Was nach Halluzinationen im Schnüffelrausch klingt, ist ein eigentlich nüchterner Besuch in Bottrop, mitten im Pott, beim legendären Mercedes-Tuner Brabus. Hier lasse ich mich durch die Tailor-Made-Smart-Manufaktur führen, die Teil einer ungewöhnlichen Erfolgsgeschichte ist. Ungewöhnlich deshalb, weil man mit Brabus eigentlich einen Fahrzeugveredler verbindet, vor dessen Kunden ich meine Tochter warnen würde. Die Marke Smart dagegen steht für eine ganz andere Wertewelt, die mit nachhaltigkeitsorientieren Mobilitätslösungen im Vergleich zu Brabus eine diametral entgegengesetztes Kundenbedürfnis bedient. Dennoch blicken Smart und Brabus auf eine mittlerweile 10jährige, erfolgreiche Zusammenarbeit zurück, die in Zukunft noch ausgebaut werden dürfte.
Bei Brabus hat man seit der Gründung im Jahr 1977 den Fokus auf Fahrzeuge des Stuttgarter Autobauers gelegt, denn Firmengründer Bodo Buschmann war davon getrieben, den Sternträgern deutlich mehr Power und Performance-Charakter mit auf dem Weg zu geben. Mit teilweise extremen Leistungssteigerungen, aberwitzigen Guiness-Buch-Rekorden und einem hohen Qualitätsanspruch haben Buschmann und sein Team dafür gesorgt, dass Brabus sich zum vielleicht klangvollsten Aushängeschild der Tuning-Branche mauserte.
Buschmanns Expansionslust
Und der körperlich überaus präsente Buschmann war expansionsorientiert, was 1999 dazu führte, erstmalig Hand an einen Smart Fortwo zu legen. Dieser auf der Essen Motor Show erstmlaig präsentierte Power-Smart wurde von Brabus zunächst noch in Eigenregie getunt. Erst 2002 gründete man gemeinsam mit Mercedes die Smart Brabus GmbH mit Sitz in Bottrop, die sich seither um optische Verfeinerungen innen und außen sowie Leistungssteigerungen kümmert.
Spektakulärstes Kind dieser Liaison war der 2003 vorgestellte Smart Roadster Brabus V6 Biturbo, der mit einem aus zwei Dreizylindern fusionierten Sechszylinder im Heck stolze 170 PS an die Hinterräder wuchtete und mit eindrucksvollen Fahrleistungen für Aufsehen sorgte. Das Minicoupé mit Elise-artigen Fahreigenschaften schaffte allerdings nie in den Sprung in die Serienproduktion. Lediglich eine handvoll Fahrzeuge wurde aufgebaut, von denen heute noch zwei Exemplare existieren und als Meilenstein der Zusammenarbeit zwischen Smart und Brabus gehegt und gepflegt werden.
Starkes Brabus-Paket
Auch für den Fortwo hat Smart Brabus im Lauf der Zeit verschiedene Leistungssteigerungen angeboten. Die jüngste auf immerhin 102 PS kann man als Top-Motorisierung direkt bei Smart bestellen. Sie bietet neben einem angenehm spritzigen Vortrieb noch optische und fahrwerkstechnische Verfeinerungen. Allerdings kann auch sie nicht das Smart-typische Fahrfeeling vergessen machen: Eine harte Federung, das Fahrzeugnicken beim Hochschalten oder die mäßige Akustikdämmung gehören trotz der Brabus-Weihen zu den weniger erfreulichen Fahreigenschaften. Dafür ist auch der Tuning-Smart mit eingebauter Parkplatzgarantie unterwegs.
Berappen muss man für diesen am mittigen Doppelendrohr und 17-Zoll-Hinterrädern gut erkennbaren Brabus Fortwo 17.220 Euro, was rund 7.000 Euro mehr als für die Basisversion des Fortwo ist. Trotz des hohen Preises wurden 2011 immerhin 10.700 Brabus-Versionen bestellt. 2002, zu Beginn der Zusammenarbeit zwischen Brabus und Smart, waren es noch 500.
Maßgeschneidert
Wem der einfache Brabus-Smart nicht reicht, der kann zusätzlich noch in das vielseitige Individualisierungsprogramm Tailor Made investieren. Hier gibt es unter anderem vordefinierte Pakete für 3.000 Euro, die dem Zweisitzer vor allem farblich eine noch individuellere Note verleihen. Diese Individualisierung wird in Bottrop per Handarbeit umgesetzt. Auch das Tailor-Made-Programm fing ganz klein an, mittlerweile müssen sich jährlich über 1.000 Smarties der zum Teil intensiven, vier bis sechs Wochen dauernden Veredelungs-Prozedur in Bottrop unterziehen. Die großzügig dimensionierte Fertigungshalle ist in jedem Fall gut gefüllt mit im Wandlungsprozess befindlichen, bunten Smarties.
Bei den 3.000-Euro-Paketen muss es übrigens nicht bleiben: Wer möchte, kann über 9.000 Euro investieren, wenn er alle Optionen der Tailor-Made-Welt wählt. Den Farbwünschen sind übrigens keine Grenzen gesetzt. Im Schnitt investieren Tailor-Made-Kunden bei Brabus rund 5.000 Euro. Bei gut der Hälfte der Fahrzeuge handelt es sich übrigens um den bereits veredelten, 102 PS starken Brabus-Smart.
Der ultimative Fortwo
Wem diese 102 PS nicht reichen, kann zusätzlich noch eine Leistungssteigerung bei Brabus auf 120 PS bestellen. Diese Smart Brabus Ultimate genannte Granate darf dann allerdings nicht mehr das offizielle Smart-Logo tragen, und insofern handelt es sich um einen reinrassigen Brabus, der übrigens auch in abgehobenen Brabus-Sphären vordringt: Bis zu 50.000 Euro lassen sich versenken, wenn man denn die ultimative "Braburisierung" wünscht.
Wiederum eine von Smart autorisierte, 102 PS starke Brabus-Version ist der 10th Anniversary. Zum zehnjährigen Bestehen der Kooperation zwischen Smart und Brabus wurde diese spezielle Version kreiert, von der es nur 100 Stück geben soll. Eine Besonderheit: Auf den Ledersitzen wurde Bodo Buschmanns Unterschrift eingestickt.
Die Zukunft
Ebenfalls ein junges Mitglied der Brabus-Familie ist der getunte Smart ED, der sich durch einige optische Feinheiten auszeichnet und mit dem man noch etwas flotter rumstromern kann. Der normal 75 PS starke E-Motor leistet in diesem Fall 82 PS und bietet 135 statt 130 Newtonmeter Drehmoment. Sogar das E-Bike von Smart gibt es in einer Brabus-Variante, die statt 25 sogar 45 km/h schnell fahren kann.
Bei Smart ist man in jedem Fall zuversichtlich, die Zusammenarbeit mit Brabus fortführen und ausbauen zu wollen. 2013 wird dann die nächste Generation des besonders erfolgreichen Parkplatzfinders kommen, für die Brabus bereits an diversen Individualisierungs-Optionen arbeiten dürfte. Und 2014 wird das Thema Smart noch ausgeweitet, denn dann kommt eine Viersitzer-Variante, für die ebenfalls ein spezielles Programm mit Brabus-Leistungssteigerung und optischen Verfeinerungen angeboten werden dürfte.