Wer an diesem Abend durch die Autostadt von Wolfsburg schlenderte, dürfte sie bemerkt haben: Diese gewisse Anspannung. Die, die selbst die professionellsten unter den Profis nicht eiskalt lässt. Das ist bei einem absoluten Volumenmodell wie dem VW Golf nur allzu verständlich und erst recht, wenn es sich um die Präsentation einer völlig neuen Generation handelt. Generation Acht, wohlgemerkt. Die Generation, die es über die gesamte Bauzeit des Begründers einer eigenen Fahrzeugklasse wohl auch rückblickend betrachtet am schwersten haben dürfte. Vielleicht wurde deshalb auch vorab schon Gin Tonic gereicht.
Der Golf 8 und sein konzerninterner Konkurrent
Das Thema Elektromobilität, es ist ein großes, über das an diesem Abend nur wenige bis keine Worte verloren werden. Das überrascht wenig angesichts der Selbstverpflichtung von Volkswagen, den vollelektrischen ID.3 aus dem runderneuerten Werk Zwickau in den Markt zu drücken. Was kein Fehler sein muss. Doch der ID.3 wildert im Golfrevier, völlig klar. Er will, ja er soll auch nach dem Willen seiner Schöpfer dem Golf die Kunden abgraben, auch wenn das natürlich niemand ausspricht. Doch das alles hat Geld, viel Geld gekostet und wird auch noch stattliche Summen verschlingen. Und hierfür braucht es ein Modell, das Geld hereinbringt. Womit man letzten Endes wieder beim Golf landet.
Der Altmeister Golf will es noch einmal wissen
Der Golf ist der Heilsbringer in der Volkswagenwelt. Er war es immer schon, ob er es bleiben wird steht auf einem anderen Blatt. Die Emotionalität, mit der die sonst so rationalen Niedersachsen ihr neues Werk präsentierten, suchte man bei bisherigen Vorstellungen - auch der des ID.3 - vergebens. Was auf Abschied und Neubeginn gleichermaßen hindeuten könnte. Was es auf jeden Fall zeigt: Abgeschrieben ist das Alteisen Golf noch lange nicht. Selbst Generation sieben stellte im verflixten siebten Jahr seiner Produktion einen Rekord nach dem anderen auf: 2019 stellte sie über ein Viertel aller neuzugelassenen Fahrzeuge ihrer Klasse. Der Golf spült mit Masse Geld in die Kassen des Konzerns, nicht unbedingt mit Marge. Und das muss er weiterhin, so lautet die Zielsetzung der Führung. Auch, um den ID.3 mitzutragen. Man könnte auch sagen: Mittlerweile kann der Eine nicht mehr ohne den Anderen.
Verbrennungsmotoren, CNG und Plug-In-Hybride müssen reichen
Damit das funktioniert, setzt der VW Golf 8, so komisch es sich auch anhört, in weiten Teilen auf die Verbrennertechnologie. Aus Sicht des Konzerns ist das auch vollkommen nachvollziehbar: Die Masse kauft Verbrenner, egal ob Diesel oder Benziner. Sie ist dafür auch nicht zu verteufeln, vielmehr ist es die Elektromobilität, die die Masse schlichtweg - noch - nicht überzeugt. Das will der Golf nicht ändern, das soll er auch gar nicht. Weshalb er auch im Jahr 2019 mit reinen Verbrennungsmotoren zwischen 90 und 150 PS in den Verkaufsraum fahren wird. Mit 90 und 110 PS stehen zwei Dreizylinder-Benziner bereit. Darüber rangieren die Zweiliter-Diesel mit 115 und 150 PS. Diese sollen deutlich weniger verbrauchen und dank zweier SCR- Katalysatoren um 80 Prozent weniger Stickoxide ausstoßen. GTI und Golf R kommen später ins Programm.
Das Thema Elektrifizierung geht VW beim Golf also nur bedingt an. Einen e-Golf wird es künftig nicht mehr geben, diesen Part übernimmt der ID.3. Dafür wird es vom Golf 8 zwei Plug-In-Hybrid-Varianten geben, der GTE wird 245 PS leisten, eine schwächere Variante übernimmt den bisherigen GTE-Antrieb mit kombinierten 204 PS. Im Übrigen sind Mildhybrid-Varianten (eTSI) verfügbar, die wie im VW-Konzern bekannt die herkömmlichen Verbrennungsmotoren (90, 110 und 130 PS) mit einem 48-Volt-Netz koppeln und mit den damit möglichen Funktionen abermals kräftig Emissionen einsparen sollen. Ferner wird es erneut einen Erdgas-Golf (TGI) mit nunmehr 130 PS Leistung geben.
Der Golf sagt "Hallo" zur digitalen Welt
Der VW Golf 8 basiert wie auch schon der Golf 7 auf dem (nun modifizierten) Modularen Querbaukasten (MQB), weshalb sich seine Abmessungen auch nicht sonderlich im Vergleich zum Vorgänger verändern. Drei Zentimeter mehr in der Länge fallen nicht ins Gewicht, im Übrigen ist der Golf 8 sogar einen Zentimeter schmaler als der Golf 7, was sich im Interieur jedoch nicht negativ bemerkbar macht. Dort findet neben der veränderten Optik des Exterieurs eine spürbare Veränderung statt. Analoge Instrumente existieren in der Golf-Welt nicht mehr, stattdessen gibt es Displays und Touch-Oberflächen, soweit das Auge reicht. Herkömmliche Schalter sind bis auf die gesetzlich verpflichtenden (Warnblinklicht) nicht mehr vorhanden. Das macht den Innenraum aufgeräumter, ob er sich besser bedienen lässt, wird die Zukunft zeigen. Wir empfanden die erste Sitzprobe als durchaus angenehm und sehr luftig, ob die extrem schmutzanfälligen Hochglanzoberflächen weit und breit den allgemeinen Geschmack treffen, bezweifeln wir derweil getrost. Aber die Masse wird darüber womöglich ebenso hinwegsehen wie über die nunmehr fehlenden Haltedämpfer der Motorhaube. Als hilfreich wird sie dafür mit Sicherheit die Car2X-Kommunikation empfinden, über die der Golf 8 stets serienmäßig verfügt. Damit kann er mit den Signalen der Verkehrsleitsysteme und anderen Verkehrsteilnehmern kommunizieren und den Fahrer gegebenenfalls vor Gefahren in seinem Umfeld warnen kann, bevor dieser sie überhaupt erkennen kann. Ferner werden der sogenannte "Travel Assist" (assistiertes Fahren auf der Autobahn bis 210 km/h) sowie weitere Online-Unterstützungen wie "Alexa" verfügbar sein.
Umfangreiche Serienausstattung
Die Grundausstattung ist durchaus beachtenswert, auch wenn Kunden sich umgewöhnen müssen: Trendline, Comfortline oder Highline stehen nicht mehr in der Preisliste. Stattdessen startet der neue Kompakte als "Golf", darüber rangieren "Life" und "Style" sowie die "R-Line"-Variante. Doch schon der normale "Golf" wird bereits Features wie LED-Scheinwerfer (und -Rückleuchten), das digitale Cockpit samt Multifunktionslenkrad, eine Klimaautomatik und diverse Assistenzsysteme serienmäßig bieten. Ab Anfang Dezember steht der neue VW Golf 8 beim deutschen Händler. Preise hat man noch nicht genannt, man munkelt jedoch von einem Einstiegspreis von weniger als 20.000 Euro. (Text und Bild: Maximilian Planker)