Dieser Tage stößt auch die VW-Tochter Porsche in diese Effizienzniederungen vor, allerdings, entgegen der klassischen Spritsparlehren mit dem obszön schweren, großen und starken Panamera. Der Trick: elektrische Reichweite. Im Juli 2013 bringt die Porsche AG das erste Serienmodell seiner Geschichte, welches auch über längere Strecken rein elektrisch und damit lokal emissionsfrei fahren kann. Dem frisch gelifteten Flaggschiff Panamera ist dabei die Vorreiterrolle vergönnt, die aber alles andere als eine Verzichtserklärung denn vielmehr einen Kompromiss zwischen Niedrig-Emissions-Potenzial und einem für einen Porsche dennoch angemessen dynamischen Vortrieb sucht.
Technisch baut der neue Hybrid-Panamera auf dem bereits eingestellten S Hybrid auf, der vor rund zwei Jahren bei den Zuffenhausenern die Vorreiter-Rolle hin zu einer ökologisch vorzeigbareren Modellpalette übernahm. Allerdings war die rein elektrische Reichweite des Hybriden für den Normverbrauch bedeutungslos und erreichte der Kurzzeitstromer vielmehr dank Segel-Funktion, Start-Stopp-Automatik und Rekuperation einen durchaus stolzen Normverbrauchswert von 6,8 Litern. Eine niedrige Marke, wenn man bedenkt, dass ein 333 PS starker V6-Benziner die Hauptantriebsarbeit verrichtet.
Alter Benziner, neue Batterie
Und ebenjener V6 kommt unverändert im neuen E-Hybrid zum Einsatz. Beim zusätzlichen elektrischen Antrieb hat Porsche hingegen so ziemlich alles überarbeitet beziehungsweise technisch aufgerüstet. Dieses Upgrade betrifft unter anderem den zwischen V6-Benziner und Acht-Gang-Getriebe eingebetteten permanent erregten Synchron-E-Motor, der nunmehr 70 statt bisher 34 Kilowatt und 310 statt 300 Newtonmeter in den Vortrieb werfen kann.
Parallel zu dieser Leistungssteigerung wurden auch die Batterie und die Leistungselektronik aufgerüstet. Beim neuen Stromspeicher handelt es sich um ein teures und mit vergleichsweise hoher Leistungsdichte gesegnetes, aus 104 Einzelzellen bestehendes Lithium-Ionen-Paket, das mit immerhin 9,4 kWh Speicherkapazität klotzen kann. Wie die Batterie, so sind auch die auf die neuen Kapazitäten hin angepasste Leistungselektronik und der Spannungswandler zusammen mit der E-Maschine wasssergekühlt, um einen thermischen Kollaps selbst bei längerer Fahrt und hoher Leistungsabfrage zu verhindern.
Verbrennungsmotor, Acht-Gang-Automatik, die E-Antriebs-Komponenten und die im Heck untergebrachte Batterie formieren sich zu einem ziemlich raumgreifenden Aggregate-Konglomerat, bei dem man sich fast schon wundern muss, dass der Panamera dennoch Platz vier Personen und Gepäck bieten kann. Schwerer ist die ganze Fuhre in jedem Fall geworden: Vor allem ob der gewachsenen Batterie erhöht sich das Gewicht um weitere 100 Kilogramm auf rund 2,1 Tonnen.
Reichlich Druck
Dennoch kann der Panamera S E-Hybrid ziemlich flott unterwegs sein, denn die zusammen immerhin 416 PS verhelfen dem Hecktriebler zu einem strammen Vortrieb: Dank des stärkeren Elektro-Boosts dauert der Standardsprint nur noch 5,5 Sekunden, nach 19 Sekunden fällt die 200er-Marke und endet der Vortrieb wie schon beim Vorgänger erst bei 270 km/h. Damit ist die Plug-in-Version um ein ordentliches Quäntchen antrittsstärker als der Vorgänger. Und auch querdynamisch verspricht Porsche ein der Marke angemessenes Handling. Wer allerdings den Hybriden auf üblichem Porsche-Niveau bewegen will, wird sich dem Spritsparpotenzial verweigern.
Dieses Sparpotenzial ist der eigentliche Höhepunkt des Teilzeitstromers, denn dank seiner elektrischen Vortriebskompetenz lässt er sich praktisch emissionsfrei fahren. Wenn man es darauf ankommen lässt, kann man dauerhaft ohne einen Tropfen Benzin zu verheizen unterwegs sein. Allerdings kann dies der Panamera nur auf kurzen Strecken. Als maximale E-Reichweite werden 36 Kilometer angegeben, die man zudem nur bei zurückhaltender Fahrweise erreicht. Immerhin bietet der reine E-Antrieb ein bereits gutes Vortriebsmoment: Der Sprint von 0 auf 50 dauert rein elektrisch betrieben 6,1 Sekunden und die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 135 km/h. Damit ist man also für alle Verkehrssituationen ausreichend gut gerüstet.
Potenzielles Null-Emissions-Auto
Praktisch könnte man als Berufspendler mit einem rund 30 Kilometer langen Arbeitsweg problemlos emissionsfrei diese Strecke im Panamera E-Hybrid bewältigen. Geht der Fahrer dann seiner Arbeit nach, kann der Porsche in aller Ruhe seine Batterie aufladen. Nicht ganz vier Stunden soll der Ladevorgang an einer 230-Volt-Steckdose dauern. Und wenn dann die sonstigen Fahrten zum Kindergarten, Supermarkt oder den Freunden ebenfalls in einem 36-km-Reichweitenfenster liegen, würde der 3-Liter-Porsche sogar zu einem 0-Liter-Porsche mutieren.
Es gibt allerdings ein anderes Mobilitäts-Szenario, das den Panamera zum offiziellen 3-Liter-Auto qualifiziert: Den NEFZ-Messzyklus für Plug-in-Hybride, der einen recht hohen Anteil rein elektrischer Fahrten in die Verbrauchsmessung mit einbezieht und so dieser optimistische Wert von 3,1 Litern zustande kommt. Doch dieser offizielle Messmodus ist lediglich eine von vielen denkbaren Fahrmustern, bei vielen anderen würde die elektrische Reichweite den Verbrauch weniger stark nach unten drücken. Ebenso gut ließe sich der offizielle Verbrauchswert verdoppeln, verdrei- oder vervierfachen. Je nachdem.
Ein Kann-Szenario
Das mit dem Einsparpotenzial der elektrischen Reichweite ist also lediglich ein Kann-Szenario, und ehrlich gesagt wohl doch ein eher unwahrscheinliches, denn der Panamera ist ja an sich ein Fahrzeug für den flotten Langstreckeneinsatz. Und hier wäre dann der Benzinverbrauchsvorteil durch die 36 Kilometer E-Reichweite als eher gering anzusetzen. Wer allerdings viele kürzere Strecken fährt und dabei gerne emissionsfrei unterwegs ist, wer sein Wohngebiet leise durchstromern will oder wer vielleicht gelegentlich in Umweltzonen muss, die nur Null-Emissions-Fahrzeuge hineinlassen, der bekommt beim E-Hybrid einen entsprechenden Fahrmodus geboten, mit einer durchaus beachtlichen E-Reichweite.
Praktisch erlebt man sowohl das elektrische Fahren als auch das Wechsel- und Zusammenspiel der beiden Antriebsarten als angenehm harmonisch. Zumindest auf einer halbstündigen Runde um den Hockenheimring konnten wir auf der Rückbank diesen Eindruck gewinnen. Im reinen E-Modus, in den sich der Panamera per Knopfdruck versetzen lässt, drücken die 310 Newtonmeter die Fahrgäste bereits ganz ordentlich in die Lehnen und vermittelt das Vortriebsmoment ein fast schon souveränes Fahrgefühl. Die elektrische Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h ist ebenfalls zügig erreicht. Einfach nur per Gasfuß kann man den zusätzlichen Schub des V6-Motors anfordern und ansatzlos auch auf die 270 km/h vorstoßen.
Sparsam in der Praxis
Unsere Erfahrungsrunde war recht kurz und wollte Porsche für die erste Kostprobe zunächst nur eine Mitfahrt in Prototypen anbieten. Eine richtige Fahrpräsentation soll dann alsbald folgen. Doch bereits dieser erste Eindruck hat eine gewisse Vorfreude auf ein paar ambitionierte Sparrunden geweckt. Laut Bordcomputer haben wir bei einer 30 Kilometer langen Fahrt mit Autobahn-, Landstraßen- und Stadtverkehrsanteilen einen Durchschnittsverbrauch von 6,3 Litern erreicht. Da geht noch was.
Auch wenn das Sparpotenzial hoch sein mag, die Anschaffungshürde ist ebenfalls hoch: Über 110.000 Euro kostet der Plug-in-Porsche, was angesichts des Vorgängers allerdings als günstig erscheint, denn für die deutlich höhere E-Reichweite muss man nur rund 3.000 Euro mehr bezahlen und bekommt dann noch zusätzliche Ausstattung, die ein dem Aufpreis einen in etwa gleichen Gegenwert bietet. So gesehen ist der Hybrid-Panamera nicht wirklich teurer geworden, dafür aber deutlich besser und mit entsprechend höheren Kaufanreizen gesegnet als bisher. Die Elektrorevolution macht selbst vor Porsche nicht halt. Nur zwei Jahre nach Einführung des Panamera Hybrid kommt jetzt der E-Hybrid, der dank einer üppig dimensionierten Lithium-Ionen-Batterie rein elektrische Reichweiten von immerhin 36 Kilometern bieten soll. Wer möglichst viel den Panamera mit dem E-Antrieb fährt, kann sogar ökologisch vorbildlich unterwegs sein. Dabei ist der elektrische Vortrieb ausreichend kraftvoll, um in allen Verkehrssituationen ausreichend flott unterwegs zu sein.
Der Panamera Hybrid kann aber auch ganz anders, denn das Antriebsduett von E-Motor und V6-Benziner ist ein längsdynamisch sehr reizvolles Powerpaket. Und dann zeigt der E-Hybrid sein wahres Porsche-Gesicht, für den er wohl auch weiterhin vordergründig von den betuchten Kunden gekauft werden wird. Als Sahnehäubchen gibt es aber noch ein grünes Feigenblatt obendrauf. Wer’s braucht.