Er war nicht der erste moderne Mini, aber er hat das Kleinwagenfahren klassenlos schick gemacht. Als ebenso praktisch wie pfiffig gestyltes Stadtauto mit Frontantrieb distanzierte sich der Renault 5 vor 40 Jahren bewusst vom bisherigen, eher negativ besetzten Kleinwagen-Image und zielte sogar ins Herz modebewusster und beruflich erfolgreicher Kunden. Entsprechend schnell wurde das Modellprogramm des Renault 5 erweitert um sportliche LS- und TS-Varianten, eine damals bei Minis außergewöhnliche Automatik-Version, den extrem sparsamen Renault 5 GTL sowie scharfe Turbo- und exklusive Nobelvarianten. In seiner zweiten Generation, die vom legendären Designer Marcello Gandini geformt wurde, machte der französische Geniestreich als "Kleiner Freund" fast ebenso viel Furore – bis der Renault 5 nach insgesamt über neun Millionen Einheiten in 22 Jahren Platz machte für gleich zwei Nachfolger, den etwas größeren Clio und den Twingo.
Kultstatus
Obwohl Rost und Verschrottungsaktionen den Renault 5 wie alle damaligen Alltagshelden erschreckend schnell eliminierten, eroberte der "R 5", wie ihn seine Fans traditionell nennen, von Beginn an einen Kultstatus, der dem des englischen Mini vergleichbar war. Möglich machten dies nicht zuletzt spektakuläre Sportversionen, die mit Alpine-Logo oder als 160 PS starker Mittelmotor-Racer genug Kraft hatten, um manch etabliertem Sportwagen davon zu fahren.
Aber auch durch sein selbstbewusstes Debüt als charismatischer Comic-Held gewann der Renault 5 von Beginn an Sympathien. "Hallo, ich bin der Renault 5...man nennt mich auch Superauto!", verkündete der Kleine 1972 mit verschmitztem Lächeln. Die Basis für ein Image und einen Nimbus, von dem Rivalen des R 5 wie Fiat 127 (seit 1971), Peugeot 104 (ab 1972), Audi 50 (ab 1974), VW Polo (ab 1975) oder Citroen LN (ab 1976) oft nur träumen konnten.
Letzter Schrei
Seine neuartigen Kunststoffstoßstangen waren "dernier cri" zu einer Zeit, als sich die modebewusste Dame in bonbonfarbene Lackstiefel kleidete. Der bunt lackierte und knuffig-kompakte Renault 5 blinzelte 1972 in eine Welt, die sich an die Miniröcke schon gewöhnt hatte. Obwohl der sympathische Franzose für das noch lange vom Käfer bestimmte deutsche Straßenbild immer etwas zu modisch war, wurde er hinter dem Renault 4 – von dem er einige geniale Ideen übernommen hatte – auch hierzulande zur zweiten Kraft in der Renault-Modellfamilie.
Die Nummer 5 war der erste wirklich moderne Renault im Segment der drei- und fünftürigen Kleinwagen, ein Auto, dessen Design und Konzept über Jahrzehnte die Modellentwicklung bei den Franzosen bestimmte. "Ein Auto, das in der Lage ist, soziale Grenzen zu überschreiten – weil sich die Frau von Welt, der Arzt und der Arbeiter mit ihm vor einer roten Ampel treffen und sich dabei gleichermaßen wohl fühlen können", wie es Michel Boué, Chefdesigner des Renault 5, einst formulierte.
Rennsemmeln
Doch nicht nur auf der Straße leitete die Nummer 5 ein neues Zeitalter ein: Auch auf europäischen Rennstrecken begann mit dem R 5 eine andere Ära. Wie zehn Jahre zuvor der englische Mini etablierte nun der kleine Franzose nationale Markenpokalserien, die bei Nachwuchsrennfahrern und Zuschauern eine Welle der Begeisterung auslösten.
Was in Deutschland als Renault-5-Elf-Pokal mit 40 Startern begann, entwickelte sich zu einer europaweiten Euphorie. Insgesamt 1.500 Renn-Fünfer kämpften schließlich in neun Nationen um landeseigene Trophäen. Für die Champions unter den Piloten gab es eine eigene Europameisterschaft.
Sensationserfolge
Zum illustren Fahrerfeld der Rennsemmeln, deren Kunststoff-Stoßfänger stets schnelle Feindberührung suchten, zählten auch deutsche Motorsportgrößen wie Christian Danner, Joachim Winckelhock oder Volker Stryczek. Während sich die R 5 der Nachwuchsfahrer mit 56 PS bis 180 PS begnügten, setzten die wilden Reiter der legendären Gruppe-B-Rallye-Weltmeisterschaft auf die kaum zu bändigende Kraft von 250 PS bis zu 408 PS in ihren Mittelmotorrennern der Typen R 5 Turbo und Maxi 2. Nach einem Sensationserfolg bei der Rallye Monte Carlo 1981 gegen Audi Quattro, Lancia Stratos oder Porsche 911 fuhren die überstarken Hecktriebler noch manches Mal die immer zahlreicheren Allradboliden der Konkurrenz in Grund und Boden.
Die wirklich entscheidenden Siege fuhr die Nummer 5 aber an der Verkaufsfront ein – und dort entschieden weder maximale Motorleistung noch Sporttriumphe. Das Gesamtkonzept des Autos musste stimmen und hier konnte der Renault 5 nicht nur in Vergleichstest der zeitgenössischen Fachpresse punkten. Auf nur 3,51 Metern Länge bot er Platz für vier Erwachsene und viel Gepäck, das bequem durch die weit aufschwingende Heckklappe eingeladen werden konnte. Dank kleinen Wendekreises von nur 9,8 Metern und großer Übersichtlichkeit wieselte der flotte Franzose flink durch dichtesten Verkehr und in knappe Parklücken.
Frauenauto
Dafür liebten ihn die Frauen: Ihr Käuferanteil betrug damals ungewöhnliche 50 Prozent. Aber auch auf Langstrecken sollte der R 5 dank hohen Federungskomforts eine gute Figur machen. Davon überzeugten sich sogar die Amerikaner: In den USA und in Kanada wurde der winzige Pariser als "Le Car" von American Motors (AMC) über 1.300 Händler angeboten. Sogar die Behörden betörte der Charmeur – bei der Polizei von Washington ersetzten einige "Le Car" die sonst so populären Straßenkreuzer.
Auf Spezialversionen setzten auch andere Nationen. Bei der iberischen Tochter FASA lief der R 5 mit repräsentativem Stufenheck unter der Bezeichnung Siete (spanisch für sieben) vom Band. In Belgien lancierte der holländische Ex-Rennfahrer Ernst Berg von der zweiten R-5-Generation 1986 ein elegantes Cabriolet ohne den sonst üblichen Überrollbügel. Zum Bedauern von Fachpresse und Fans blieb es bei Einzelstücken des Frischluftmodells.
Zahlreiche Speziaversionen
Karossier Christian de Léotard baute aus dem knackig-kurzen Standard-Dreitürer einen endlos lang wirkenden Dreiachser, der sogar offroadtauglich war und in Kleinstserie gebaut wurde. Ganz anders die dreitürigen (ab 1972), fünftürigen (ab 1979) und Kleintransporter Rapid (ab 1986) R 5, die alle auf außergewöhnliche Stückzahlen kamen und beim Zieleinlauf sogar den ersten Revoluzzer im Zeichen des Rhombus, den R 4, übertrafen.
Besonders in Deutschland half der R 5 entscheidend, die Renault-Zulassungen auf beachtlicher Höhe zu halten. So stellten die Franzosen ausgerechnet nach dem Schock der ersten Ölkrise im Krisenjahr 1974 einen Absatzrekord auf: 7,2 Prozent Marktanteil wurden zur einsamen Messlatte für die folgenden Jahrzehnte.
- Chronik
- Ausgewählte Produktionszahlen
- Ausgewählte Preise
1967: Erste Designentwürfe für einen neuen dreitürigen Frontantriebskleinwagen mit Heckklappe. Projektname 122. Designer des künftigen Renault 5 ist Michel Boué. Geplant werden auch ein fünftüriger Kombi und ein Coupé
1972: Im Januar Produktionsanlauf des Renault 5. Weltpremiere feiert der neue Kleinwagen aber erst im März auf dem Genfer Salon
1974: Die spanische Renault-Tochter Fasa präsentiert den Renault 7 (Siete), einen Renault 5 als viertürige Stufenhecklimousine. Renault 5 LS wird neue Spitzenversion der Modellpalette. Im April startet die Motorsportserie Renault elf Pokal mit Renault 5
1976: Kennzeichen des Renault 5 GTL sind robuste Kunststoffleisten an den Wagenflanken. Vorstellung und Auslieferung der ersten 130 Einheiten des neuen Renault 5 Alpine. Unter der Bezeichnung Le Car wird der Renault 5 in Nordamerika angeboten. Den Vertrieb übernimmt American Motors (AMC) über 1.300 Händler. In Washington werden Le Car- Polizeifahrzeuge eingesetzt
1978: Renault 5 Automatik geht in Serie. Zweiter Platz bei der Rallye Monte Carlo für Renault 5 Alpine unter Jean Ragnotti
1979: Auf der Frankfurter IAA feiert der Renault 5 mit Facelift Premiere. Neu ist eine viertürige Karosserievariante. Im Oktober wird die Sonderserie Renault 5 Le Car mit US-Optik aufgelegt. Im Dezember erfolgt die Vorstellung des Renault 5 Turbo mit 160-PS-Mittelmotor (Platzierung anstelle der Fondsitzbank). Serienstart aber erst 1980. Präsentation der Sicherheitsstudie Epure mit Fußgängerschutz
1980: Der Karossier Heuliez präsentiert den Renault 5 Le Car Van mit Bullaugen statt hinterer Seitenfenster
1981: Der Renault 5 Turbo siegt unter Jean Ragnotti und Marc Andrié bei der Rallye Monte Carlo. Neues Spritsparmodell ist der Renault 5 GTL, der sich mit einem Normverbrauch von 4,5 Liter/100 km bei Tempo 90 begnügt. Der Renault 5 TS startet als luxuriöse Spitzenversion, der Renault 5 Rodéo als Freizeit- und Jagdfahrzeug mit rustikaler Optik und Kunststoffkarosserie
1982: Ragnotti und Andrié siegen bei der Tour de Corse mit dem Renault 5 Turbo
1983: Der Renault 5 Turbo 2 geht in Serie, nachdem vom Vorgänger etwa 1.400 Einheiten produziert wurden. Der Renault 5 überschreitet die Produktionszahl von fünf Millionen Einheiten. Außerhalb Frankreichs wird der Kleinwagen in 11 Ländern in Lizenz gefertigt
1984: Vorstellung der zweiten Generation des Renault 5 (Supercinq) auf dem Pariser Salon. Verantwortlich für das Design war Marcello Gandini
1985: Im Januar erfolgt die Markteinführung des neuen Renault 5. Auf dem Genfer Salon debütiert der Maxi Turbo als Homologationsfahrzeug für die Gruppe B im Rallyesport. Neu ist auch eine Dieselmotorisierung im Renault 5. Spitzenversion ist der Renault 5 GT Turbo mit 85 kW/115 PS. Ragnotti siegt bei der Rallye Tour de Corse mit einem 300 kW/408 PS starken Renault 5 Turbo 2
1986: Der Renault 5 GTL ist mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator lieferbar. Auslieferungsbeginn für die Dieselversionen in Deutschland. Der Kleintransporter Renault 5 Rapid tritt die Nachfolge des Renault 4 Rapid an. Der Brüsseler Karossier EBS präsentiert ein Renault 5 Cabrio ohne Überrollbügel, das jedoch nur in Einzelstücken entsteht. Im Juni laufen die letzten Einheiten von Renault 5 der ersten Generation vom Band
1987: Der Renault 5 Campus startet als neue Einstiegsversion
1989: Alle Renault 5 verfügen über einen geregelten Drei-Wege-Katalysator. Sieg eines Renault 5 GT Turbo bei der Rallye Elfenbeinküste
1991: Auch nach Einführung von Clio (1991) und Twingo (1992) bleibt der Renault 5 vorläufig im Programm
1994: Mit der Einstellung der Dieselversionen verabschiedet sich der Renault 5. Auf dem Heck tragen die letzten Renault 5 den Schriftzug "Bye Bye"
Insgesamt 9.008.912 Einheiten,
davon 5.544.695 Einheiten der ersten Renault-5-Generation (1971-1986),
davon 164.790 Renault 7/Siete, 4.987 Renault 5 Turbo, 20 Renault 5 Maxi, 1.268.127 Renault 5 TL (1971-1984), 70.317 Renault 5 Alpine (1976-1981), 59.202 Renault 5 Alpine Turbo (1981-1984)
Renault 5 L (1973): ab 6.775 Mark
Renault 5 TL (1973): ab 7.125 Mark
Renault 5 L (1979): ab 8.995 Mark
Renault 5 TL (1979): ab 9.650 Mark
Renault 5 GTL (1979): ab 10.550 Mark
Renault 5 Automatic (1979): ab 11.450 Mark
Renault 5 TS (1979): ab 11.350 Mark
Renault 5 Alpine (1979): ab 14.120 Mark
Renault 5 (1982): ab 10.220 Mark
Renault 5 TL (1982): ab 10.990 Mark
Renault 5 GTL (1982): ab 12.200 Mark
Renault 5 Automatic (1982): ab 13.300 Mark
Renault 5 TS (1982): ab 12.950 Mark
Renault 5 Alpine Turbo (1982): ab 17.700 Mark
Renault 5 Turbo (1982): ab 44.660 Mark
Generationswechsel
Renault 5 C (1985): ab 11.590 Mark
Renault 5 TL (1985): ab 12.490 Mark
Renault 5 GTL (1985): ab 13.490 Mark
Renault 5 Automatic (1985): ab 16.050 Mark
Renault 5 TSE (1985): ab 16.290 Mark
Renault 5 GT Turbo (1985): ab 19.890 Mark
Renault 5 Campus (1988): ab 13.090 Mark
Renault 5 TL (1988): ab 14.150 Mark
Renault 5 GTR (1988): ab 15.330 Mark
Renault 5 Automatic (1988): ab 17.650 Mark
Renault 5 GTE (1988): ab 21.900 Mark
Renault 5 GT Turbo (1988): ab 21.900 Mark
Renault 5 SD Diesel (1988): ab 15.790 Mark
Renault 5 GTD Diesel (1988): ab 16.990 Mark
Renault 5 Campus (1991): ab 15.090 Mark
Renault 5 TR Prima (1991): ab 16.650 Mark
Renault 5 GTE Le Mans (1991): ab 23.750 Mark
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Kein Supercar
Diese Marke konnte auch die 1984 lancierte zweite Generation des Renault 5 nicht knacken, obwohl der "Kleine Freund" nun fast alles etwas besser konnte. Der in Frankreich "Supercinq" (Superfünf) genannte Mini war größer und erwachsener geworden und ermöglichte mehr individuelle Auswahl mit Motoren vom sparsamen Diesel bis zum spritzigen Turbo. Die einstige Alleinstellung im Markt hatte er jedoch nicht mehr – flotte Flitzer mit klassenlosem Schick gab es inzwischen von vielen Herstellern.
Härtester Herausforderer wurde der Peugeot 205, der den "Supercinq" in den Produktionszahlen sogar knapp schlagen konnte. Ein Supercar war der Supercinq also nicht, aber dieses Talent besaß nicht einmal der erste R 5, der in Vergleichstests der Fachpresse in späteren Jahren auch Niederlagen einstecken musste. Dennoch weinten nicht nur die Fans, als sich der kleine Freund und Frauenversteher 1994 endgültig in den Ruhestand verabschiedete. "Bye Bye" stand auf dem Heck der letzten Serie des Renault 5.