Erneut steht nun ein Generationswechsel an. Aus der Baureihe 222 (Debüt 2013, seitdem wurden mehr als eine halbe Million Einheiten produziert) wird nun die Baureihe 223. Wie zuvor trägt die S-Klasse je nach Länge dabei unterschiedliche Buchstaben. Das W vor der 223 steht für die kürzestes Version (5,21 Meter). V ist mit 5,32 Meter die Langversion und verkörpert die „normale“ S-Klasse, für die sich bei der vorigen Generation neun von zehn Kunden entschieden. Das Z ist einzig der stark verlängerten (5,50 Meter) Mercedes-Maybach-Version vorbehalten.
Beim Design gibt man sich zurückhaltend
Der große optische „Wow“-Effekt stellt sich bei der neuen Generation nicht ein. Die S-Klasse bleibt eine klassische Stufenhecklimousine ohne Firlefanz und modischen Schnick-Schnack. Ihr Anspruch ist Präsenz und zeitlose Eleganz. „Lautes“ Design, muskulöse Schultern oder eine aggressive Front hatte sie nie nötig. Schließlich muss die „Sonderklasse“ global gefallen und soll vor allem keine treuen, konservativen Kunden verprellen. Die Loyalitätsrate liegt in Westeuropa bei 80, in den USA bei 70 Prozent. Ein sehr hoher Wert.
Hightech-Scheinwerfer und versenkbare Türgriffe
Wer genauer hinschaut, erkennt bei der neuen S-Klasse erstmals versenkbare Türgriffe und Hightech-Scheinwerfer, wie es sie in der Branche bislang nicht gab. Es nennt sich „Digital Light“. In jedem Scheinwerfer sitzt ein Modul mit drei extrem starken LEDs, deren Licht mit Hilfe von 1,3 Millionen Mikrospiegeln gebrochen und gerichtet wird. Im Ergebnis ergibt dies eine einmalig präzise und helle Ausleuchtung, wogegen normale Scheinwerfer fast wirken wie eine müde Taschenlampe.
Die Insassen im Fokus
Mit noch viel mehr Hightech geht es unter dem Blech weiter. Die S-Klasse steckt voller Innovationen, und dies in jeder Disziplin, egal, ob es um Sicherheit, Komfort, Qualität, Bedienung, Konnektivität oder Effizienz geht. „Es ist unser Anspruch, das beste Automobil der Welt zu bauen“, sagt Konzernchef Ola Källenius. Nie zuvor standen dabei der Fahrer und die Insassen bei der Entwicklung eines Autos derart im Mittelpunkt wie dieses Mal. Es galt, die drei wichtigsten Kriterien der S-Klasse wieder in Bestform zu bieten: Komfort, Komfort und nochmal Komfort.
S-Klasse wird zum Wellness-Tempel
Das Interieur geriet daher zu einer Art Wellness-Tempel, eine Wohlfühl-Lounge mit feinsten Materialien, schönen Düften, gefilterter und klimatisierter Luft, sanfter Massage (es gibt zehn Programme) und 4D-Musik. Zudem hat sich der Innenraum vollends zum sogenannten „third place“ entwickelt, einem Refugium zwischen Zuhause und Arbeitsplatz. Die Digitalisierung geht bis ins Detail. Nahezu alle Komfortfeatures, die Konnektivität oder die Navigation lassen sich per Sprachbefehl steuern. Zudem bietet Daimler ein ganzes Bündel von Online-Diensten. Ein „Hey Mercedes“ genügt zur jeweiligen Aktivierung. Der Sprachassistent kann sogar von den Gästen im Fond genutzt werden. Und zur Freischaltung des „Mercedes Me Account“ genügt es, den Zeigefinger auf eine Mini-Sensorfläche zu legen, ähnlich wie bei einem Apple-Notebook.
Revolte im Innenraum
Die Designer haben das Ganze in ein Layout gepackt, das für die S-Klasse als revolutionär gilt. Viele Knöpfe und Schalter sind verschwunden. Den dominierenden Teil bildet der senkrecht ausgerichtete Bildschirm in der Mittelkonsole (ähnlich wie im Tesla Model S), groß wie ein Tablet-Computer, hoch aufgelöst und mit viel Rechenleistung versehen. Das digitale Instrumentenkombi hinter dem Lenkrad kann in vier unterschiedlichen Anzeigestilen konfiguriert werden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit einer 3D-Darstellung, ohne dafür eigens eine 3D-Brille tragen zu müssen. Eine Kamera im Display erfasst dabei die Augen des Fahrers.
Head-up-Display mit Augmented Reality
Und selbstverständlich verfügt die S-Klasse über ein überdimensionales Head-up-Display, in das über Augmented Reality (AR) zum Beispiel animierte Abbiegepfeile virtuell und passgenau über die Fahrbahn gelegt werden, so als wären sie tatsächlich auf der Straße. „Für den Fahrer ist das so, als würde er zehn Meter vor dem Auto auf einen 77 Zoll großen Bildschirm schauen“, erläutert Produktmanager Robin Bittner.
Automatisiert bis Level 3, aber nicht sofort
Neue Maßstäbe wollen die Stuttgarter Autobauer auch beim assistierten Fahren setzen. Dass sämtliche, heute übliche Systeme an Bord sind, versteht sich von selbst. Die S-Klasse geht allerdings noch ein Stück weiter, sie ist Level-3-fähig. Das heißt, der Fahrer braucht in bestimmten Situationen, beispielsweise auf der Autobahn, seine Hände nicht mehr am Lenkrad zu haben und kann sich anderen Dingen zuwenden, wie Internet-Surfen oder E-Mails bearbeiten. Noch ist dies allerdings auf unseren Straßen nicht erlaubt. Mercedes rechnet mit der Freigabe im Herbst 2021.
Parken geht morgen digital
Noch einen Schritt weiter geht man beim vollautomatisierten Parken. Nach dem Aussteigen aller Insassen ist die S-Klasse bei Parkhäusern mit Automated Valet Parking (AVP) in der Lage, sich selbstständig einen leeren Platz zu suchen. Per Smartphone-Befehl kann der Fahrer seinen Wagen auch wieder zu einer vorher definierten Abholfläche vorfahren lassen. Bei so viel Elektronik und Digitalisierung treten konventionelle Dinge wie Antrieb und Fahrwerk fast in den Hintergrund. Aber auch sie sind auf dem neuesten Stand der Technik. Eine vollelektrische S-Klasse wird es allerdings nicht geben. Diese Aufgabe übernimmt im nächsten Jahr der EQS.
Zu Beginn nur mit Sechszylindern
Die Benzinmodelle heißen S 450 4Matic und S 500 4Matic. In beiden sitzt der neue 3,0-Liter-Reihensechszylinder mit 48-Volt-Mild-Hybrid-Technik, einmal mit 270 kW/367 PS und einmal mit 320 kW/435 PS. Die S-Klasse als Diesel gibt es als S 350 d mit Hinterrad- und als S 350 d 4Matic mit Allradantrieb (jeweils mit 210 kW/286 PS) sowie als S 400 d 4Matic mit 243 kW/330 PS. Alle Versionen fahren mit einer 9-Gang-Automatik vor. Im nächsten Jahr soll eine Plug-in-Hybrid-Version mit 270 kW/367 PS und einer elektrischen Reichweite von 100 Kilometer folgen, auch der 12-Zylinder für die Maybach-Version scheint noch nicht vollends begraben zu sein (Fahrzeuge stehen noch nicht zum Verkauf, Homologation vorläufig. Die Werte der genannten Fahrzeuge: Kraftstoffverbrauch kombiniert: 17,0-2,1 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 22,2-11,0 kWh/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 397-0 g/km²).
Optimal gefedert
Serienmäßig steht die neue S-Klasse auf der Luftfederung Airmatic. Optional gibt es das aktive Fahrwerk E-Active Body Control, bei dem an jedem Rad die Feder- und Dämpferkräfte individuell geregelt werden können. Komfortabler lässt es sich laut Daimler derzeit wohl nicht über Straßen schweben. E-Active-Body-Control ist sogar in der Lage, bei einem drohenden Seitenaufprall das Auto auf der entsprechenden Seite in Millisekunden um acht Zentimeter anzuheben. Der damit höhere Seitenschweller liefert so einen deutlich besseren Insassenschutz.
S-Klasse erstmals mit Hinterachslenkung
Viele Gedanken haben sich die Ingenieure auch um die Handlichkeit des mindestens 5,32 Meter langen Flaggschiffs gemacht. Erstmals kommt die die S-Klasse mit einer mitlenkenden Hinterachse. Die Räder können bis zu zehn Grad drehen und reduzieren den Wendekreis damit um zwei Meter im Vergleich zum Vorgänger.
Markstart und Preise
Preislich reduziert sich allerdings nichts. Wie zu erwarten, gibt es so viel Luxus und Hightech nicht zum Schnäppchen-Preis. Starten soll die, im neuen Werk 56 in Sindelfingen produzierte, S-Klasse als S 350 d aber noch bei knapp unter 100.000 Euro. Die Bestellbücher öffnen voraussichtlich Mitte September. Noch Ende des Jahres sollen dann die ersten Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert werden. (Text: tv, ms/sp-x | Bilder: Hersteller)