Damals eroberte BMW mit der Motorsport GmbH ein Terrain, das sich scheinbar fest in der Hand von Tunern befand, die Renn- und Rallyetechnik auf Straße und Strecke brachten. Allein Ford konnte mit der Sportmarke RS bereits seit 1968 eigene Zeichen setzen. Für die Bayern Ansporn, es noch besser zu machen. Zunächst mit dem 2002 als kleinem Kraftpaket im Rallyesport, dann mit legendären Tourenwagen wie dem flügelbewehrten Leichtbau-Coupé 3.0 CSL und dem Supersportwagen M1 und schließlich mit fast schon überstarken Fahrmaschinen in nahezu allen Modellreihen.
Im Zeichen des Sports
Sommer 1972. München stand ganz im Zeichen des Sports. Der FC Bayern war deutscher Fußballmeister geworden, die olympischen Spiele standen bevor und bei BMW forderte der neue Marketingvorstand Robert A. Lutz sportliche Höchstleistungen ein. Tatsächlich erneuerte sich die weiß-blaue Marke in jenem Jahr so grundlegend wie zuvor nur bei der Einführung der "Neuen Klasse". Während der erste 5er im Sommer 1972 zum Maßstab in der Mittelklasse wurde, kündeten an den Rennstrecken bald schon die Farben blau-violett-rot von der BMW Motorsport GmbH als neuer Macht aus München.
Geleitet wurde die Rennabteilung von Jochen Neerpasch, der zuvor die Ford RS zur bestimmenden Größe auf Rallyepisten und Rundstrecken gemacht hatte. Nun gelang es Neerpasch mit der Abteilung Motorsport Rennfahrer geradezu magnetisch anzuziehen. Chris Amon, Hans-Joachim Stuck, Dieter Quester, Björn Waldegaard oder Achim Warmbold gaben der PS-Schmiede ein Gesicht und trieben die BMW 2002 und vor allem das völlig neu entwickelte Leichtbaucoupé 3.0 CSL schon in der ersten Saison von Sieg zu Sieg.
Beherrschend
Tatsächlich beherrschte der BMW 3.0 CSL die Tourenwagenszene mit dem ersten Vierventil-Sechszylinder-Reihenmotor und der ersten ABS-Bremsanlage (ab 1974) nahezu ein Jahrzehnt nach Belieben. Für die Überholspur im Alltagsverkehr rüstete die Motorsport GmbH ab 1974 den 5er auf zum 530i, 533i und 535i. Bis 1980 entstanden so knapp 900 Limousinen mit Werkstuning.
Weltweit bekannt wurde der Buchstabe M aber erst durch einen Supersportwagen, für den die Münchner eine Kooperation mit Lamborghini eingingen. Während BMW die Technik für den M1 lieferte, sollten die Karosserie und die Bodengruppe von Lamborghini kommen. Noch vor Serienanlauf geriet Lamborghini allerdings in finanzielle Schieflage. Nun wurde improvisiert. Giorgio Giugiaros Unternehmen Ital Design lieferte die von Subunternehmern gefertigte Kunststoffkarosserie mitsamt Gitterrohrrahmen nach Stuttgart zum Karossier Baur, der die von BMW gelieferte Mechanik einbaute.
- Chronik
- Wichtige Motoren
1972: Am 1. Mai nimmt die BMW Motorsport GmbH den Betrieb auf. Chef der zunächst 35 Mann starken Spezialisten-Truppe wird Jochen Neerpasch. Als Rennfahrer engagiert werden Hans-Joachim Stuck, Dieter Quester, Chris Amon und Toine Hezemans, für die Rallyes Björn Waldegaard und Achim Warmbold. Die BMW Motorsport GmbH bezieht wenige Monate nach der Gründung ein eigenes Betriebsgelände in der Nähe des BMW-Stammwerks
1973: In Rallyes kommt ein 950 Kilogramm leichter BMW 2002 mit 2,0-Liter-Vierventil-Vierzylinder mit 177 kW/240 PS zum Einsatz. Entwicklung des Tourenwagencoupés 3.0 CSL mit 3,3-Liter-Reihen-Sechszylinder-Einspritzmotor. Optisches Erkennungszeichen von Fahrzeugen und Fahrern und Teammitgliedern sind drei Farbstreifen (blau, violett und rot) auf weißem Grund. Schon in diesem Jahr gewinnen Stuck und Amon den Großen Preis der Tourenwagen auf dem Nürburgring. Auch der Sieg der Tourenwagen-Klasse bei den 24 Stunden von Le Mans geht an BMW
1974: Im 3.0 CSL debütiert das erste BMW-Antiblockiersystem. Als erste Serienfahrzeuge mit Straßenzulassung führt die BMW Motorsport GmbH die Typen 530, 533i und 535i ein
1975: Um die Markenbekanntschaft von BMW zu steigern, konzentriert die Motorsport GmbH sich auf das Engagement in der amerikanischen IMSA-Rennserie
1976: Ab Februar ist die Motorsport GmbH auch mit der Durchführung von Fahrer-Trainings betraut. Die Autos – BMW 320i mit 125 PS Leistung - werden den Fahrern zur Verfügung gestellt. Ein Jahr später wird der Driftmeister Rauno Aaltonen zum Chefinstruktor der Trainings
1978: Marktstart des 1,14 Meter flachen Mittelmotor-Sportwagens M1, des ersten BMW mit der Bezeichnung "M". Die Straßenversion leistet 204 kW/277 PS, das Wettbewerbsfahrzeug für den Renneinsatz sogar 346 kW/470 PS
1979: Seit 1973 gewann der 3.0 CSL sechsmal die Tourenwagen-Europameisterschaft
1980: M535i geht in Serie. Bekanntgabe des Engagements von BMW in der Formel 1. Aus einem 1,5-Liter-Vierzylinder entwickelt die Motorsport GmbH, jetzt unter Rennleiter Dieter Stappert und dem technischen Geschäftsführer Paul Rosche ein 588 kW/800 PS starkes Formel-1-Aggregat
1982: Brabham startet mit BMW-Motor in der Formel 1
1983: Nelson Piquet erringt auf Brabham BMW die Formel-1-Weltmeisterschaft. Mittlerweile sind bei der BMW Motorsport GmbH 380 Mitarbeiter beschäftigt
1984: Im M635 CSI Coupé und im M5 wird der Sechszylinder aus dem M1 eingesetzt. Im M5 leistete er 210 kW/286 PS
1986: Erweiterung des Werksgeländes um ein zweites Areal, ebenfalls im Münchner Umfeld. Einführung des BMW M3 (E30) als zweitürige Straßen- und Rennversion
1987: Auf einem M3 gewinnt Roberto Ravaglia die Tourenwagen-Weltmeisterschaft. Zwei Tourenwagen-Europameisterschaften und zwei Titel in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) sowie zahlreiche weitere Siege folgen
1988: Einführung der zweiten Generation des M5
1992: Marktstart für den M5 Touring. Im gleichen Jahr geht die zweite Generation des M3 (E36) als Coupé an den Start. Ein Cabrio und eine etwas komfortabler abgestimmte viertürige Limousine sind in Vorbereitung
1993: Ab August firmiert die einstige Motorsport GmbH als BMW M GmbH
1995: Modellpflege für den M3 mit Leistungssteigerung auf 236 kW/321 PS aus nunmehr 3,2 Litern Hubraum. Gründung der BMW Motorsport Ltd. in Großbritannien, in der alle Motorsportaktivitäten der Marke gebündelt werden. Die BMW M GmbH umfasst die drei Bereiche BMW M Fahrzeuge, BMW Individual (individuelle Anpassung und Ausstattung der M-Modelle) und BMW Fahrertraining
1997: Verkaufsbeginn des M Roadster – eines Z3 Roadsters mit dem 236 kW/321 PS-Motor aus dem M3. Bald darauf folgt das M Coupé, abgeleitet vom Z3 Coupé
1998: Enthüllung der dritten M5-Generation mit neu entwickeltem V8-Benziner. Optisches Kennzeichen sind u.a. die vier Auspuffendrohre
2000: Die dritte Generation des M3 rollt in die Verkaufsräume der Händler
2003: Verschärfte Version des M3 wird mit dem Namenszusatz "CSL" (steht für "Coupé Sport Leichtbau") angeboten. Besonderheiten: Dach, Mittelkonsole und Türverkleidungen sind aus Kohlefaserverbundstoff gefertigt. Leistungssteigerung auf 265 kW/360 PS. Insgesamt werden 1.383 Fahrzeuge verkauft
2004: Einführung des neuen M5, nun mit Zehn-Zylinder-Aggregat
2005: Der Zehn-Zylinder kommt auch im M6 zum Einsatz
2006: Z4 Coupé und Roadster werden mit dem 252 kW/343 PS-Sechszylinder aus dem M3 ausgestattet und als Z4 M Coupé und Z4 M Roadster angeboten
2007: In der vierten M3-Generation (erhältlich als Coupé und Limousine) kommt erstmals ein Achtzylinder in einem M3 zum Einsatz
2008: Das 300.000. Fahrzeug der BMW Motorsport bzw. M GmbH wird ausgeliefert
2009: Mit den Modellen BMW X5 M und X6 M hält die M-Technik auch in das SUV-Segment Einzug
2010: Ende des Jahres wird das 1er M Coupé eingeführt. Im gleichen Jahr erscheint außerdem die nunmehr fünfte M5-Generation
2012: Ein 3,0-Liter-Sechszylinder mit 280 kW/381 PS Leistung übernimmt als erster Diesel in der Geschichte der M GmbH den Vortrieb in den Modellen BMW M550d xDrive (Limousine und Touring), BMW X5 M50d und BMW X6 M50d
BMW M1 (1978-1981) mit 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 204 kW/277 PS
BMW M635 CSI (1984-1989) mit 3,5-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 210 kW/286 PS
BMW 1er M Coupé (seit 2010) mit 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 250 kW/340 PS
BMW M135i (seit 2012) mit 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 235 kW/320 PS
BMW M3 (1. Generation, 1986-1991) mit 2,3-Liter-Reihenvierzylinder-Benziner mit 147 kW/200 PS bzw. 175 kW/238 PS
BMW M3 (2. Generation, 1992-1999) mit 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 210 kW/286 PS bzw. 3,2-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 236 kW/321 PS
BMW M3 (3. Generation, 2000-2006) mit 3,2-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 252 kW/343 PS
BMW M3 CSL (2002-2003) mit 3,2-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 265 kW/360 PS
BMW M3 (4. Generation, seit 2006) mit 4,0-Liter-V-Achtzylinder-Benziner mit 309 kW/420 PS bzw. 4,4-Liter-V-Achtzylinder-Benziner mit 331 kW/450 PS
BMW M5 (1. Generation, 1984-1987) mit 3,5-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 210 kW/286 PS
BMW M5 (2. Generation, 1988-1995) mit 3,5-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 232 kW/315 PS
BMW M5 (3. Generation, 1998-2003) mit 5,0-Liter-V-Achtzylinder-Benziner mit 294 kW/400 PS
BMW M5 (4. Generation, 2004-2010) mit 5,0-Liter-V-Zehnzylinder-Benziner mit 373 kW/507 PS
BMW M5 (5. Generation, seit 2010) mit 4,4-Liter-V-Achtzylinder-Benziner mit 412 kW/560 PS bzw. 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Diesel mit 280 kW/381 PS
BMW M6 (2005-2010) mit 5,0-Liter-V-Zehnzylinder-Benziner mit 373 kW/507 PS
BMW M6 (seit 2012) mit 4,4-Liter-V-Achtzylinder-Benziner mit 412 kW/560 PS
BMW M roadster (1997-2002) mit 3,2-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 236 kW/321 PS
BMW M coupé (1998-2002) mit 3,2-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 236 kW/321 PS
BMW Z4 M Roadster (2006-2009) mit 3,2-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 252 kW/343 PS
BMW Z4 M Coupé (2006-2009) mit 3,2-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 252 kW/343 PS
BMW X5 M (seit 2009) mit 4,4-Liter-V-Achtzylinder-Benziner mit 408 kW/555 PS bzw. 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Diesel mit 280 kW/381 PS
BMW X6 M (seit 2009) mit 4,4-Liter-V-Achtzylinder-Benziner mit 408 kW/555 PS bzw. 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Diesel mit 280 kW/381 PS
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Eigene M1-Rennserie
Die zeitliche Verzögerung führte dazu, dass es bereits zu spät war für den ursprünglich geplanten Motorsporteinsatz des M1. Die Rennenthusiasten Jochen Neerpasch, Bernie Ecclestone und Max Mosley focht das jedoch nicht an, sie hoben für den M1 eine eigene Rennserie aus der Taufe – die ProCar. 400 M1 mussten für die Homologation gebaut werden, jeder war 100.000 Mark teuer. Kaum mehr kostete im Jahr 1978 ein Ferrari 512 BB mit V12-Kraftwerk und dennoch triumphierte der BMW-Sechszylinder im Duell München gegen Maranello. Für den 260 km/h schnellen M1 gingen so viele Bestellungen ein, dass eine Warteliste angelegt werden musste.
Jetzt ging es Schlag auf Schlag in der Abteilung schneller Straßenfahrzeuge. 1980 legte die Motorsport GmbH den M535i mit 218 PS starkem Sechszylinder auf, vier Jahre später wurde der M1-Sechszylinder in den M635 CSI und in den ersten M5 transferiert. Sein Sprintwert von 6,4 Sekunden für den Spurt von Null auf Tempo 100 machte den 286 PS starken M5 zum damals rasantesten Viertürer der Welt. Das alles im konservativen Anzug der kantigen zweiten 5er-Generation und zum Preis von rund 90.000 Mark. Dennoch überstieg die Nachfrage zeitweise wieder die Liefermöglichkeiten. Zur ersten Ikone im Zeichen des M wurde dann der auf der IAA 1985 enthüllte M3, mit dem sich BMW 1986 im Tourenwagensport zurückmeldete.
Serien-Geschoss M3
Einmal mehr hatte die M GmbH ein Geschoss in Serie gehen lassen, dessen einziger Zweck die Homologation zur Tourenwagen-WM und zur DTM war. Was die Kunden nicht akzeptierten, denn der bis zu 200 PS freisetzende Zweitürer holte auf den Rundstrecken Meistertitel in Serie und verblies beim Ampelduell und auf Autobahnen sogar Sportwagen wie den Porsche 944. Der 2,3-Liter-Vierzylinder erlaubte hohe Drehzahlen und war beim M3 Sport Evolution schließlich sogar gut für 238 PS, genug um neuen Gegnern wie dem Mercedes 190 E 2.3-16 den gewaltigen Heckflügel zu zeigen. Derweil erhob das M3 Cabrio Anspruch auf den Titel des schnellsten offenen Viersitzers der Welt. Statt einer Kleinserie wurde der M3 fast schon ein Volumenmodell, von dem bis 1991 rund 18.000 Einheiten verkauft wurden.
Eine weitere Marktnische erschloss BMW mit der 1988 lancierten zweiten Generation des M5. Der bis 340 PS leistende Reihensechszylinder machte den neuen M5 Touring zu einem konkurrenzlos eiligen "Renntransporter". Zum Jahrhundertsportwagen gekürt wurde dagegen der zweite M3 von mehreren Medien. Das "M" war inzwischen Bayerns vielleicht bekanntestes Logo in Buchstabenform und so wurde 1993 aus der Motorsport GmbH offiziell die M GmbH. Fortan entließ die Münchner Leistungsschmiede immer größere Dampfhammer für immer kleinere Nischen. Für Sturmhaubenträger war ab 1996 der M Roadster mit 321 PS startklar. Toupetträger konnten ein Jahr später auf das Z3 Coupé in M-Spezifikation ausweichen.
Teuer und leicht
Klassen-Bestzeiten von 7:50 Minuten auf der Nordschleife fuhr dagegen die dritte M3-Generation als CSL ("Coupé Sport Leichtbau") unter Verwendung ebenso teuren wie leichten Karbons. Eine Aktion, mit der BMW Vorsprung demonstrierte gegenüber nachgeschärften und neuen Rivalen wie Mercedes C 55 AMG und Audi S4. Eine Klasse höher kam es im Herbst 2004 zu einer Kampfansage durch die dritte M5-Generation: Zehn Zylinder, über 500 PS und Motordrehzahlen jenseits der 8.000er-Marke waren eine Klarstellung gegenüber Audi RS6 und Mercedes E 55 AMG. Das bis dahin muskulöseste M-Herz war wenig später auch im M6 Coupé verfügbar.
Wie dicht beieinander Triumphe auf Straße und Strecke waren, demonstrierten ab dem Jahr 2006 Z4 M Roadster und Z4 M Coupé. Jeweils elf von 16 Rennen der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring gingen 2009 und 2010 an die Z4 Coupés. Mit dem ersten Achtzylinder im M3 beugte sich BMW 2007 dem Wettrüsten durch immer neue überstarke Fahrmaschinen in der Mittelklasse. Sogar ein Japaner, der Lexus IS F, zählte nun zu den Herausforderern.
Tabubruch
Einsame Spitze blieb BMW bei den Produktionszahlen: 2008 lieferte die M GmbH das 300.000. Fahrzeug aus, hinzu kamen Sportpakete für fast alle Baureihen. Wenig später brach BMW die letzten Tabus: Mit dem X5 M und X6 M wurden SUVs zu Supersportwagen befördert und das 1er M Coupé zum ersten M für die breite Masse. Zum 40. Geburtstag der M GmbH soll schließlich ein Sechszylinder-Diesel mit drei Turboladern und Allradantrieb Sportwagenfreunden den Selbstzünder versüßen und für ein gutes Gewissen auf der Überholspur sorgen.