Natürlich: Unterm Blech haben die Ingenieure gründlich ausgemistet und sich Hightech-Spielereien ausgedacht, und auch ein gutes Stück gewachsen ist der Hochbeiner. Doch dem Design-Team unter der Ägide des Niederländers Adrian van Hooydonk scheinen entweder die Ideen, oder die Befugnisse ausgegangen zu sein. Sie haben die alten Lederhosen vom Vorgänger nur ein bisschen zurecht gezupft. Tappen die Münchner jetzt in die Audi-Falle? Oder schafft es der neue Marken-Desinger Jozef Kabaň das Ruder herum zu reißen? Auf die Optik des neuen X5 dürfte Jozef Kabaň keinen Einfluss gehabt haben. Der Ex-Skoda-Designer kam erst im vergangenen Jahr nach München, da war der X5 schon so gut wie fertig. Seine Handschrift sehen wir wahrscheinlich erst 2021 oder 2022 auf der Straße. Alles was vorher kommt, entspringt noch der Feder seines Vorgängers Karim Habib, der inzwischen zu Infiniti gewechselt ist.
Vorne stattlich, hinten seltsam
Was hat Habib aus dem X5 gemacht? Stattlich tritt das um drei Zentimeter auf 4,92 Meter Länge gewachsene SUV auf, satte sieben Zentimeter kamen in der Breite hinzu. Die Kühlergrill-Niere, die wir wie die Scheinwerfer von der X7-Studie kennen, scheint ins unermessliche wachsen zu wollen, gleiches gilt für die Lufteinlässe. Alles ein bisschen überdimensionierter, aber doch nicht so richtig neu – ein Überraschungsmoment ist das nicht. Den gibt es höchstens von hinten: Die einst so klassische L-Form der Rücklichter scheint endgültig passé zu sein, stattdessen gibt es in die breite gezogene Schmollmund-Leuchten, die sich in eine irgendwie recht zerklüftete Heckansicht einfügen. Man könnte fas meinen, Kabaň habe hier in letzter Sekunde und mit aller Gewalt noch ein paar Änderungen reingedrückt – denn so richtig zum Rest des SUV will das dicke Ende nicht passen.
Nun sind kleine bis kleinste Änderungen am Design bei Neuauflagen inzwischen salonfähig; spätestens seit Audi diese Praxis jahrelang durchexerziert hat. Und auch wenn das Ächzen und Stöhnen in der Fachwelt bei jedem neuen Modell vorprogrammiert war – „Sieht aus wie immer!“, „Schon wieder das gleiche Design!“ –, so gab der Erfolg den Ingolstädtern doch recht. Und ist es nicht das größte Lob, wenn einem andere nacheifern? Der Blick nach Göteborg zu Volvo dürfte Wasser auf Audis Mühlen sein, oder eben nach München.
Kommt der Aha-Moment?
Allerdings, und das hat Audi inzwischen erkannt: Erfolg hin oder her, man darf sich nicht in eine Design-Schiene verrennen. Inzwischen hat in Ingolstadt der passionierte Segler Marc Lichte das Ruder in der Hand und führt die Marke behutsam aber mit Nachdruck zu einer neuen Design-Sprache und setzt nicht nur auf deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Generationen, sondern auch innerhalb der Modellpalette.
So weit ist BMW noch nicht, einen 7er von einem 5er unterscheiden zu können, erfordert schon viel Detailwissen und es gilt zu befürchten, dass auch der neue 3er sich nahtlos in den Reigen einreiht – wie es übrigens auch C-, E- und S-Klasse bei Mercedes tun. Und das Lieschen Müller den neuen X5 nicht nur mit seinem Vorgänger, sondern auch mit dem ebenfalls recht frischen X3 verwechselt, steht auch zu befürchten. Spannend bleibt, ob Kabaň in ein paar Jahren den Münchnern wieder zu einem Aha-Moment verhelfen kann, wie einst Chris Bangle mit dem damals radikal anderen 7er.
Hightech vom Feinsten
Bis es soweit ist, brauchen X5-Kunden – und alle anderen BMW-Käufer – freilich keine Angst zu haben, irgendeinen Fehler zu machen: Natürlich wird das neue SUV nochmal in allen belangen besser sein als sein Vorgänger. Es gibt Laserlicht mit 500 Metern Reichweite, ein volldigitales Cockpit, neue Klimasteuerung, neue Sitze mit Massagefunktion, ein größeres Panoramadach mit Sternenhimmel-Optik, einen Smartphone-Schlüssel und frisches Ambientelicht, dass sogar einen Telefoanruf durch Pulsieren ankündigen kann.
Es gibt Spielereien, wie neuartige Aluschienen im Laderaum, deren Gummieinlagen sich bei der Fahrt oder beim Parken am Hang automatisch nach außen Wölben, und so das Gepäck vorm Verrutschen sichern. Und erstmals gibt es auch ein Offroad-Paket, dass dem eher dynamischen Vertreter des Segments bislang verwehrt war. Damit ziehen eine Differenzialsperre an der Hinterachse, Gelände-Fahrprogramme und ein bisschen (optischer) Unterfahrschutz in den X5 ein.
Drei Motoren für Europa
Allradantrieb ist sowieso Pflicht bei den Münchnern, zum Marktstart im November stehen vier Motoren auf dem Programm – von denen aber nur drei nach Europa kommen. Den X5 xDrive50i mit 462 V8-PS enthält BMW seinem Heimatkontinent vor, wer einen Benziner will muss auf den Dreiliter-Reihensechszylinder xDrive40i mit immerhin 340 PS und 450 Newtonmeter zurückgreifen. Der bringt das SUV in 5,5 Sekunden auf Tempo 100, streicht aber sieben Zähler vor dem elektronischen Tempobegrenzer die Segel – bei 243 km/h. Will man maximalen Top-Speed, ist der X5 M50d die richtige Wahl. Der stemmt 400 PS und 760 Newtonmeter Drehmoment auf die Kurbelwelle. Mehr als ausreichend dürfte aber auch der ebenfalls drei Liter große Sechszylinder im xDrive30d mit 265 PS und 620 Newtonmeter sein.