Doch in den Forschungsabteilungen der Hersteller wird noch in viel mehr Bereichen getüftelt und gebastelt: Die Lichttechnik zum Beispiel macht enorme Fortschritte, und ist noch längst nicht am Ende ihrer Entwicklung. Neue Techniken sorgen für mehr Sicherheit, mehr Komfort, und spielen auch eine Rolle auf dem Weg zum selbstfahrenden Auto! VW hat sein Lichtlabor für uns geöffnet und uns einen Blick in die Zukunft werfen lassen.
Viele Jahre lang lag die Lichtentwicklung sprichwörtlich im Schatten. Das Auto hatte zwei Scheinwerfer, die mit Glühbirnchen mehr oder weniger hell nach vorne leuchteten. Und die Rücklichter signalisierten dem Hintermann lediglich „ich bin da“ oder „ich bremse“ – das war’s. Spätestens seit der Jahrtausendwende aber kommt richtig Fahrt in die Entwicklung und von Generation zu Generation werden die Leuchten besser: Halogen-Lampen wurden durch Xenon-Licht ersetzt, und dem rückt jetzt schon wieder die LED-Technik auf den Pelz.
Entwicklung im Tunnel
Sogar im Kleinwagen-Segment sind die Leuchtdioden-Scheinwerfer mittlerweile verbreitet, und auch die Matrix-Technik setzt ihren Siegeszug jenseits der Oberklasse fort. Dabei werden einzelne Bereiche des Fernlichtlicht-Kegels ausgeblendet, um andere Verkehrsteilnehmer nicht zu blenden und trotzdem eine möglichst helle Ausleuchtung der Straße zu erzielen. Doch die Industrie forscht eifrig weiter, und zwar mit großem Aufwand!
Volkswagen hat für die Scheinwerferentwicklung in Wolfsburg einen eigenen Lichttunnel: Hundert Meter lang, fünfzehn Meter breit, fünf Meter hoch. Dort können die Ingenieure zu jeder Tages- und Nachtzeit, unabhängig von Wind und Wetter, die neuesten Leuchten ausgiebig testen. Interessant: Der Asphalt vor den drei Prüfständen ist noch nie von einem Auto befahren worden! Die Techniker benötigen schließlich eine optimale Straßenoberfläche, um das Licht ihrer Scheinwerfer unter besten Bedingungen erproben zu können – zum Beispiel das neuen HD-Licht, das uns Volkswagen auf dem Tunnel-Prüfstand und in einem Touareg-Prototypen vorgeführt hat.
Ein Projektor für die Straße
Während der aktuelle Touareg-LED-Scheinwerfer mit 256 Leuchtdioden und rund 80 Pixeln, also einzeln ein- und ausschaltbaren Lichtsegmenten, arbeitet und schon heute gezielt den Gegenverkehr ausblenden oder Fußgänger im Gefahrenbereich anleuchten kann, kommt die neue HD-Technik auf eine Auflösung von rund 30.000 Pixeln. Möglich macht das momentan noch ein Flüssigkristall-Display (LCD), wie man es zum Beispiel aus dem TV-Bereich kennt. Aus dem von den LED erzeugten Licht filtert das Display wie eine Art Lichtsieb die dabei unnötigen Pixel heraus.
Durch das feinmaschige Netz lässt sich die Ausleuchtung der Straße noch besser steuern und entgegenkommende Fahrzeuge können viel präziser ausgeblendet werden – je kleiner der dunkle Ausschnitt ist, umso größer ist schließlich die Lichtausbeute. Vor allem aber kann der HD-Scheinwerfer – ähnlich einem Projektor – gezielt Informationen auf die Straße zeichnen. Theoretisch könnte man über den Fahrzeugscheinwerfer sogar einen Film abspielen, in der Praxis geht es eher um sicherheitsrelevante Anwendungen. Zum Beispiel um zwei Linien vor dem Wagen, die die Fahrzeugbreite anzeigen und so dem Fahrer in engen Baustellen oder schmalen Gassen helfen. Denkbar wäre aber auch, eine Schneeflocke auf die Straße zu malen, wenn Glätte droht.
Nicht nur für die Oberklasse
Zukünftig will VW die gleiche Auflösung übrigens mit sogenannten Mikro-Pixel-LED-Scheinwerfern erreichen, denn die LCD-Technik funktioniert zwar prima, ist aber nicht besonders effizient. Schließlich arbeitet die Lichtquelle immer mit Maximal-Kraft und die nichtbenötigten Pixel werden ausgeblendet. Die Mikro-Pixel-LED bauen dagegen noch kleiner (auf einer Fläche von nur vier mal vier Millimetern sind schon heute 1.024 Pixel angeordnet) und es leuchten immer nur die Pünktchen, die auch wirklich benötigt werden. Der Strombedarf wird also minimiert, was nicht zuletzt ein entscheidender Faktor für den Einsatz im Elektro-Auto ist.
Der HD-Scheinwerfer ist erstmal eine Entwicklung für die Oberklasse und zieht wahrscheinlich in ein paar Jahren in der Chef-Etage der Autoindustrie ein; bei Maybach ist er schon in Kleinserie erhältlich. VW arbeitet allerdings auch an günstigen Techniken für den Massenmarkt und tüftelt gerade an einer Alternative zum teuren Laserlicht: Der sogenannte High-Performance-LED-Scheinwerfer, der aktuell in einem Tiguan erprobt wird, soll mit besonders hohen Strömen der hohen Fernlichtausbeute des Laserlichts nahe kommen und Reichweiten von 500 Metern und mehr erzielen, aber zu bezahlbaren Preisen verfügbar sein
Auch am Rücklicht wird geforscht
In die Scheinwerfer fließt also viel Hirnschmalz, aber auch die Ingenieure, die sich mit den Rücklichtern beschäftigen, sind nicht untätig. Bislang hatten die roten Leuchten vor allem die Funktion, den Wagen sichtbar zu machen, und mit hellem Bremslicht den nachfolgenden Verkehr zu warnen. Doch das reicht heute nicht mehr: Volkswagen hat beispielsweise schon seit einigen Jahren sogenannte SBBR-Leuchten (Stand-Brems-Blink-Rückleuchten) mit Klick-Klack-Funktion in Serie, die beim Verzögern nicht nur heller werden, sondern auch die Leuchtgrafik ändern und damit mehr Aufmerksamkeit erzeugen sollen.
Und: Zukünftig werden diese Lichter noch mehr Funktionen übernehmen: Eher aus Marketing-Sicht interessant ist zum Beispiel die Möglichkeit, individuelle Lichtsignaturen anzulegen. So könnte das Auto mit der Grafik der Heckleuchten etwa signalisieren, ob der Fahrer gerade im Komfort- oder Sportmodus unterwegs ist. Und natürlich ist es denkbar, dem eigenen Auto gegen Aufpreis eine ganz individuelle Signatur zu verpassen.
Informationen per Rücklicht
Sicherheitsrelevanter sind dagegen Überlegungen, über die Rücklichter mit dem Hintermann zu kommunizieren: Ein erster VW-Versuchsträger kann zum Beispiel mit 200 einzelnen LED eine Laufschrift erzeugen, die andere Autofahrer vor Stau warnt oder bei einer Panne zum Überholen auffordert. Außerdem können intelligente Rücklichter auch dem Fahrer helfen: Ähnlich den Begrenzungsstreifen der HD-Scheinwerfer, können auch Rückleuten Markierungen auf den Boden zeichnen, die der Fahrer im Seitenspiegel erkennen kann und die ihn beim Einparken unterstützen.
Neben der Unterstützung des Fahrers übernehmen Autos zukünftig auch immer mehr Kommunikationsaufgaben. Schließlich hat die Verständigung zwischen Autofahrern und Fußgänger einen großen Anteil an der Verkehrssicherheit. Ein Handzeichen oder Blick genügt oft, um sich zu verständigen. Wenn aber der Fahrer gar nicht mehr im Auto sitzt, weil das Auto autonom unterwegs ist, muss der Wagen diesen Part übernehmen.
Wenn das Auto selbst kommuniziert
Schon heute können moderne Fahrzeuge direkt über Datenverbindungen (Car-to-Car) miteinander in Verbindung treten, die Kommunikation mit Fußgängern ist allerdings etwas komplizierter: Eine Möglichkeit sind Displays am Auto, die gezielte Informationen an Außenstehende übermitteln – etwas den Hinweis, dass man gefahrlos die Straße überqueren kann. Wie das aussieht, zeigt VW ebenfalls an einem Tiguan-Versuchsträger der mit speziellen Linsen am Heck zum Beispiel auch noch den Blinker links und rechts des Autos auf den Boden projiziert, um ihn sichtbarer zu machen.
Überhaupt spielt Licht auch in der Kommunikation eine große Rolle: Volkswagen hat den Tiguan mit einer knapp zehn Meter langen Lichtleiste ausgestattet, die sich einmal entlang des Dachs und der Motorhaube zieht und als 360-Grad-Beleuchtung mit verschiedenen Farben ebenfalls unterschiedliche Informationen vermittelt. Denkbar ist, dass das Lichtband in einer Gefahrensituation die Warnblinker unterstützt und ebenfalls gelb mitblinkt. Der hintere Teil des LED-Bands könnte aber auch das Bremslicht ergänzen, und sich bewegende Lichtpunkte an der Front dienen eventuell schon bald als zusätzliche Aufforderung an Fußgänger, über die Straße zu gehen.
Per Lichtdemonstrator in die Zukunft
Um zu erforschen, welche Möglichkeiten noch in einer intelligenten Beleuchtung stecken, hat VW einen speziellen Licht-Demonstrator aufgebaut: Ein Auto auf Basis der Elektro-Studie ID Crozz, das zum Beispiel mit seinen künstlichen LED-Pupillen gezielt Personen anschauen kann, um zu signalisieren, dass es sie erkannt hat. Nähert sich der Besitzer, rollt die Studie einen Lichtteppich vor der Fahrertür auf und kommt ein Radfahrer auf das geparkte Auto zu, leuchtet die gesamte Seitenscheibe rot auf, um Radler und Insassen gleichermaßen zu warnen und einen Crash beim Aussteigen zu verhindern.
Außerdem projiziert der Lichtdemonstrator Pfeile auf den Boden vor dem Auto und signalisiert damit, dass er gleich losfahren will. Und einmal in Fahrt, schaltet der VW alle nicht mehr benötigten Lichter aus. Schließlich soll das Auto der Zukunft nicht wie ein geschmückter Tannenbaum durch die Straßen fahren. Denn zu viel Licht ist auch nicht gut: Das nämlich lenkt von den wichtigen Informationen ab.