Macht aber gar nichts. Die Nummer neun von den eigentlich ausverkauften 77 Exemplaren (auf einige gibt es noch eine Option) sieht ein bisschen aus wie ein Raubtier im Käfig. Ein böses Raubtier in einem Glitzerkäfig. Denn obwohl der Supersportwagen die wohl elegantesten Linien seines Segments trägt, kann er seine auf Performance ausgelegte Technik überhaupt nicht verbergen.
Lange Haube, kurzes Heck
Allein auf die Idee, einen Zwölfzylindermotor vorne komplett hinter die Achse einzubauen, kommen nicht viele; ein klassisches Vorbild ist der Ferrari 365 GT/B Daytona, auch der Jaguar E-Type muss wohl genannt werden. Die aus diesem Layout resultierenden Proportionen sind natürlich die schönsten im Automobilbau überhaupt: Lange Motorhaube, weit nach hinten versetzte Fahrerkabine, kurzes Heck.
Im one-77 leistet der V12 760 PS und ist, laut Wolfgang Oswald, der stärkste Saugmotor der Welt. 7,3 Liter Hubraum ermöglichen 750 Newtonmeter Drehmoment und einen infernalischen Klang, das man seine pubertären V8-Phantasien als eben das entblößt sieht. Oswald ist der Geschäftsleiter von Aston Martin München und als er die Nummer Neun per Emotion-Control-Unit (auch Schlüssel genannt) lächelnd startet, zeigt das Tier im Glitzerkäfig für einen Moment seine Krallen und man wünscht ihm den Auslauf einer Rennstrecke, einer ganz schnellen.
354 km/h, 3,4 Sekunden
Die Fahrleistungen des mittlerweile 1,7 Millionen Euro teuren Autos liegen in Sphären, die kaum ein Kunde tatsächlich ausloten wird: Topspeed 354 km/h, 0-100km/h in 3,4 Sekunden. Doch sagen diese Zahlen tatsächlich sehr wenig über so ein Auto aus. Im Innenraum umgibt einen eine auf das Funktionale reduzierte Schlichtheit, an die kein Luxusauto herankommt: Das Sichtcarbon des Chassis und schwarz eloxiertes, gebürstetes Aluminium strahlen moderne Gediegenheit aus, kein Automatikwählhebel stört die Mittelkonsole, nur die aus den anderen Modellen bekannten Druckknöpfe für Parken, vorwärts und Rückwärts finden sich im Dashbord, der Pilot schaltet mit den Paddles.
Dass der Wagen vergleichsweise schlanke 1,6 Tonnen auf die Waage bringt, ermöglicht das Kohlefaser Monocoque in Verbindung mit der Karosserie aus Aluminium. Und selten sah man ein Straßenauto, dass derart dramatisch gestaltet wurde: Seit der Corvette aus den Siebzigerjahren, der Inbegriff des Coke-Bottle-Designs, gab es kein Auto mit derart schmaler Taille - von der Seite und von oben.
Kein Handschuhfach
Bei all dem Drama ist es fast verzeihlich, dass es kein Handschuhfach gibt, jedenfalls nicht dort wo man es üblicherweise vermutet. Tatsächlich befinden sich zwei Handschuhfächer dort, wo der, im vorliegenden Fall nichtexistente, Kofferraum vermutet wird und unter einer ebenso durch Abwesenheit glänzende Heckklappe gefunden werden kann. Lediglich die Heckscheibe lässt sich öffnen (das gesamte Heck besteht aus einem einzigen, handgedengelten Stück Aluminium) um den Zugang zu den zwischen den horizontal eingebauten (und individuell programmierbaren) Feder-Dämpfer-Elementen liegenden, kleinen Stauräumen zu ermöglichen.
Zum Einkaufen, wie zum Verreisen taugt der one-77 also kaum. Für die Garage, zum Angucken dafür umso mehr. Und für die Rennstrecke.