Prestigeträchtige Powerpakete, die BMW globale Bekanntheit brachten – und die Bayern dennoch beinahe untergehen ließen Ihre anfänglichen Konkurrenten überlebte sie sämtlich, dabei wurde die Linienführung der Luxuslimousine schon bei der Premiere als barock und betagt kritisiert. Die Käufer des vor 60 Jahren vorgestellten BMW 502 V8 störten sich daran allerdings nicht sonderlich. Schließlich zählt in der Repräsentationsklasse modisches Design traditionell weniger als Prestige, Protz und PS. Und davon konnten die Bayern reichlich bieten. Mit zuletzt 160 PS beschleunigte der weltweit erste Großserien-Leichtmetall-V8 die schwergewichtigen BMW auf das Tempo schneller Supersportwagen. „Der BMW-Wagen soll die Visitenkarte der deutschen Gesellschaft sein“, meinte dazu der kaufmännische Direktor der BMW AG, Hanns Grewenig.
Viele für wenige
Und tatsächlich: Generaldirektoren, wohlhabende Freiberufler und Künstler aus dem Film- und Showgeschäft waren begeistert vom ersten deutschen Nachkriegs-V8. Schließlich hatten weder Mercedes-Benz 300 noch Opel Kapitän oder die Borgward Hansa Pullman-Limousine mehr als sechs Zylinder. Und wer die Vorkriegsformen des BMW zu altbacken fand, für den hielten die Münchner alternative V8-Juwelen bereit. Zunächst den legendären Roadster 507 aus der Feder des Designers Albrecht Graf von Goertz, dann die Coupés und Cabriolets der 503-Typen und ab 1961 das Coupé 3200 CS von Starcouturier Bertone. Eine damals einzigartige Kollektion an Hochkarätern, die sich im frühen Nachkriegsdeutschland letztlich aber doch zu wenige leisten konnten. So brachten die V8 kaum Geld in die BMW-Kasse, stattdessen sollten Kleinstmobile wie die Isetta das Überleben sichern.
Immerhin: Als 1965 mit dem 3200 CS der vorläufig letzte V8-BMW das Band für die Vierzylinder der „Neuen Klasse“ (Typen 1500 bis 2000) frei machte, wurden die Münchner in internationalen Markenrankings erstmals mit Mercedes verglichen. Ein Aufstieg in die automobile High Society, den BMW mit Anzeigen feierte. Zitiert wurde etwa die Rangliste eines amerikanischen Automagazins, das unter den fünf besten Automobil-Marken der Welt drei deutsche sah. „BMW ist dabei. (Herzliche Glückwünsche auch nach Untertürkheim und Zuffenhausen.)“, jubelten die Bayern. Wobei sie geflissentlich verschwiegen, dass die V8-Dickschiffe fast das wirtschaftliche Ende für BMW bedeutet hätten. Vielleicht dauerte es deshalb fast 30 Jahre bis mit 7er und 8er neue, eigenentwickelte V8-Limousinen und Coupés die Geschichte des Barockengels und seiner sportiven Geschwister fortschrieben.
Neustart mit Luxus
Klamme Kasse herrschte bei den Bayerischen Motoren Werke seit Kriegsende, denn damals gingen die hinter der Demarkationslinie liegenden Werksanlagen in Eisenach an den neugegründeten Konkurrenten Eisenacher Motorenwerke (EMW) verloren . Zusätzlich waren die alliierten Siegermächte zurückhaltend mit der Vergabe von Produktionslizenzen. Nach der Währungsreform 1948 stellte BMW endlich sein erstes Nachkriegsfahrzeug in Form des Motorrads BMW R24 vor, parallel wurde aber bereits die Limousine 501 entwickelt, die direkter Nachfolger der Vorkriegsmodelle 326 und 335 werden sollte. Sogar ein neuartiger V8-Motor mit Leichtmetallblock wurde ab 1949 konzipiert, aber vorläufig zugunsten eines erschwinglicheren Sechszylinders zurückgestellt. Die fließenden Formen des BMW 501 mit konservativem, sogenanntem „Vollschutz-Rahmen“ orientierten sich am Vorkriegsdesign, einen modischen Ponton-Entwurf von Pininfarina lehnte die Geschäftsführung ab. Spätstarter BMW wollte bewusst an die Tradition der 1930er-Jahre anknüpfen. Trotz einiger kritischer Pressestimmen vorläufig die richtige Entscheidung, wie die Zahl der Vorbestellungen beim IAA-Debüt 1951 verriet.
Ausgeliefert wurde der BMW 501 allerdings erst zum Jahresende 1952 und das zu exorbitant hohen Preisen ab 15.150 Mark. Nur eine deutsche Limousine, der staatstragende Mercedes-Benz 300, war damals noch teurer. Dessen Rang als Kanzlerauto sollte eine Kraftkur erschüttern, die BMW seinem Flaggschiff im Frühjahr 1954 spendierte. Mit 2,6-Liter-Achtzylinder und prestigeträchtigen 100 PS präsentierte sich der größte Bayer nun unter dem Signet BMW 502 als 160 km/h schneller Autobahnbolzer, vor dem sogar Porsche rechtzeitig die Überholspur räumten. Warnte doch ein durchdringender Pfeifton alle anderen Verkehrsteilnehmer vor dem schnellen Münchner Stürmer. Eine akustische Eigenart, die sich zufällig durch die Gestaltung von Grill und Front aller BMW 501/502 ergeben hatte und die nur der V8 bei Vmax auslöste. Die aber nicht genügte, um die deutsche Regierungsspitze zum Umstieg zu bewegen – im Unterschied zu Ministerpräsidenten, Bankdirektoren und Behörden, die den barocken BMW mit Komfortdetails wie weit öffnenden, gegenläufigen Portaltüren geradezu liebten. Konrad Adenauer dagegen war seinem 300er so sehr verbunden, dass nicht einmal eine eigens entwickelte V8-Pullman-Limousine in Form des weit moderneren BMW 505 eine Chance hatte. Nach einer kurzen Sitzprobe ließ sich der Kanzler im gewohnten Mercedes zum nächsten Termin chauffieren und das staatstragende BMW-Flaggschiff verschwand nach der Publikumspremiere auf der IAA 1955 in der Versenkung.
Die Schönen für die Reichen
Dort debütierten zudem gleich mehrere gänzlich andere Traumautos von der Isar. In Fortsetzung einer großen Tradition aus der Vorkriegszeit waren zunächst Coupé- und Cabriolet-Varianten der barocken Limousinen bei den Karossiers Autenrieth und Baur entstanden, jetzt folgten formal eigenständige Sportler: Der BMW 503 als wahlweise offener oder geschlossener Grand Turismo und der BMW 507 als Roadster. „Weiß-blaue Diamanten vom Isarstrand“, „schönste Automobile der Welt“ oder schlicht „BMW-Sensation“ nannte die Medienwelt die neue Achtzylinder-Parade. Besonders der formvollendete Roadster konnte es mit allen Stilikonen jener Tage aufnehmen, auch mit dem Flügeltür-Mercedes 300 SL. So existieren fast alle der ab 1956 gebauten BMW 507 bis heute – allerdings wurden es zur Enttäuschung von BMW nicht mehr als 253 Einheiten.
1955 erreichte die erste Nachkriegsoberklasse aus München den frühen Zulassungszenit ihrer keineswegs kurzen Karriere. 4.567 Einheiten waren für die Modelle 501/502 zwar mehr als ein Achtungserfolg, aber zugleich auch nur ein kurzes Aufflammen. Denn schon zwei Jahre später stürzten die Zahlen auf 1.701 Zulassungen. Daran konnten auch Maßnahmen wie mehrere Leistungskuren (ab 1955 mit 3,2-Liter-V8 und bis 120 PS, ab 1962 mit maximal 160 PS) nichts ändern. Das sogenannte Großwagen-Geschäft brachte nie den erhofften Gewinn. Ursprünglich hatte BMW mit bis zu 25.000 Einheiten pro Jahr gerechnet; es blieb bei einem Bruchteil davon.
- Chronik
- Ausgewählte Preise
- Wichtige Motorisierungen
1947: BMW startet die Entwicklung einer neuen stattlichen Reiselimousine
1948: BMW nimmt die Produktion von Motorrädern wieder auf
1949: Seit Frühjahr Erprobung eines V8 mit Leichtmetallblock für 2,0- bis 3,0-Liter Hubraum
1950: Die ersten Prototypen der neuen BMW-Oberklasse werden dem Vorstand gezeigt, Pininfarina entwirft eine alternative Pontonform, die aber abgelehnt wird
1951: Auf der Frankfurter IAA feiert der BMW 501 am 17. April Weltpremiere, allerdings noch in Vorserienversion
1952: Im November Produktionsbeginn des 501 zum Preis von 15.150 Mark. Damit ist der BMW 501 die zweitteuerste Limousine (nach dem Mercedes 300) aus deutscher Produktion. Die Karosserien liefert vorerst die Firma Baur in Stuttgart
1954: Auf dem Genfer Salon debütiert der BMW 502 mit dem ersten europäischen V8-Leichtmetallmotor. Im September startet die Serienproduktion. Der frühere Veritas-Konstrukteur Ernst Loof entwickelt für BMW einen Roadster auf Basis des 502. Der Vorstand erteilte aber keine Freigabe für die Serienproduktion. Stattdessen Entwicklungsstart für den BMW 507
1955: Ab Mai neue Typenbezeichnung BMW 502 2,6 Liter. Ab September Panoramaheckscheibe für den BMW 502 und größerer 3,2-Liter-V8-Motor. Auf der IAA debütiert der BMW 503 als Coupé und Cabriolet, außerdem der Roadster BMW 507. Die BMW 505 Repräsentationslimousine feiert ebenfalls auf der IAA Premiere. Die Modelle 501/502 haben ihr bestes Verkaufsjahr mit insgesamt 4.567 Zulassungen. Der Karossier Baur baut 26 Einheiten als BMW 502 V8 Coupé, 39 Einheiten als BMW 502 V8 Cabriolet und 11 Einheiten als BMW 502 V8 viertüriges Cabriolet. Weitere einzelne Coupés und Cabriolets gibt es von Autenrieth/Darmstadt sowie Krankenwagen und Bestattungsfahrzeuge von Binz, Miesen und Pollmann
1956: Produktionsstart für BMW 503 und 507
1957: Nur noch 1.701 BMW 501/502 werden produziert
1958: Zum Modelljahr 1959 geht der BMW 2,6 Liter Luxus an den Start. Ende des Jahres Produktionsauslauf für den BMW 501 mit Sechszylindermaschine
1959: Einstellung des BMW 503 nach 273 Coupés und 139 Cabriolets. Auslauf des BMW 507 nach 252 Einheiten
1961: Ab Juli neue Version BMW 2600 L, außerdem für alle V8 Scheibenbremsen serienmäßig, runde Heckleuchten. Neue V8-Modellgliederung in BMW 2600 und BMW 3200. Auf der Frankfurter IAA feiert der BMW 3200 CS Premiere
1962: Markteinführung des BMW 3200 CS mit bei Bertone gebauter Coupé-Karosserie
1963: Im Dezember laufen die letzten Einheiten der BMW Oberklassetypen mit V8 vom Band. Insgesamt wurden 13.044 V8-Limousinen gebaut
1964: Die V8-Limosuinen werden aus den Preislisten gestrichen, nur der BMW 3200 CS läuft weiter
1965: Produktionsauslauf des BMW 3200 CS nach 538 Einheiten (davon 1 Cabrio). BMW erhält die amerikanische Medienauszeichnung, zu den fünf besten Marken der Welt zu zählen. Kurzzeitiger Nachfolger des BMW 3200 CS wird zwei Jahre später der BMW-Glas 3000 V8
BMW 501 Sechszylinder (1951): ab 15.150 Mark (inkl. Radio)
BMW 501 Achtzylinder (1955): ab 13.950 Mark
BMW 501 Achtzylinder (1960): ab 15.450 Mark
BMW 502 2,6 Liter V8 (1954): ab 17.800 Mark
BMW 502 2,6 Liter V8 (1960): ab 17.450 Mark
BMW 502 2,6 Liter V8 Coupé (1954): ab 21.800 Mark
BMW 502 2,6 Liter V8 Cabriolet (1954): ab 21.900 Mark
BMW 502 2,6 Liter V8 Cabriolet vier Türen (1954): ab 21.900 Mark
BMW 502 3,2 Liter V8 (1955): ab 17.850 Mark
BMW 502 3,2 Liter V8 (1960): ab 18.850 Mark
BMW 502 3,2 Liter Super V8 (1960): ab 21.240 Mark
BMW 503 Coupé (1956): ab 29.500 Mark
BMW 503 Cabriolet (1956): ab 29.500 Mark
BMW 503 Coupé (1958): ab 32.950 Mark
BMW 507 Roadster (1956): ab 26.500 Mark
BMW 507 Roadster (1958): ab 29.950 Mark
BMW 2600 V8 (1961): ab 16.240 Mark
BMW 2600 L V8 (1961): ab 18.240 Mark
BMW 3200 L V8 (1961): ab 19.640 Mark
BMW 3200 S V8 (1961): ab 21.240 Mark
BMW 3200 CS V8 (1962): ab 29.850 Mark
BMW 501 (1951-1954) mit 2,0-Liter-(48 kW/65 PS)-Sechszylinder-Motor
BMW 501 A/501 B (1954-1955) mit 2,0-Liter-(53 kW/72 PS)-Sechszylinder-Motor
BMW 501 Sechszylinder (1955-1958) mit 2,1-Liter-(53 kW/72 PS)-Sechszylinder-Motor
BMW 501 Achtzylinder (1955-1961) mit 2,6-Liter-(70 kW/95 PS)-V8-Motor
BMW 502 2,6 Liter (1954-1961) mit 2,6-Liter-(74 kW/100 PS)-V8-Motor
BMW 502 3,2 Liter (1955-1961) mit 3,2-Liter-(88 kW/120 PS)-V8-Motor
BMW 502 3,2 Liter Super (1957-1961) mit 3,2-Liter-(103 kW/140 PS)-V8-Motor
BMW 2600 (1961-1962) mit 2,6-Liter-(74 kW/100 PS)-V8-Motor
BMW 2600 L (1962-1963) mit 2,6-Liter-(81 k110 PS)-V8-Motor
BMW 3200 L (1961-1962) mit 3,2-Liter-(103 kW//140 PS)-V8-Motor
BMW 3200 S (1962-1963) mit 3,2-Liter-(118 kW/160 PS)-V8-Motor
BMW 503 (1956-1959) mit 3,2-Liter-(103 kW/140 PS)-V8-Motor
BMW 507 (1956-1959) mit 3,2-Liter-(111 kW/150 PS)-V8-Motor
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Mit mächtig Power dem Ende entgegen
Im Jahr 1961 wollten die Münchner letztmals den Absatz ankurbeln mit einer sanften Modellpflege der V8-Limousinen und der allerdings wieder verworfenen Überlegung, die Pininfarina-Karosserie des Lancia Flaminia zu adaptieren. Vielleicht auch, weil der Untergang des Borgward-Konzerns Lücken hinterließ, die gefüllt werden wollten. So buchte BMW in diesem Jahr kurzentschlossen die benachbarte IAA-Standfläche des am Boden liegenden Konkurrenten und bereitete dadurch gleich zwei eigenen Modellen ein glamouröses Debüt, das es so auf der Frankfurt Messe noch nicht gegeben hatte. Neben den Vierzylinder-Limousinen der „Neuen Klasse“ enthüllten die Münchner das neue Achtzylinder-Traumcoupé BMW 3200 CS, das tatsächlich weltweites Aufsehen erregte und nicht nur die Sechszylinder-Zweitürer aus Stuttgart deklassierte. Entworfen hatte das grazile Hardtop-Coupé die Carrozzeria Bertone und dort entstanden auch die Rohkarosserien. Noch einmal machte BMW so Schlagzeilen als Luxusmarke, allerdings noch immer keine entsprechenden Stückzahlen. So blieb es bis zum Finale, das die V8-Limousinen 1963 nach nur 13.000 Einheiten ereilte und sich zwei Jahre später nach gerade einmal 537 Coupés für den 3200 CS realisierte.