Einige Male schon ist der Audi Q9 als Prototyp (Fahrzeug steht noch nicht zum Verkauf, Homologation ausstehend)² den Erlkönig-Fotografen vor die Linse gefahren - nun allerdings erstmals bei Wintertests im hohen Norden. Das um die 5,20 Meter lange SUV soll die verspätete Antwort Audis auf den BMW X7 und Mercedes GLS werden, wobei es fraglich ist, ob wir dieses Auto überhaupt auf den Straßen Europas sehen werden. Denn der Q9 kollidiert eigentlich mit den Plänen der Bayern, sich zeitnah aus dem Verbrenner-Geschäft zu verabschieden. Bereits 2026 wollten die Ingolstädter eigentlich nur noch neue Elektroautos vorstellen. Ob der hier gezeigte Prototyp bis dahin wirklich marktreif ist, kann, vor allem nach den Quererlen um den neuen Q6 e-tron, derzeit wohl noch niemand mit Sicherheit sagen.
Wird der Audi Q9 ein VW-Atlas-Klon?
Zu einer möglichen Abstinenz vom europäischen Markt würden derweil Gerüchte passen, wonach das SUV nicht, wie beispielsweise der Audi Q7 oder Q8, auf dem Modularen Längsbaukasten (MLB) des VW-Konzerns, sondern auf dem Modularen Querbaukasten (MQB) aufbaut. Das würde nicht nur bedeuten, dass die Motoren quer und nicht längs eingebaut werden, sondern auch, dass man sich viele (günstige) Gleichteile mit anderen internationalen VW-Produkten auf dem amerikanischen oder chinesischen Markt teilen könnte. Als Beispiel wird hier immer wieder die Neuauflage des VW Atlas (Teramont) in den USA ab 2026 genannt. In China läuft zudem der VW Talagon vom Band, der mit 5,15 Meter das bislang längste MQB-Produkt ist. Die größte Motorisierung beim Talagon (aber auch beim chinesischen Q6-Verbrenner) ist eine vergleichsweise junge (2016) Weiterentwicklung des VR6-Konzernmotors EA390, der im Hubraum auf 2,5 Liter geschrumpft wurde, stattdessen aber einen Monoturbo erhielt. Ursprünglich wurde dieser Motor, allerdings mit Biturbo-Aufladung, für den Arteon R entwickelt, der in dieser Form aber nie über den Prototypenstatus hinaus kam (Fahrzeuge werden in Europa nicht angeboten, Homologation ausstehend)².
Das würde uns bei einem Audi Q9 auf MQB-Basis erwarten
Fest steht, der gezeigte Erlkönig fährt mit Verbrenner vor. Davon künden die zwei Endrohre am Heck des Fahrzeugs, aber auch die große Kühlermaske. Zu erwarten ist eine Designsprache, die dem es kürzlich vorgestellten Audi Q7 Facelifts ähnelt. Schmale LED-Scheinwerfer, ein großer Single-Frame-Kühlergrill, möglicherweise mit Hexagon-Wabenmuster. Trotz, dass es sich definitiv nicht um ein reines Elektromodell handeln wird, könnte der Q6 e-tron in Sachen Innenraumgestaltung seine Schatten vorauswerfen. Größere Bildschirme für die Fahrerinformation und das Infotainment, zusätzlich ein Display für den Beifahrer. Da der Wagen um die 5,20 Meter lang und vor allem für den ausländischen Markt bestimmt sein wird, gelten drei Sitzreihen als gesichert. Obschon klassische Benziner zum Einsatz kommen werden, dürften wir im Q9, sollte er wirklich auf dem MQB-Baukasten aufbauen, auch die neuste Ausbaustufe an VW-Plug-in-Hybriden zu Gesicht bekommen. Zum Beispiel eine stärkere Version des Vierzylinder-PHEV aus dem Passat oder Tiguan mit Reichweiten knapp über 100 Kilometer.
Das spricht für eine MLB-Variante
Trotz hartnäckiger Gerüchte, der Q9 könnte ein Produkt auf Basis des günstigeren VW-MQB-Baukastens werden, spricht auch etwas dagegen. Denn vor allem in den USA ist die Nachfrage nach großen SUVs mit ebenfalls großen Motoren ungebrochen. Wenngleich BMW und Mercedes sich ebenfalls im Downsizing und der Elektrifizierung üben, sowohl der X7 als auch der GLS werden weiterhin mit Achtzylinder-Motoren angeboten. Auch General Motors spielt bei seinen XXL-SUVs vorerst weiter die V8-Karte aus. Audi könnte in einen möglichen MQB-Q9 als einziger Premium-Hersteller keinen V8 verbauen. Selbst moderne, quer einzubauende, V6-Motoren hätte der VW-Konzern nicht im Programm - Neuentwicklungen scheinen unwahrscheinlich.
Wenn sich Audi hingegen für den Einsatz des MLB-Baukastens entschieden hat, haben sie zahlreiche Motoroptionen. Angefangen von Vierzylinder-PHEVs für den chinesischen Markt, über Sechszylinder-Diesel für Europa bis hin zum hubraumstarken 4,0-Liter-V8 aus den aktuellen Audi-Sport-Modellen - primär für die USA. Letzterer wird noch in diesem Sommer als PHEV-Variante bei Lamborghini, aber auch bei Bentley Verwendung finden. Porsche nutzt die elektrifizierten V8 schon seit einigen Jahre für die Top-Modelle von Cayenne und Panamera. Ein möglicher Audi (S)Q9 V8 PHEV wäre sodann ein interessanter Gegenspieler zum BMW XM, der allerdings nur mit zwei Sitzreihen vorfährt.
Doch erst die kommenden Monate werden zeigen, mit welcher Art von Fahrzeug wir es beim Audi Q9 wirklich zu tun haben. Die neuen Erlkönig-Fotos geben uns lediglich die gesicherten Informationen, dass die Ingolstädter an ihrem großen SUV festhalten und es mit Verbrennungsmotoren angeboten wird. Ob es sich um ein Modell auf MQB- oder MLB-Basis handelt, ist derzeit allerdings noch unklar. (Text: tv | Bilder: Automedia)