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Reportage: Bestattungswagen-Spezialist Pollmann – Pimp my last ride

Die Geiz-ist-geil-Mentalität ist längst auch der Bestattungsbranche auf den Leib gerückt und bewegt sich das untere Limit für Beerdigungen an der 1.000-Euro-Schallmauer. Bei solchen Dumpingpreisen sind aufwendige Erdbestattungen und der Einsatz eleganter Fahrzeuge nicht drin.

Diesen Trend hat auch der Karossier Pollmann aus Bremen zu spüren bekommen. Dennoch setzt der einstige Weltmarktführer weiter auf Qualitäts-Leichenwagen und hofft, nach schwierigen wirtschaftlichen Jahren, auf die Rückbesinnung auf alte Werte und auf den neuen Mondeo. Der Name Pollmann hat in Bremen eine lange Tradition im Auto-Business. Das vielverzweigte Familienunternehmen blickt auf eine fast 90jährige, bewegte Geschichte zurück. Beim Bau von Bestattungsfahrzeugen brachten es die Hanseaten nach eigenen Angaben zwischenzeitlich sogar bis zum Weltmarktführer. Doch seit etlichen Jahren ist in diesem Geschäftszweig die Auftragslage rückläufig.

Als Firmenpatriarch Konrad Pollmann die für den Bau von Bestattungswagen verantwortliche Sparte dann im Jahr 2006 über Nacht an eine Schweizer Investorengruppe veräußerte, beschleunigte sich der Abstieg und folgte 2008 sogar die Insolvenz.

Robert Räther, Pollmann-Urgestein und heutiger Inhaber, übernahm in den Jahren des Umbruchs zunehmend mehr Anteile und Geschäftsfelder, um dann nach der Zahlungsunfähigkeit auch die Bestattungswagen-Produktion weiterzuführen, unter allerdings weiterhin schwierigen Marktbedingungen. Produzierten zu Hochzeiten 75 Mitarbeiter bis zu 200 Bestattungsfahrzeuge im Jahr, spricht Räther derzeit von 25 Beschäftigten und einer Jahresproduktion von rund 50 Bestattungswagen.

Spezialität Streckbank

Pollmanns Spezialität ist es weiterhin, aus herkömmlichen Kombis gestreckte Leichenwagen mit hohem, elegant designtem GFK-Aufbau und einem stilvoll umgebauten und zugleich funktionalen Innenraum zu versehen. Derzeit einziges spezielles Pollmann-Modell mit EU-Zulassung ist ein Leichenwagen auf Basis der aktuellen Mercedes E-Klasse. Um satte 86 Zentimeter wird dabei die Karosserie samt Antriebsstrang und Verkabelung in Handarbeit verlängert, damit hinter Fahrer und Beifahrer mächtige Särge geschmeidig hinein gleiten oder – wie in England – hinein rollen können.

Beim Rundgang durch die Fertigungshallen gewährt uns Geschäftsinhaber Robert Räther bei einigen noch im Aufbau befindlichen Fahrzeugen Einblick in die Sargräume. Mit mechanischer Raffinesse und hochwertigen Materialien werden diese nach individuellen Wünschen und Bedürfnissen für ihre Spezialaufgabe modifiziert. Der einstige Kombi-Laderaum wird großflächig mit feinem Holzfurnier vertäfelt, während die zum Teil beweglichen Ladeboden-Elemente vornehmlich aus leicht abwaschbarem Nirosta-Stahl bestehen. Farblich verstellbare LED-Ambientebeleuchtungen ermöglichen es, das Aushängeschild der ansonsten ja diskret auftretenden Branche zudem effektvoll in Szene zu setzen.

Der Wunsch nach einem würdigen Abgang

Auch wenn es beim Leichentransport pietätvoll zugehen soll, ist das Transportfahrzeug laut Räther eine wichtige Visitenkarte für das Bestattungsunternehmen. Eine nobel inszenierte E-Klasse kann mehr beeindrucken als ein unscheinbaren Kleintransporter, mit dem die Leiche entsorgt wird. Und wenn zur Beerdigungsfeier der Bestattungswagen mit großem Eichensarg vorfährt, hinterlässt dies mehr Eindruck als die schlichte Urnenbeisetzung und verleiht der Zeremonie mehr Würde. Der stilvolle Abgang kann laut Räther bei Bekannten und Nachbarn den Wunsch wecken, die letzte Fahrt ebenfalls möglichst geschmackvoll anzutreten.

Und Räther glaubt, dass zunehmend mehr Menschen auch in Hinblick auf das Beerdigungsprozedere Sehnsucht nach den guten alten Zeiten  bekommen und bald wieder ein wenig Pomp statt einer rein auf den Entsorgungsakt reduzierten, kostenoptimierten Bestattung gefragt sein wird. Dem eigenen Ableben Bedeutung zu verleihen – und damit der eigenen Person –, ist ja ein eigentlich urmenschliches Verlangen. Ein Bestattungsunternehmer, der sich jüngst einen schicken Pollmann geleistet hat, soll laut Räther eine immerhin 30-prozentige Auftragssteigerung verbucht haben.

E-Klasse ab 85.000 Euro

Diese Visitenkarte, übrigens mit dem speziellen Pollmann-Stern auf der Motorhaube verziert, ist für den Bestattungsunternehmer allerdings nicht ganz billig. Für eine umgebaute E-Klasse muss man mindestens 85.000 Euro investieren. Wer schon beim Basisfahrzeug ein paar zusätzliche Extras ordert und schließlich bei Pollmann nach speziellen Verfeinerungen verlangt, erreicht leicht eine sechsstellige Summe. Und es geht noch viel, viel teurer. Im Prinzip erfüllt Pollmann so ziemlich jeden Kundenwunsch, und dafür kann übrigens jede Fahrzeugbasis verwendet werden. Vor einigen Jahren hat sich ein Kunde bei Pollmann zum Beispiel eine Mercedes S-Klasse umbauen lassen, die dann als Einzelstück gut 300.000 Euro gekostet haben soll.

Derzeit am gefragtesten ist allerdings der Mercedes Vito, bei dem die Karosserie selbst unangetastet bleibt, dafür aber der Sargraum geschmackvoll eingekleidet und nach den technischen Anforderungen für den Leichentransport fachkundig umgebaut wird. Einfach nur einen Lieferwagen hernehmen reicht nämlich nicht, da bestimmte Normen erfüllt sein wollen. So muss für die Zulassung zum Bestattungswagen die Fahrerkabine luftdicht abgetrennt, der Sarg sicher fixierbar und der Sargraum leicht abwaschbar sein. Ein derart modifizierter Mercedes Vito kostet, abhängig von der Ausstattung des Basisfahrzeugs, zwischen 40.000 und 45.000 Euro.

Warten auf den Mondeo

Preissensible Kunden will Pollmann künftig außerdem mit der nächsten Mondeo-Generation locken. Der einstige Verkaufsschlager des Karossiers soll 2013 nämlich in seiner Neuauflage wieder ins Programm genommen werden. Derzeit wartet man bei Pollmann sehnsüchtig auf eine mit offiziellem Segen von Ford gelieferte, erste Rohkarosserie des Mittelklassemodells, um möglichst bald den gestreckten Mondeo entwickeln zu können, der dann ebenfalls über eine EU-Zulassung verfügen soll. Hier würde sich die Preisskala zwischen 59.000 und 65.000 Euro bewegen.

Um wirtschaftlich zu überleben, ist Pollmann aber noch breiter aufgestellt. Neben kommunalen Spezial-Fahrzeugen, Rettungs- und Feuerwehrumbauten sind die Bremer auch eine Reparatur- und Instandsetzungswerkstatt. In den großzügig dimensionierten Hallen im Gewerbegebiet Mahndorf wartete unter anderem ein dreiachsiger, verlängerter Pullman-Mercedes W100 auf seine Totalerneuerung. Während auf dem Firmenhof ein bereits einige Jahre zurückliegender Höhepunkt der Pollmann-Restaurations-Historie seiner weiteren Bestimmung harrt: Der 2009 aus dem Dornröschenschlaf erweckte Borgward-Bus, einst im ländlichen Einsatz der Sparkasse Bremen, soll einen Platz im Mercedes-Museum des ehemaligen Borgward-Werks in Bremen-Sebaldsbrück zugewiesen bekommen.

Todsicheres Geschäft

Schließlich lebt Pollmann noch davon, seine Bestandskunden zu betreuen, denn diese haben ihre Bestattungsfahrzeuge in der Regel recht lange im Einsatz. Bei Pollmann soll man auch nach 25 Jahren noch spezielle Ersatzteile bekommen können. Räther hat übrigens mehr als 10.000 Kunden in seiner Datenbank, einige davon fahren noch einen älteren Pollmann-Mondeo, der früher oder später selbst seine wohl letzte Fahrt wird antreten müssen. Diesen Kunden will Räther dann möglichst bald das neue Mondeo-Modell anbieten können und wittert hier ein fast todsicheres Geschäft.

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