Bisher wird dieser Benzin-Ersatz vor allem in Form von Erdgas gefördert und getankt, doch es geht auch ohne Zugriff auf die fossilen Vorräte, deren Verbrennung zur Kohlendioxid-Anreicherung in der Atmosphäre führt: Methan – chemische Formel CH4 - lässt sich auch mit Hilfe von Mikroorganismen durch Vergärung organischer Materie herstellen. Dem per biologischer Methanisierung gewonnenen e-gas gehört nach Audi-Meinung die Zukunft: „Gegenüber dem bisherigen, chemischen Prozess erfolgt die Gaserzeugung bei deutlich geringerem Umgebungsdruck und niedrigeren Temperaturen.“
Im Audi A3 Sportback-Programm ist bereits eine g-tron-Variante erhältlich; sie leistet 110 PS. Als nächstes Modell wird 2016 der neue A4 Avant mit E(rd)-gas-Antrieb zu bekommen sein; er wird in ebenfalls 2,0 Liter Hubraum maximal 170 PS bereitstellen. Beide Modelle fahren Audi zufolge mit e-gas nahezu klimaneutral, da das Kohlendioxid, das sie im Betrieb emittieren, bei der Herstellung in den Kraftstoff eingebunden worden sei. Passende Kooperationspartner, die Audi zur Herstellung dieses ökologischen Kraftstoffs und der „ersten komplett CO2-neutralen Langstreckenmobiliät“ braucht, sind bereits gefunden.
Stromnetze werden stabilisiert
Auch auf einer zweiten Schiene wird die Erzeugung von e-gas erprobt. Die Power-to-Gas-Anlage in Werlte (Emsland) produziert seit 2013 synthetisches Methan mit Hilfe von Windstrom, und auch hier sind Leitungswasser und Kohlendioxid die Ausgangsstoffe. Audi-Kunden können seither an CNG-Tankstellen mit der e-gas-Karte bezahlen. Audi speist dann über Werlte die entsprechenden Mengen e-gas in das deutsche Erdgasnetz ein.
Diese Methode hat den Vorteil, Überschüsse an erneuerbarer Energie speicherbar zu machen. Deren Anteil am deutschen Strom-Mix wächst rasant – im ersten Halbjahr 2015 erreichte er bereits 33 Prozent. Typisch für Wind- und Photovoltaikanlagen sind jedoch – wetterabhängig, also naturbedingt – Lastschwankungen: Die erzeugte Energiemenge entspricht nicht immer dem aktuellen Bedarf. Wichtig sind deshalb Puffer, die Lastspitzen ausgleichen und so die Netze stabilisieren.
Die e-gas-Anlage in Werlte kann das; sie ist in der Lage, selbst geringe Frequenzwechsel im Stromnetz auszugleichen. Dies ergab eine Abnahme unter Leitung des Netzbetreibers Tennet TSO. Dabei musste die Anlage innerhalb von fünf Minuten fast sechs Megawatt Leistung aus dem Netz ziehen und zudem vorgegebene Lastprofile abfahren. Mit bestandener Prüfung hat sich die Audi e-gas-Anlage für die Teilnahme am so genannten Regelenergiemarkt qualifiziert, den die Netzbetreiber organisieren.
Dass die Reaktion zwischen Wasserstoff und Kohlenstoff, bei der synthetisches Methan und Wasser entstehen, ohne Energiezufuhr abläuft, sondern – ganz im Gegenteil – bei diesem Prozess Wärme freigesetzt wird, ist ein positiver Nebeneffekt. In Werlte, berichtet Audi, werde die Abwärme in der benachbarten Biogasanlage des Projektpartners EWE genutzt, „aus deren Abgasstrom wir das CO2 beziehen“. Bevor die Methanisierung in Gang kommt, muss in Wasser- und Sauerstoff zerlegt werden, und dafür braucht man elektrischen Strom. Der energetische Wirkungsgrad bei dieser Molekülspaltung liegt Untersuchungen zufolge immerhin bei über 70 Prozent.
Diesel – ebenfalls synthetisch produzierbar
Zusätzlich zur e-gas-Produktion unterstützt Audi weitere e-fuel-Erzeugungsmethoden. Im Frühjahr 2015 hat eine Pilotanlage in Dresden, die vom Projektpartner sunfire GmbH betrieben wird, die Produktion des synthetischen Dieselkraftstoffs aufgenommen, und gemeinsam mit dem französischen Unternehmen Global Bioenergies S.A. erforscht Audi die synthetische Herstellung von e-benzin. In einem weiteren Projekt arbeitet Audi mit dem US-Unternehmen Joule Unlimited Technologies, Inc. zusammen, das mit Mikroorganismen-Hilfe Diesel-Kraftstoff und Ethanol herstellt. Die Tanks für den Gasantrieb des für Ende 2016 angekündigten A4 Avant g-tron sitzen unter dem Hinterwagen. Sie speichern 19 Kilogramm Gas unter 200 bar Druck und sind dank ihres neuartigen Layouts besonders leicht.
Im Test nach EU-Norm verbraucht der A4 Avant g-tron Audi zufolge weniger als vier Kilogramm pro 100 Kilometer. So lässt sich theoretisch mit Erdgas eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern erzielen. Sinkt der Druck im Tank bei etwa 0,6 Kilogramm Gasrestmenge auf unter zehn bar, wechselt das Motormanagement selbsttätig in den Benzinbetrieb. In diesem – weniger kostengünstigen und umweltverträglichen – Modus kann der Wagen bis zu 450 Kilometer zusätzlich zurücklegen.