Der Audi e-tron GT war und ist ein Leuchtturmprojekt von Audi-Chef Markus Duesmann. Bereits bevor der Manager von BMW zu Audi wechselte, war das viertürige Coupé allerdings in Planung, erstmals gezeigt wurde es auf der Los Angeles Motor Show im Jahr 2018. Damals hieß es, dass die Serienproduktion bereits 2020 starten könne, nun ist es eben das Jahr 2021 geworden.
Schon 2019 begann Porsche die Fertigung ihres „Mission E“. Als Porsche Taycan verkauft er sich, nach Unternehmensangaben, wie geschnitten Brot. Auch die Corona-Pandemie konnte dem Erfolg des ersten Porsche-Elektroautos augenscheinlich nichts anhaben. Gute Vorzeichen also für die E-Limousine von Audi?
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Audi e-tron GT mit 488 km Reichweite
Grundlegend teilen sich beide Fahrzeuge die technische Basis, bauen auf der eigens geschaffenen J1-Plattform auf und nicht wie gerne behauptet, auf dem zukünftigen PPE-Baukasten (Premium Plattform Electric) des VW-Konzerns. Die vorläufige Basisversion, der Audi e-tron GT quattro (Stromverbrauch kombiniert (NEFZ): 19,6-18,8 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²), verfügt mit netto 86 kWh über eine etwas leistungsfähigere Batterie als der Basis-Taycan (Stromverbrauch kombiniert: 28,7-28,0 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²) mit Performancebatterie Plus-Paket (83,7 kWh) und soll laut Werk über eine WLTP-Reichweite von 488 Kilometer verfügen.
Freilich sind dies vorläufige und betont ungetestete Werte. Dagegen sollten die Leistungsangaben der beiden permanent erregten Synchronmaschinen (PSM) kaum für Skepsis sorgen. 350 kW/476 PS und 630 Nm Drehmoment (im Boost-Mode für 2,5 Sekunden 390 kW/530 PS) stemmt der Audi e-tron GT quattro auf den Asphalt, je eine E-Maschine an der Vorder- und Hinterachse vereinen sich zu einem elektrischen Allradantrieb.
RS-Topmodell leistet bis zu 646 PS
Das Top-Modell lautet dagegen auf den Namen Audi RS e-tron GT (Stromverbrauch kombiniert (NEFZ): 20,2-18,8 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²) und bringt es auf eine Dauerleistung von 440 kW/598 PS sowie 830 Nm Drehmoment, ebenfalls erzeugt aus zwei PSM-Antrieben. 475 kW/646 PS liegen derweil im kurzzeitig verfügbaren Boost-Mode an und sollen den RS-Stromer innert 3,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h katapultieren.
Der normale e-tron GT schafft den Standardspurt in 4,1 Sekunden. Damit platziert Audi den viertürigen Gran Turismo zwischen dem Taycan 4S und Taycan Turbo (Stromverbrauch kombiniert: 28-26,2 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²), eine leistungsärmere Basisvariante mit Heckantrieb könnte Ende des Jahres folgen.
Mit der Bremse des Porsche Cayenne
Wie auch der Porsche, setzt der Audi e-tron GT auf ein 2-Gang-Getriebe an der Hinterachse. Der erste Gang dient zum spurtstarken Anfahren, die zweite Fahrstufe soll maximale Performance bei höheren Geschwindigkeiten bieten. Darf der normale e-tron GT bis 245 km/h eilen, erreicht der RS e-tron GT eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Stundenkilometer.
Erstmals überhaupt kommt in einem Audi eine geregelte Dreikammer-Luftfederung zum Einsatz, die beim RS-Modell bereits zum Serienumfang gehört. Eine Allradlenkung für die Hinterachse wird optional gereicht. Neu ist die aus dem Porsche Cayenne bekannte Wolframcarbid-Bremsanlage (Serie beim e-tron RS GT), die vor allem die Feinstaubbelastung senken soll.
Laden mit bis zu 270 kW
Neben regulären Stahlstoppern bietet Audi als dritte Bremsen-Option eine Keramik-Anlage. Eine Hinterachsdiffernzialsperre und Audis Fahrdynamiksystem drive select sind bei beiden Modellen Serie. Beim DC-Laden gibt Audi derweil eine Maximalleistung von 270 kW an, wohingegen an regulären AC-Ladesäulen zunächst mit 11, später mit bis zu 20 kW geladen werden kann. Die brutto 93 kWh große Batterie im Fahrzeugboden besteht aus 396 Pouch-Zellen in 33 Modulen und hat eine Spannungslage von 800 Volt.
Wenngleich die äußere Erscheinung eine Geschmacksfrage ist, wirkt der Audi e-tron GT subjektiv gesehen zu Ende gedacht. Vom Konzeptfahrzeug aus 2018 unterscheidet er sich nur geringfügig, allerdings ist die Verwandtschaft zum Taycan kaum zu leugnen (vor allem, wenn die Frontpartie ausgeblendet wird). Anders als manch bayerische Konkurrenz, verzichtete das Team um Audi-Chefdesigner Mark Lichte glücklicherweise auf ein "Frontgrill-Massaker".
Viel Licht, wenig(er) Grill
Mit der Neuvorstellung des 4,99 Meter langen e-tron GT ist auch klar: Die Tage des bisher bekannten Audi-Singleframe-Grill sind gezählt. Serienmäßige LED-Frontscheinwerfer (auf Wunsch mit Matrix- oder Laserlicht-Technik) sind dagegen die stilprägenden Elemente am Vorderwagen und fügen sich nahtlos in die elegante und zugleich maskuline Formensprache ein. Im hinteren Bereich gibt es das mittlerweile übliche „Dicke-Backen-Design“ mit ausgestellten Radhäusern und einem großen LED-Leuchtenband zum Abschluss.
Im Innenraum springt Audi ebenfalls auf die neue grüne Welle auf, offeriert ein gänzlich lederfreies Cockpit und lässt seine Fangemeinde lieber auf recycelten Kunstfasern sitzen. Wie sich das Oberflächenmaterial im realen Leben behaupten kann, wird freilich erst ein Test zeigen können. Beim Infotainment reichen die Ingolstädter gewohnte Kost in Form der letzten Generation ihres MMI-Systems. Weitestgehend aus anderen Audi-Modellen bekannt, besteht die zentrale Bedieneinheit aus einem 10,1-Zoll-Touchdisplay und dem Audi virtual cockpit mit 12,3 Zoll Durchmesser.
Im Innenraum gegen den Trend
Interessant zu sehen ist, dass Audi dem Trend zu immer mehr und immer größeren Bildschirmflächen widerstand. Viel mehr setzt man auf eine altgediente Bedieneinheit für die Klimaautomatik, echte Schalter in der Mittelkonsole und ein Lenkrad ohne Touchpads.
Markststart und Preise
Bei der Preisgestaltung gibt sich Audi selbstbewusst. Der Audi e-tron GT quattro wird in Deutschland ab 99.800 Euro und der Audi RS e-tron GT ab 138.200 Euro angeboten. Die später nachgereichte Basisvariante mit Heckantrieb könnte dagegen noch etwas günstiger als der mindestens 83.520 Euro teuren Porsche Taycan (Grundmodell) sein. Der Marktstart des in den Böllinger Höfen in Neckarsulm gefertigten Gran Turismo ist für Frühjahr 2021 geplant.
Erstes Fazit
Der Audi e-tron GT hat das Potential dem Tesla Model S sowie dem Plattform-Bruder Porsche Taycan ordentlich Paroli zu bieten. Ob er auch gestandene A7- und A8-Fans zur E-Mobilität bekehrt hängt aber maßgeblich davon ab, wie es im Alltag um die Reichweite sowie die Schnelllade-Möglichkeiten bestellt ist. Gut: Im Innenraum bleibt Audi bei echten Schaltern und handlichen Displays. Schlecht: Die heftigen Grundpreise auf Porsche-Niveau. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)