Wenn die E-Klasse in neuer Generation, intern W 214 genannt, im Herbst zu den Händlern rollt, bleibt sie äußerlich noch immer eine traditionelle Business-Limousine – evolutionär weiterentwickelt und unverkennbar ein Mercedes. Eine kleine Revolution dagegen empfängt den Betrachter, sobald er die Türen öffnet. Das Cockpit soll nicht nur Luxus und Eleganz ausstrahlen, sondern auch beim Thema Konnektivität und Digitalisierung zum Modernsten zählen, was derzeit in der Branche überhaupt möglich ist.
Ältere E-Klasse-Kunden, die nicht mit Smartphone und Laptop aufgewachsen sind, brauchen angeblich dennoch keine Angst vor Überforderung zu haben, denn die Mercedes-Entwickler legten wert auf eine weitestgehend intuitive Bedienung. Zentrales Element bleibt der große Touchscreen in der Mitte des Armaturenbrettes, brillant in der Darstellung und weiterhin extrem reaktionsschnell beim Aufrufen der Menüpunkte. Erstmals gibt es sogar auf der Beifahrerseite einen Bildschirm (Sonderausstattung). Laufen auf ihm während der Fahrt Filme und der Fahrer schielt neugierig hinüber, verdunkelt sich das Display.
MBUX mit weitreichenden Funktionen und Individualisierungsmöglichkeiten
Schier unglaublich ist es, welches Potenzial in der mittlerweile dritten Generation des MBUX-Systems (Mercedes-Benz User Experience) steckt. Vieles wird man definitiv nie gebrauchen oder es als Gimmick abtun. Doch all das überlässt Mercedes dem Kunden. Man muss nicht, aber man kann. Beispielsweise die Ambientebeleuchtung passend zur Musik schwingen oder sich über seine Apple Watch auf dem Auto-Bildschirm den Puls anzeigen zu lassen. Erkennt das System Unregelmäßigkeiten, schlägt es ein Vitalisierungsprogramm vor; mit Massage, Musik und speziellen Düften. Nützlich für Geschäftskunden dürfte „Zoom“ sein. Die App ermöglicht, unterwegs an Video-Konferenzen teilzunehmen. Ob einem die dafür ebenfalls vorgesehene Kamera auf dem Armaturenbrett gefällt, darf ebenfalls die Käuferin entscheiden - serienmäßig sind solche Features nämlich weiterhin nicht.
Wem Taster, Icons und Schalter für die Bedienung zu umständlich sind, wählt die Sprachsteuerung. Sie erreicht in der E-Klasse einen Kommunikationsgrad, wie es ihn in dieser Qualität wohl bislang nirgends gibt. Selbst „Und“-Befehle sind möglich. „Navigiere mich zum Flughafen Frankfurt und schalte bitte die Sitzheizung ein.“ Auch ein „Hey, Mercedes“ zur Aktivierung ist nicht mehr nötig. Es genügt, einfach drauf los zu sprechen. Und natürlich darf in Zeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) auch diese in einem neuen Mercedes nicht fehlen. Fährt man zum Beispiel jeden Morgen durch dieselbe Schranke aufs Werksgelände, geht genau an dieser Stelle automatisch die Seitenscheibe herunter, damit man die Chipkarte gegen das Lesegerät halten kann.
E-Klasse kommt zunächst ausschließlich mit Vierzylindern
Bei aller Elektronik, Digitalisierung und Software, die E-Klasse hat auch unter der Haube einiges zu bieten. Alle Motoren sind elektrifiziert, entweder als Mild-Hybrid oder als Plug-in-Hybrid. Letztere sollen mittlerweile eine elektrische WLTP-Reichweite von über 100 Kilometern schaffen (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 0,9-0,5 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 21,6-18,4 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 20-12 g/km; elektrische Reichweite: bis zu 115 km)². Die Plug-in-Hybride gibt es zunächst nur in Kombination mit einem Zweiliter-Vierzylinder-Benziner. Sie heißen dann E 300 e und E 400 e, haben entweder 230 kW/313 PS oder 280 kW/380 PS. In beiden Fällen bringt sich die E-Maschine mit zusätzlichen 95 kW/129 PS ein. Wenngleich es beim E 300 e die Wahl zwischen Heck- und Allradantrieb gibt, rollt der E 400 e immer mit vier angetriebenen Rädern vor. Anfang 2024 wird Mercedes die E-Klasse auch als Diesel-Plug-in-Hybrid anbieten.
Den "bürgerlichen" Einstieg in die Baureihe W 214 bildet derweil der E 200 mit 150 kW/204 PS und zusätzlichen 17 kW/23 PS, die über den Elektromotor generiert werden. Genauso verhält es sich beim bislang einzigen Diesel, dem E 220 d. Er leistet 197 kW/268 PS und dürfte für Vielfahrer nach wie vor die beste Option sein (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,3-4,3 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 166-125 g/km)². Bei lediglich vier Zylindern wird es allerdings nicht bleiben. Dazu ist die E-Klasse zu global aufgestellt. Nächstes Jahr reicht Mercedes jeweils einen Reihensechszylinder-Benziner und -Diesel nach, beide erhalten drei Liter Hubraum und nennen sich E 450 sowie E 450 d. Bis auf den E 200 können alle Versionen mit Allradantrieb (4Matic) bestellt werden. Eine 9-Gang-Automatik ist stets serienmäßig.
Hoher Fahrkomfort garantiert, AMG-Modelle kommen später
Fahrkomfort zählt zu den Paradedisziplinen von Mercedes. Man darf getrost davon ausgehen, dass die E-Klasse so geschmeidig dahingleitet, wie es in diesem Segment angenehmer kaum geht. Ordert man das Technik-Paket, arbeitet ein Luftfahrwerk mit Niveauregulierung in den Radhäusern. Integriert ist zudem eine Hinterachslenkung. Sie reduziert den Wendekreis um 90 Zentimeter, was sich besonders in Parkhäusern bemerkbar machen dürfte.
Traditionell startet die Mercedes E-Klasse als Limousine. Wenige Wochen danach und noch Ende dieses Jahres folgt wahrscheinlich die letzte Kombivariante, bevor Mercedes das T-Modell auf den Prüfstand zur Streichung stellt. Für 2024 steht dann die etwas höher gelegte T-Modell-Version All-Terrain auf dem Programm. Auch die beiden AMG-Derivate E 53 und E 63 folgen 2024 und komplettieren die Baureihe. Vermutlich wird der E 63 dann allerdings ohne Achtzylinder auskommen müssen.
Marktstart und Preise
Preise nennt Mercedes erst zum Sommer, wenn die Bestellbücher geöffnet werden. Aufgrund der verbesserten Serienausstattung gegenüber dem heutigen Modell dürfte der E 200 bei mindestens 55.000 Euro starten. Die ersten Auslieferungen in Europa sollen noch im Herbst erfolgen. (Text: tv, ms/sp-x | Bilder: Hersteller)