Die ersten Schritte zu diesem Urvater aller Rotary-Sportcoupés vom leichtgewichtigen RX-2 über den Klappscheinwerfer-RX-7 bis zum viertürigen RX-8 erfolgten vor genau 50 Jahren. Bei einem Deutschlandbesuch begeisterte sich Mazda-Chef Tsuneji Matsuda damals für den von Felix Wankel und NSU entwickelten alternativen Antrieb zum Hubkolbenmotor. Als Unternehmer, aber vor allem als leidenschaftlicher Ingenieur wollte Matsuda mit dem Wankelmotor technologische Überlegenheit und Unabhängigkeit demonstrieren und Innovationsträger konnte nach seiner Überzeugung nur ein emotionales Sportcoupé wie der bereits 1963 enthüllte Cosmo sein. Genau wie beim ersten Mazda-Großserienauto, das als R360 Coupé ebenfalls vor 50 Jahren die Basis für den weltweiten Erfolg von Mazda als Automobilhersteller legte.
Während fast alle anderen Hersteller konventionell gezeichnete Zweitakt-Kleinstmobile für die von der japanischen Regierung geförderte winzige Kei-Car-Klasse vorstellten, überraschte Mazda mit einem damals elegant wirkenden City-Coupé, das von einem Leichtmetall-Viertaktmotor auf überlandtaugliche 85 km/h beschleunigt wurde. Noch am Tag seiner Vorstellung, dem 23. Mai 1960, unterschrieben 4.500 Japaner einen Kaufvertrag für den drei Meter kurzen Winzling. Rasch entwickelte sich das mit 380 Kilogramm äußerst leichtgewichtige R360 Coupé zu einem Renner, der Mazda Anfang der 1960er Jahre auf Platz eins der japanischen Zulassungsstatistik beschleunigte.
Erfolgreich mit Wankelmotor
Eine Erfolgsgeschichte, die vom Cosmo Sport fortgeschrieben werden sollte. Ein erster Prototyp wurde bereits auf der Tokyo Motor Show 1963 enthüllt, richtig für Furore sorgte aber erst das Produktionsmodell, das vier Jahre später als weltweit erstes Serienautomobil mit Zweischeiben-Wankelmotor enthüllt wurde. Am 30. Mai und damit mehrere Monate vor dem NSU Ro 80 startete in Hiroshima die Fertigung des 916 Kilogramm leichten und 110 PS leistenden Sportlers, der in damals noch eindrucksvoll flinken neun Sekunden den Sprint auf Tempo 100 absolvierte. Zum Vergleich: Der stärkere Ro 80 brauchte gut drei Sekunden länger. Dank seines exotischen Antriebs und aufregender Formen, die an zeitgenössische Lamborghini oder Ferrari Superamerica erinnerten, brachte der nur als Rechtslenker erhältliche Cosmo Sport 110 S Mazda weltweit in die Schlagzeilen.
Ein gelungener Auftakt für die folgende Exportoffensive. Mit dem preiswerten Familia Coupé, dem schnellen R100 und dem von Bertone gezeichneten, exklusiven Hardtop-Coupé R130 belud Mazda Ende der 1960er Jahre Schiffe nach Nordamerika und Europa. Zwischen den extravaganten Zweitürern standen die Familienlimousinen Familia und Luce – ein großes Exportprogramm mit Eroberungspotential.
Familia-Modelle echte Siegertypen
Zu einem ersten Siegertyp auf Straße, Strecke und in den Verkaufscharts wurden die kompakten Familia-Modelle. Allein von der Spitzenversion, dem R100 Coupé mit etwas längerem Radstand und 100 SAE-PS leistendem Kreiskolbenmotor wurden in nur vier Jahren rund 100.000 Einheiten verkauft – mehr als doppelt so viele wie NSU von der Wankellimousine Ro 80 in zehn Jahren verkaufte. Der R100 löste in den USA eine regelrechte Wankel-Mania aus. Limousinen, Kombis, Pickup - alle Modellreihen wurden mit Kreiskolbenmotor angeboten. Daran änderten auch teure Flops wie das R 130 Coupé als erster Mazda mit Frontantrieb nichts. 1973 waren 92 Prozent aller in die USA verkauften Mazda Rotary-Modelle. Anders in Europa. Hier blieben Kreiskolbenmotoren und fernöstliche Coupés vorerst exotische Außenseiter.
Und dennoch wirkten spektakuläre Sportler wie der Cosmo 110 S, das R 100 Coupé und der 1973 in Deutschland eingeführte, vergleichsweise viel zu teure RX-3 wie Prototypen des Fortschrittes für Mazda. Bei 84- und 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring und in Spa demonstrierten die Rotarier Standfestigkeit und auf den internationalen Automobilsalons waren sie Publikumsmagneten. Und bei Autobahnsprints zogen die leichtgewichtigen Zweitürer R100 und RX-2 sogar Sportikonen wie dem BMW 2002 davon, gar nicht zu reden von vergleichbar motorisierten Familiencoupés wie Ford Capri oder Opel Manta.
Ölkrise setzt dem Wankel zu
Dann kam der Schock für die schluckfreudigen schnellen Rotarier, die weltweit fast 60 Prozent der Mazda-Zulassungen ausmachten: Mit der ersten sogenannten Ölkrise brach der Absatz ein. Mazda geriet in eine Existenzkrise, aus der auch die um bis zu 40 Prozent sparsameren und damals wegweisend emissionsarmen Wankelmodelle RX-4 und RX-5 keinen Ausweg fanden. In Europa bestimmten zwar weiterhin konventionelle Hubkolbenmodelle das Tagesgeschäft, aber mit simplen und bieder geformten Konstruktionen wie Mazda 818, 616, 929 blieben die Japaner aus Hiroshima auf diesem Feld ein Nischenanbieter, bei dem adrette Coupévarianten nur halbherzig als Versuchsballons gestartet wurden.
Zum Retter aus der Not wurde erst die 1977/78 eingeleitete Modelloffensive mit dem Golf-Rivalen 323, der neuen Mittelklasse 626 und dem RX-7 als Auftakt einer automobilen Legende. Wie einst der Cosmo Sport 110 S führte der RX-7 die Japaner auf die Überholspur. Der in schlichter Schönheit gezeichnete Klappscheinwerfer-Keil zielte erfolgreich gegen hochkarätige Wettbewerber wie den Porsche 924 und trug den Wankelmotor in neue Dimensionen. Insgesamt sollten vom RX-7 fast eine Million Einheiten produziert werden. Zugleich sollte der schnelle Sportwagen über 100 der in den USA überaus populären IMSA-Rennen gewinnen. Eine eindrucksvolle Demonstration sportlicher Dominanz für den Wankelmotor, die 1991 die ultimative Krönung finden sollte: Bei den 24 Stunden von Le Mans triumphierte der Mazda 787 B gegen Porsche, Mercedes und Jaguar.
Imageträger RX-7
Den Verkaufszahlen der Straßensportwagen nützte dieser Sieg allerdings nur noch wenig. Der RX-7 hatte den Zenith des Absatzerfolgs bereits überschritten, denn die 1992 eingeführte dritte Generation startete zu Preisen ab 85.500 Mark und war damit doppelt so teuer wie der 1986 lancierte Vorgänger. Mit einem exzellenten Leistungsgewicht von 5,4 Kilogramm pro PS und Fahrtalenten, die von der zeitgenössischen Presse auf einem Niveau mit Corvette oder Porsche angesiedelt wurden, avancierte der letzte RX-7 trotz kleinerer Stückzahl zu einem für Mazda unverzichtbaren Imageträger. Das galt auch für das edle Cosmo Coupé von 1989, in dem die noble Mazda-Tochter Eunos den weltweit ersten Dreischeiben-Kreiskolbenmotor in Serie gehen ließ. Bis 1995 setzte der 280 PS leistende Eunos Maßstäbe in der japanischen Oberklasse, auf einen Export nach Europa verzichtete Mazda allerdings.
Auch der athletische RX-7 verabschiedete sich 1996 aus Europa, schärfere Emissionsgesetze, vor allem aber immer homöopathischere Verkaufszahlen sorgten für einen Rückzug aus der Alten Welt. Für das sportive Volumen waren hier wie auch in Amerika vor allem konventionelle Coupés auf Großserienbasis zuständig: Zunächst die profanen 626 und 929 Coupés, ab 1991 aber auch der 2+2-sitzige MX-3 als Minisportler mit dem damals kleinsten Serien-Sechszylinder der Welt und der MX-6 mit neuartiger elektronischer Allradlenkung. Ansonsten lag es vor allem am Kult-Roadster MX-5, den japanischen Sportsgeist trotz immer zahlreicherer langweiliger Limousinen am Leben zu halten.
- Historie
- Preise
- Motoren
1960: Am 20. Mai startet der Verkauf des ersten Mazda-Großserienmodells, des R 360 Coupé
1961: Entwicklungsstart für Mazda-Wankelmotoren
1963: Bei der Tokyo Motor Show präsentiert Mazda einen ersten Prototypen des Cosmo Sport 110 S, der vom Mazda-Präsidenten Tsuneji Matsuda auf die Showbühne gefahren wird
1965: Weltpremiere für das Mazda Familia 1200 Coupé auf der Tokyo Motor Show. Mit dem Familia Coupé beginnt der Export in alle Welt
1967: Am 30. Mai erfolgt die Vorstellung der Serienversion des Cosmo Sport 110 S, des ersten Serien-Sportwagens mit Zweischeiben-Wankelmotor
1968: Zwei Cosmo 110 S starten beim 84-Stunden-Langstreckenrennen auf dem Nürburgring. Die Motoren halten durch, ein Cosmo platziert sich auf dem vierten Rang
1969: Produktionsbeginn für das Luce R 130 Coupé, das mit hinterer Einzelradaufhängung, Vorderradantrieb und Wankelmotor dem Wettbewerb voraus ist, es aber nicht auf große Stückzahlen bringt. Als 100-SAE-PS starkes Rotary-Coupé soll der R100 den US-Markt erobern. In Europa starten drei R100 bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps
1971: Premiere für den RX-3 als Coupé Savanna
1972: Debüt für das RX-4 Coupé, das erste Fahrzeug überhaupt, das für die US-Abgasstandards von 1975 homologiert wird
1973: Im Juni erfolgen die Deutschland-Debüts von Mazda 818 Coupé und RX-3 Coupé. Außerdem deutsche Markteinführung des 616 Coupés mit 1,6-Liter-Motor. In anderen Ländern ist der 616 auch mit 1,8-Liter-Motor und mit Rotary-Triebwerk als RX-2 Coupé erhältlich. Europapremiere für das 929 Coupé mit 1,8-Liter-Vier-Zylinder und für das RX-4 Coupé mit Zweischeiben-Wankelmotor. Das Deutschland-Debüt wird verschoben
1976: Im Sommer präsentiert Mazda den RX-4-Nachfolger, der als RX-5 auch in Deutschland vermarktet wird. In Japan läuft er unter der Bezeichnung Cosmo AP
1977: Im Februar erfolgt die Markteinführung des 929 Coupé, nur ein Jahr später endet der Import
1978: Im März erfolgt die nordamerikanische Markteinführung des Klappscheinwerfer-Sportwagens RX-7, der vor allem als Porsche-Jäger bekannt wird. Im Oktober feiert der Mazda 626 Weltpremiere als Limousine und Coupé
1979: Im Februar Deutschlandstart für das 626 Coupé und im Mai Einführung des RX-7
1982: Weltpremiere für die zweite Mazda 626-Coupé-Generation auf der Tokyo Motor Show. Erstmals mit Vorderradantrieb, dazu mit neu entwickelten Leichtmetallmotoren. Schon im Februar erscheint das 929 Coupé mit Klappscheinwerfern und markantem Fenster in der B-Säule bei den deutschen Händlern
1983: Im Februar startet der Deutschlandvertrieb des neuen 626 Coupés
1984: Das Mazda 626 2.0i Coupé erhält eine elektronisch geregelte Fahrwerksabstimmung
1985: Premiere für das 626 Coupé GT mit 120 PS
1986: Die zweite RX-7-Generation wird im April eingeführt
1987: Auf der Frankfurter IAA feiert die dritte Generation des 626 Coupés Premiere, der Deutschlandstart erfolgt bereits einen Monat später. Der 626 avanciert zum meistverkauften Importauto in Deutschland
1991: Auf der IAA Frankfurt feiert der Mazda MX-3 Premiere, zwei Motoren stehen zur Wahl, darunter der kleinste Großserien-V6 der Welt
1992: Produktionsende für das Mazda 626 Coupé, Premiere für die dritte Generation des RX-7
1996: Importende für die dritte RX-7-Generation
2003: Der RX-8 mit gegenläufig öffnenden Türen wird in Deutschland eingeführt
2004: RX-8 Hydrogen RE mit Wasserstoffantrieb werden zunächst als Studie präsentiert, gehen später aber in Feldversuche
2010: Das letzte Jahr in Europa für den RX-8
Mazda 818 Coupé (1973): ab 9.960 Mark
Mazda 616 Coupé (1973): ab 10.400 Mark
Mazda 626 Coupé (1979): ab 12.990 Mark
Mazda 626 Coupé 2.0 GT (1985): ab 22.800 Mark
Mazda 626 GLX 2.2i (1988): ab 26.840 Mark
Mazda 929 Coupé (1977): ab 13.890 Mark
Mazda 929 Coupé (1982): ab 18.840 Mark
Mazda 929 2.0i Coupé mit elektron. geregeltem Fahrwerk (1984): ab 24.950 Mark
Mazda MX-3 1.6 (1992): ab 29.480 Mark
Mazda MX-3 V6 (1992): ab 34.980 Mark
Mazda RX-3 Coupé (1973): ab 12.480 Mark
Mazda RX-5 Coupé (1976): ab 21.990 Mark
Mazda RX-7 (1979): ab 22.990 Mark
Mazda RX-7 (1986): ab 40.100 Mark
Mazda RX-7 (1992): ab 85.500 Mark
Mazda RX-8 (2003): ab 26.900 Euro
Mazda R360 Coupé (1960-1965) mit 0,36-Liter-Zwei-Zylinder (16 PS)
Mazda Cosmo Sport 110 S (1967-1972) mit Zweischeiben-Wankelmotor (Kammervolumen 2 x 573 ccm, 110-SAE-PS bzw. 128-SAE-PS)
Mazda Luce R130 (1969-1971) mit Zweischeiben-Wankelmotor (Kammervolumen 2 x 573 ccm, 126-SAE-PS)
Mazda 616 Coupé (1973-1977) mit 1,6-Liter-Vier-Zylindermotor (75 PS)
Mazda 626 Coupé (1978-1982) mit 2,0-Liter-Vier-Zylindermotor (90 PS)
Mazda 626 Coupé (1982-1987) mit 2,0-Liter-Vier-Zylindermotor (101 PS bzw. 120 PS)
Mazda 626 Coupé (1987-1992) mit 2,0-Liter-Vier-Zylindermotor (107 PS bzw. 140 PS)
Mazda 929 Coupé (1977-1978) mit 1,8-Liter-Vier-Zylindermotor (83 PS)
Mazda 929 Coupé (1982-1987) mit 2,0-Liter-Vier-Zylindermotor (101 PS bzw. 120 PS)
Mazda MX-3 (1991-1998) mit 1,6-Liter-Vier-Zylinder- bzw. 1,9-Liter-Sechs-Zylindermotor (88 PS bzw. 107 PS bzw. bzw. 129 PS bzw. 133 PS)
Mazda RX-3 (1971-1978) mit Zweischeiben-Wankelmotor (Kammervolumen 2 x 573 ccm, 95 PS)
Mazda RX-5 (1976-1981) mit Zweischeiben-Wankelmotor (Kammervolumen 2 x 654 ccm, 115 PS)
Mazda RX-7 (1978-1986) mit Zweischeiben-Wankelmotor (Kammervolumen 2 x 573 ccm, 105 PS bzw. bzw. 113 PS bzw. 115 PS)
Mazda RX-7 (1986-1992) mit Zweischeiben-Wankelmotor (Kammervolumen 2 x 654 ccm, 150 PS bzw. 180 PS bzw. 200 PS)
Mazda RX-7 (1992-2003) mit Zweischeiben-Wankelmotor (Kammervolumen 2 x 654 ccm, 240 PS bzw. 280 PS)
Mazda RX-8 (seit 2002) mit Zweischeiben-Wankelmotor (Kammervolumen 2 x 654 ccm, 192 PS bzw. 231 PS)
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Das vorläufige Ende des Wankelmotors
Erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts versuchte sich Mazda neu zu erfinden, zunächst mit der kindlichen Markenbotschaft „Zoom-Zoom“, dann mit sportiven MPS-Versionen der Großserienmodelle 3 und 6. Die Leidenschaft zu schnellen Sportcoupés wurde 2002 mit dem RX-8 wiederbelebt. Der viertürige 2+2-Sitzer hielt das Rotary-Triebwerk am Leben und ging ab 2003 als weltweit erster Sportwagen mit einem Wasserstoff betriebenen Wankelmotor an den Start. Andererseits leitet die ab 2011 geltende Euro-5-Emissionsnorm jetzt das vorläufige Ende des Wankelmotors in Europa ein. Für ein ingenieurgetriebenes Unternehmen wie Mazda jedoch nur Anlass, die Erfolgsgeschichte der Sportcoupés mit Kreiskolbenmotor spätestens zum 50. Geburtstag des Cosmo fortzusetzen. Ein neuer RX-7 soll bereits in den Startlöchern stehen. (SP-X)