrera S und 127.979 Euro für den 911 Carrera 4S; das günstigere Basis-Modell ohne S folgt erst später, genauso wie der erwähnte Targa. Und das Cabrio. Und der Turbo. Und der GTS…
Mit Schietwetter-Modus
Für den happigen Tarif gibt es immerhin eine neue, serienmäßige Funktion: Der kommende Elfer lässt einen nämlich nie im Regen stehen, dafür sorgt der „Wet Mode“. Dieser Helfer erweitert die Assistenz-Armada und erkennt Wasser auf der Straße, trimmt das Fahrzeug auf die regnerische Situation und warnt den Fahrer. Per Tastendruck oder Dreh-Schalter am Lenkrad (im Sport Chrono-Paket) kann der Sportler so besonders sicherheitsbetont gefahren werden.
Neben der Schietwetter-Funktion kann der neue 911er zum ersten Mal übrigens auch mit Nachsichtassistent und Wärmebildkamera ausgestattet werden. Und wer den aufpreispflichtigen Abstandsregeltempomaten bei der Bestellung ankreuzt, bekommt die automatische Distanzregelung, eine Stop-and-Go-Funktion, einen verbesserten Insassenschutz und den neuen Nothalteassistenten gleich mit dazu.
Digitale Services
Neben der überarbeiteten Hardware hat Porsche auch drei neue digitale Angebote für den achten Elfer ersonnen: Mit „Porsche Road Trip“ gibt es einen Service, der den Fahrer bei der Planung und Organisation besonderer Touren unterstützt. Neben exklusiven Hotels und Restaurants empfiehlt der Assistent Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkte entlang der Strecke. Ähnlich funktioniert „Porsche 360+“, ein Lifestyle-Assistent, der den Kunden rund um die Uhr zur Verfügung steht und exklusive Erlebnisse möglich machen will – die auch nur indirekt mit dem Auto zu tun haben können.
Dritter Helfer ist „Porsche Impact“, der ein Emissions-Kalkulator ist. Porsche Impact soll die Welt ein kleines Stück besser machen: Das System errechnet finanzielle Beiträge, mit denen man seinen CO2-Fußabdruck kompensieren kann – natürlich freiwillig. Der Kunde kann zudem frei bestimmen in welches international zertifizierte Klimaprojekt sein Beitrag fließen soll.