Eine neue Gesellschaftsform, ein neuer Kopf an der Spitze, neue Märkte und diverse neue Modelle geben viel Anlass für Hoffnung. Doch nicht jede Aussicht scheint wirklich rosig zu sein.
Es waren dramatische Monate 2009, als Opels Zukunft gar zur Chefsache im Kanzleramt wurde. Eine mit staatlichen Bürgschaften getragene Herauslösung Opels aus dem GM-Konzern und ein Zusammengehen mit einem neuen Wirtschaftspartner war der Traum auch vieler Opelaner. Es wurde zwischen Bundesregierung und GM intensiv verhandelt, viele Pläne geschmiedet und wieder verworfen. Diverse Bieter traten für Opel auf dem Plan und sogar der einstige Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg soll im Rahmen der Opelkrise einen damals noch als voreilig betrachteten Rücktritt erwägt haben.
Wirtschaftlich lief es seit dem Krisenjahr 2009 bei Opel nicht wirklich rund. Ein Rückgang bei den Absatzzahlen in Europa ging mit Verlusten in Milliardenhöhe einher. Doch schon 2011 will Opel verlorenen Boden in Europa wieder gut machen und im Vergleich zu 2010 mehr Autos verkaufen. Bereits für 2012, so kündigte Nick Reilly noch auf dem Genfer Autosalon im März 2011 an, wolle man in die Gewinnzone.
Neue Autos, neue Märkte
Ein Grund für die hohen Verluste der jüngsten Vergangenheit ist auch in den hohen Investitionen der letzten Jahre begründet. Denn parallel zur Sanierung wurde die Erneuerung der Modellpalette massiv vorangetrieben. Nach dem Insignia im Jahr 2008 folgten 2009/2010 der neue Astra in der Fünf-Türer- und später in der Kombi-Version sowie 2010 der neue Meriva. Schließlich wurden Corsa und Antara Anfang 2011 frisch renoviert.
Trotz dieser Produktoffensive ist die aktuelle Absatzsituation in den klassischen Opel-Märkten weiterhin durchwachsen. Wobei sich in den ersten Monaten 2011 ein Aufwärtstrend im europäischen Geschäft abzeichnet. Parallel setzt Opel aber auf neue Absatzmärkte, um sich so unabhängiger vom derzeit schwierigen Europa-Geschäft zu machen. USA, China, Australien, Südamerika und weitere asiatische Länder sollen sukzessive erschlossen werden.
So wurden in 2010 in Deutschland allein 34.000 Insignia für die USA gebaut, die dort als Buick Regal verkauft werden. Weitere 12.000 Euro-Opel wurden in andere Länder wie China exportiert. 2011 will Opel global gesehen seine Importe verdoppeln und in den kommenden Jahren weiter steigern.
Das Zukunftsautos
Darüber hinaus will Opel in Deutschland und Europa mit vielen weiteren Modell-Neuheiten neues Wachstum generieren. Die eigentlich sehnsüchtig erwartete Zukunfts-Ikone Ampera, also die Opel-Variante des Chevrolet Volt, könnte dafür allerdings noch etwas früh kommen. Denn ob das imageträchtige Produkt, das noch 2011 zu kaufen sein wird, größeren Anklang findet, ist fraglich.
Abschreckend könnte zum einen der hohe Kaufpreis von fast 50.000 Euro werden. Zudem gibt es hinsichtlich der Alltagstauglichkeit und der Versorgung mit Ladestationen noch offene Frage. Doch wie immer auch das E-Mobil mit Range-Extender ankommen wird: Toll, dass es endlich ein langstreckentaugliches Elektroauto gibt und ein Hersteller hier den Anfang macht. Der tatsächliche Kundenzuspruch könnte diesem Pioniergeist rein wirtschaftlich gesehen allerdings etwas Wind aus den Segeln nehmen. Nichtsdestotrotz arbeitet man bei GM bereits an einer Familie von Modellen auf Volt-Architektur. So wurde 2010 mit der Studie Chevrolet Volt MPV5 bereits ein Kompaktvan mit E-Antrieb und Range Extender gezeigt.
Viele neue klassische Modelle
Doch GM und Opel haben in der nahen Zukunft nicht nur die Mobilitäts-Revolution im Blick, auch viele neue, klassisch angetriebene Modelle befinden sich in der Pipeline, die ein durchaus solides Geschäftsmodell versprechen. Einiges hiervon ist noch geheim, manches wurde bereits offiziell von Opel angekündigt.
Zur letzteren kategorie gehört die Anfang März 2011 auf dem Genfer Autosalon noch als Studie vorgestellte dritte Generation des Zafira. Der kompakte Familienvan soll Ende 2011 in Deutschland auf den Markt kommen. Die Überraschung: Das neue Zafira-Design vermengt Elemente der mit dem Insignia eingeführten Designlinie mit der des Ampera, bekommt also das neue Walross-Gesicht. Ansonsten bleibt es bei den noch kompakten Abmessungen, klassischen Klapptüren hinten und einem flexiblen sowie vielseitig nutzbarem Innenraum, der im Vergleich zum Vorgänger etwas mehr Platz bieten soll. Die Gestaltung des Cockpits dürfte sich an dem aktuellen, wertigen Stil von Astra und Insignia orientieren.
Ebenfalls noch 2011 wird Opel außerdem vom Astra die betont sportlich-emotional gezeichnete Drei-Türer-Variante GTC in den Markt bringen. Im September 2010 war der schicke Sport-Astra bereits als seriennahe Studie zu sehen, die üppige 290 PS leisten soll. Hinsichtlich der Motorleistung dürfte der Lifestyle-Astra in jedem Fall einen neuen Höhepunkt setzen. Unter anderem wird der Drei-Türer auch als besonders sportliche OPC-Variante antreten, die dann wohl mindestens 250 PS haben dürfte.
Stufenheck- und Cabrio-Revival
2012 wird es dann vom Astra noch eine Stufenheck-Variante geben. Zuvor wird diese in den USA als der bereits offiziell vorgestellte Buick Verano antreten. In optisch leicht abgewandelter Form soll der Stufenheck-Astra aus seiner biederen Nische herausfahren. Wie auch andere Hersteller (VW mit dem Jetta, Audi mit dem Stufenheck-A3) setzt Opel darauf, dass die traditionell in Deutschland eher unbeliebten Stufenheck-Kompakten wieder mehr Zuspruch finden werden. Was allerdings zu beweisen ist.
Für 2013 hat Opel offiziell zudem eine Cabrio-Version auf Astra-Basis angekündigt. Doch bis auf den Produktionsort, das polnische GM-Werk Gliwice, wurde noch nichts verraten. So ist noch offen, welchen Namen das Modell bekommen wird und welches Dach. Nach den Klappdach-Flopps der Vergangenheit könnte ja vielleicht das Stoffdach ein Revival erleben. Der schönen Linie wäre dieser Schritt gewiss zuträglich. Oder Opel fährt gar doppelgleisig und bringt gleich noch eine CC-Variante.
Der späte Calibra-Nachfolger
Ein ebenfalls besonders emotionales Modell dürfte ein Coupé auf Insignia-Basis werden. Opel gab bereits im Jahr 2007 mit dem GTC Coupé Concept einen Ausblick auf das Design des ein Jahr später in den Markt eingeführten Insignias. Diese Coupé-Studie dürfte wohl auch Blaupause für einen frühestens 2012 oder erst 2013 erscheinenden, späten Calibra-Nachfolger auf Insignia-Basis werden. Ob ein solches Coupé den historisch emotional aufgeladenen Namen Calibra wiederbeleben wird, ist hingegen unwahrscheinlich. Gut möglich aber, dass Opel auf Basis des großen Coupés noch eine offene Cabrio-Variante bringen wird.
Ein weiterer sicherer Kandidat und bereits für 2012 angedacht ist ein Opel-Modell unterhalb von Corsa und Agila. Der möglicherweise City genannte Kleinstwagen soll dann zum Preis von etwa 8.000 Euro gegen Toyota Aygo und den kommenden VW Lupo antreten. Das Bild unseres Studien-Zeichners zeigt zumindest einen ergreifend schicken Drei-Türer, der trotz seiner vermutlich nur 3,50 Meter kurzen Karosserie eine durchaus stattliche Erscheinung ist. Da bei GM mittlerweile globale Plattformen groß in Mode sind, dürfte dieser kleine Opel sehr wahrscheinlich auf dem Chassis des Chevrolet Spark aufbauen. Gut möglich, dass der kleine Opel später außerdem noch als Basis für ein rein elektrisch betriebenes Stadtauto herhalten könnte.
Besser spät als nie
Den SUV-Boom der letzten Jahre hat Opel etwas verpennt. Mit nur mäßigem Erfolg sind die Rüsselsheimer hier bislang mit dem Korea-Import Antara vertreten. Was vor allem fehlt, sind kleine und kompakte SUVs, in der Art des VW Tiguan oder des Nissan Juke. Auch hier brodelt die Gerüchteküche, die bereits für 2012 einen Geländewagen auf Corsa-Basis kommen sieht. Und für etwa 2014 könnte dann ein Allradler auf Astra-Basis dazu stoßen , der entweder den Antara ablösen oder alternativ nach unten ergänzen wird. Doch Opel sollte sich mit seiner SUV-Offensive beeilen, denn wenn die Spritpreise weiter so drastisch nach oben klettern, könnte der Boom hoch bauender und tendenziell durstiger Allradler bald schon ein Ende finden.
Der SUV-Boom ist nicht der einzige Trend, den Opel etwas verschlafen hat. So wird es auch weiterhin kein Doppelkupplungs-Getriebe geben und Opel statt dessen künftig auf automatisierte Schaltgetriebe von Magneti Marelli setzen. Benzindirekteinspritzer und Leichtbaumaßnahmen gehören ebenso auf die To-do-Liste, um kommende Modelle zu mehr Effizienz zu verhelfen. Vor allem bei letzterem hat Opel trotz vieler Fortschritte der jüngsten Zeit zumindest bei den Brot-und-Butter-Modellen durchaus noch Nachholbedarf. Andererseits wird die GM-Tochter mit dem zukunftsweisenden Ampera schon bald einen besonderen Technik-Trumpf ausspielen.